Sklavin des Höhlenmenschen
mich. Ich keine Sklavin von euch. Ich Sklavin der Gottheit.“ Sie streckte ihre beiden Hände vor und zeigte ihnen ihre Arminnenseiten. „Das Zeichen der Gottheiten. Sie stärker als ihr.“
Die Männer traten verunsichert einen Schritt zurück. Und Gandar konnte kaum den Blick von seiner Gefährtin lösen. Noch nie war sie ihm so schön und begehrenswert erschienen.
Siri sah Burri an. „Du schlechte Frau. Aber ich dir verzeihe. Du mich oder alte Frau nicht mehr schlagen. Du freundlich sein wie wir freundlich zu dir.“
Burri spuckte sie an. Siri sah sie nur verächtlich an.
Plötzlich kam die alte Sklavin. Ihre Bewegungen waren wie immer geschmeidig, obwohl ihre Haut wie altes Leder war und ihr Haar ergraut. Sie trat dicht vor Burri hin. Fest und kalt war ihr Blick. Und zum ersten Mal, seit sie bei der Sippe war, und Burri und die anderen sich erinnern konnten, kamen Laute aus ihrem Mund. Mächtig klangen sie – mit lauter Stimme gesprochen – fast wie ein Gesang.
Sie wollten die Alte niederschlagen, hetzten sich gegenseitig auf, einer erhob sogar einen Speer gegen sie, aber letzten Endes wagte es niemand, sie zu berühren. Burri sah sie mit weitaufgerissenen Augen an, dann drehte sie sich um und rannte so schnell sie konnte davon. Die anderen blieben zurück. Gandar sah sie der Reihe nach ernst an, dann führte er Siri in seine Hütte.
Die anderen suchten Burri. Sie fanden sie lange nicht. Erst viel später, weit von den Hütten entfernt, lag sie zusammengekauert hinter einem Busch, und Blut drang aus ihrer Nase.
Siri war ebenso erschrocken wie die anderen. Große Macht liegt in Worten, hatte sie zu Gandar gesagt. Und es stimmte. Dieses Volk wusste das nicht, die Menschen plapperten entweder unwissend daher oder so boshaft wie Burri, die in böser Absicht alles verdreht hatte: aus Hass und aus Neid auf Gandars Zuneigung zu Siri.
Die Menschen waren verängstigt. Die Alte, so sagten die meisten, hätte böse Magie über Burri gelegt und den Zorn der Götter auf sie alle herabbeschworen. Aber als man die Alte holen und strafen wollte, war sie spurlos verschwunden. Siri schwieg dazu. Burri hatte versucht, sie durch falsche Worte zu töten, und die Alte hatte sich gerächt. Trübe Stimmung herrschte, alles war gedämpft, und selbst die Kinder hockten nur in den Hütten.
Man trug Burri zu ihrer Sippe, die über sie wachte. Am nächsten Morgen ging es ihr wieder besser, aber sie blieb in der Hütte, wagte sich erst nach einigen Tagen wieder hinaus. Und dann machte sie einen großen Bogen um Siri. Gandar verhandelte in der Zwischenzeit mit einem der jungen Jäger, der schon früher an Burri interessiert gewesen war. Bei ihm zog Burri auch drei Tage später ein, und bei ihm brachte sie das Kind ihres verstorbenen Mannes zur Welt.
Friede kehrte damit ins Dorf ein. Aber Siri war traurig. Schön war es hier gewesen. Viel Freude hatte ihr Herz empfunden. Aber nun war alles anders. Und noch viel mehr würde sich verändern. Denn sie ahnte, dass die Alte zu ihrem Volk zurückgegangen war.
c##~~~ „Siri“, sagte sie leise, als Gandar sich eines Abends – als die Gottheit des Lichts sich langsam zurückzog und das Dorf und den See in mildes Licht tauchte – neben sie an die Feuerstelle in der Hütte setzte und ihr zusah. Sie hatte an diesem Tag versucht, wie Gandar Fische zu fangen, und war mit einer guten Beute heimgekommen. Und nun hatte sie links und rechts neben dem Feuer zwei gegabelte Äste gesteckt, einen großen Fisch auf einen dritten gespießt und diesen quer über die Astgabeln gelegt. Gandar lobte sie dafür, war jedoch verwirrt, als sie ihm diese Antwort gab.
„Siri“, wiederholte sie. „Mein Name.“
Sein Blick umfasste sie, hing an ihrem Gesicht. Eine Wärme lag in seinen Augen, die sie erzittern ließ. „Siri“, wiederholte er leise. „Siri … warum hast du mir nie deinen Namen gesagt?“
Sie wandte ihm ihr Gesicht zu und sah ihn sehr ernst an. „Namen sind Macht über Menschen. Über Stämme, Sippen. Mit Namen ich gebe dir mehr Macht über mich als nur über meinen Leib.“
Sie drehte den Holzspieß. Der Saft des Fisches tropfte ins Feuer, ließ es laut prasseln, der Duft stieg hoch, erfüllte die Hütte.
„Alte Frau hat mir viel erzählt“, sprach Siri weiter. „Von ihrem Volk, das auch meines ist. Ich jetzt wieder viel von früher weiß, bevor ich bei Rama gelebt.“
„Rama? Hat er das Rudel geführt, bei dem ich dich gefunden habe?“
Siri nickte nach Art seines Volkes.
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