Sklavin des Wolfes (German Edition)
Büro zu gehen, fiel ihr Blick auf das Regal, indem sich Musterexemplare der Drucksachen stapelten. Sie nahm einen Prospekt in die Hand, den sie wiedererkannte und drehte sich zu Frau Perhammer um.
»Ah, den habe ich ja noch gar nicht gesehen. Ich habe auch völlig vergessen, danach zu fragen. Ist das der Nachdruck?«
Frau Perhammer zog eine Augenbraue hoch.
»Na, die erste Auflage war doch auf dem falschen Papier gedruckt und wellte sich.«
Frau Perhammer schüttelte den Kopf. »Davon weiß ich nichts. Aber das gehört auch nicht zu meinen Aufgaben. Gehen Sie doch bitte zu Herrn Kandlgruber, er ist hinten in der Druckhalle und kann Ihnen bestimmt Auskunft darüber geben.«
Mia nickte und ging hinaus. Sie öffnete die schwere Stahltür, die den Lärm in der Halle zurück hielt. Sie entdeckte Kandlgruber im Gespräch mit einem der Drucker. Sie wartete, bis er fertig war und sich ihre Blicke begegneten, dann ging sie auf ihn zu und hielt ihm den Prospekt hin. »Guten Tag Herr Kandlgruber. Kann ich Sie etwas fragen?«
»Tag, Frau Kramer. Was gibt’s denn?«
»Erinnern Sie sich an diesen Prospekt? Beim ersten Druck hat der sich doch so scheußlich gewellt. Haben Sie davon noch ein Muster?«
»Ach der. Natürlich. Haben wir ja extra für unsere Lehrlinge gemacht.« Wie immer drückte sich Kandlgruber wortkarg und in Fragmenten aus. »Warten Sie, Frau Kramer, ich hol einen.«
Mia runzelte die Stirn. Sie verstand kein Wort. Sie sah ihm hinterher und als er mit einem Exemplar zurückkam und es ihr reichte, fragte sie: »Wie meinten Sie das eben? Extra für die Lehrlinge?«
»Na im ersten Lehrjahr bringen wir den Burschen bei, was bei falscher Laufrichtung passiert. Anschauungsmaterial. Merkt man sich besser, wenn man’s mal selber gemacht hat. Einmal richtig und einmal falsch eingelegtes Papier.« Er schaute Mia besorgt an. »Ist Ihnen nicht gut? Sie sehen ein wenig blass aus.«
»Nein, geht schon«, erwiderte Mia stockend. »Die Luft hier drin …« Sie hatte das Gefühl, gleich den Boden unter den Füßen zu verlieren und ohnmächtig zu werden. »Moment, Herr Kandlgruber, habe ich das gerade richtig verstanden? Die gesamte Auflage ist normal und korrekt gedruckt worden, man hat aber absichtlich ein paar Bogen falsch herum eingelegt, um zu demonstrieren, was bei falscher Faserlaufrichtung geschehen kann? Dass es dann Probleme in der Weiterverarbeitung gibt und einen unsauberen, sperrigen Falz, so dass sich das Produkt nicht richtig aufschlagen lässt?«
Kandlgruber nickte. Sein Blick wurde neugieriger, wirkte aber auch ein wenig genervt.
Mia sog tief die Luft ein. Ihr Schwindel wurde davon nicht besser, im Gegenteil. Sie hatte das Gefühl zu ersticken, wenn sie noch länger bliebe. Sie musste raus hier. Sofort. »Danke, Herr Kandlgruber, Sie haben mir sehr geholfen.«
Sie wartete seine Erwiderung nicht ab, drehte sich um, verließ die Halle und ging zu Wolfs Büro zurück. Es war ungeheuerlich. Er hatte mit ihr gespielt, aber nicht das Spiel, das er offensichtlich mit ihr spielte, sondern ein anderes, das sie nicht bemerkt hatte. Was sie in ihrer Naivität für Liebe gehalten hatte, war eiskalte Berechnung gewesen. Er hatte sich ihr Versagen und die Erpressung einfach nur ausgedacht. In Wirklichkeit hatte er sie nie geliebt, sondern nur benutzt. Wie lange hätte er dieses perfide Spiel wohl noch weiter betrieben? Der Schmerz saß tief. Am liebsten wäre sie davon gelaufen. Aber das wäre zu einfach gewesen. Zu einfach für ihn.
»Ich habe Ihnen den Kaffee hinein gestellt«, sagte Frau Perhammer und hielt dabei die Muschel des Telefonhörers zu. Sie wartete Mias Antwort nicht ab, sondern wandte sich sogleich wieder dem Teilnehmer am anderen Ende der Leitung zu.
Zitternd vor Wut und Enttäuschung setzte Mia sich in Wolfs Büro in einen Sessel. Es hatte sie große Überwindung gekostet, mit einem unverbindlichen Lächeln an Frau Perhammer vorbei zu gehen. Sie trank einen Schluck Kaffee und versuchte sich zu beruhigen. Ihr war zum Heulen zumute. Aber diesen Triumph wollte sie ihm nicht gönnen. Sie putzte ihre Nase und wartete.
Es vergingen nur wenige Minuten, dann hörte sie Wolfs fröhliche Stimme durch die offen stehende Tür. »Hallo, Mia, du – es tut mir sehr leid, aber ich wurde aufgehalten.«
Mia stand auf und drehte sich zu ihm um. Als er sie umarmen und küssen wollte, holte sie aus und schlug ihm mit der rechten Hand fest ins Gesicht.
Für eine Sekunde war er zu erstaunt, um zu reagieren. Dann
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