Sklavin des Wolfes (German Edition)
Gesicht und an die Arme, aber sie spürte es fast nicht. Der Waldboden war weich, aber sie musste auf halb verdeckte Wurzeln achtgeben, um nicht zu stolpern. Immer, wenn sie glaubte, die Orientierung zu verlieren, rief sie erneut seinen Namen und er antwortete mit einem langgezogenen Heulen.
Mias Puls jagte nicht nur vom schnellen Laufen. Endorphine putschten ihren Körper auf und versetzten ihn in eine kribbelnde Erregung. Zugleich hatte sie Angst, dass ihn Spaziergänger hören und das Gerücht verbreiten würden, es wäre ein wilder, vielleicht sogar tollwütiger Hund im Wald unterwegs.
Dann sah sie ihn. Er stand auf einem abgestorbenen Baumstumpf, im Schatten einer kleinen Lichtung, die von hohen Bäumen umrahmt war. Wo die wenigen durchdringenden Sonnenstrahlen sein Fell streiften, schimmerte es bläulich. Er war so schön, dass sie zu atmen vergaß und im selben Moment be-griff sie, dass sie völlig der Aura erlag, die er ausstrahlte. Gleichgültig welche Erklärung er für sie hatte, sie konnte sich nicht mehr vorstellen, ohne ihn zu sein.
Während sie langsam näher kam, schauten sie einander unverwandt in die Augen und er gab dieses sonore Knurren von sich, das ihren Verstand lähmte, ihren Puls beschleunigte und ihren Unterleib zum Pulsieren brachte. Am liebsten hätte sie sich die Kleider vom Leib gerissen, sich ihm auf allen Vieren dargeboten und geschrien Nimm mich! Mia erschrak. War es schon so weit mit ihr gekommen? Konnte sie sich Sex ohne ihn überhaupt noch vorstellen?
Seine Beine hatten wieder menschliche Formen angenommen. Er stand aufrecht. Nur Kopf, Oberkörper und Arme waren noch vom Fell verhüllt. Er sah ein bisschen wie ein Wolf in der Mauser aus, dachte sie amüsiert mit Blick auf seine Oberschenkel, auf denen noch ein paar einzelne Fellbüschel wuchsen. Sein Geschlecht war nicht erigiert, aber die Vorhaut zurückgeschoben und es machte auf Mia den Eindruck, als fehlte nur ein winziger Impuls, seinen Schwanz aufrecht stehen zu lassen. Ein kehliger Laut des Begehrens machte sich Luft.
Wolf ließ nicht den Blick von ihr. Als sie den Baumstumpf fast erreicht hatte, sprang er herunter, auf sie zu und umarmte sie impulsiv. Mia schloss die Augen und vergrub ihr Gesicht im Fell seiner Brust. Sie fühlte sich seltsam beklommen.
»Mia, du bist gekommen«, flüsterte Wolf und sog den Duft ihrer Haare ein.
»Wer oder was bist du?«
Wolf schnaubte. »Das siehst du doch. Ich wollte es dir schon lange sagen, schonender beibringen, aber …«
»Du hattest Angst, ich würde dich zurückweisen.«
»Ja, natürlich.«
Sie krallte ihre Finger in sein Fell und schaute ihm in die Augen. »Warum bis du heute morgen weggelaufen?«
Er seufzte. »Ich weiß, das war dumm. Aber ich konnte nicht anders. Ich spürte einen unkontrollierbaren Drang, durch den Wald zu rennen.« Seine Miene wirkte schuldbewusst. »Es tut mir leid, ich wollte es dir schon längst sagen, aber ich wusste einfach nicht wie. Ich – habe schon einmal eine Gefährtin verloren, als sie die Wahrheit erfuhr.«
Mia schluckte. Sie musste ihre Fragen stellen, bevor sie völlig in seinen Bann geriet. Ihre Gefühle schwankten zwischen dem Widerwillen, seine Gestalt zu akzeptieren und der süßen Erinnerung an das, was zwischen ihnen geschehen war.
»Solange du sie nicht gefressen hast. «
Wolf gelang ein schiefes Lächeln. »Sehr witzig. «
»Ich kann nicht glauben, dass du wirklich ein Werwolf bist. Wieso?«
»Uns gibt es schon solange wie die Menschheit. Wir werden das, was wir sind, nicht erst durch einen Biss. Wir sind es von Geburt.« Er lachte rau. »Ich kann dich auf jeden Fall beruhigen, ich beiße keine Menschen und ich fresse sie auch nicht. Komm.« Er nahm sie an der Hand.
»Wohin gehen wir?«
»Zur Hütte. Da wolltest du doch sowieso hin, nicht wahr?« Er lächelte sie zuversichtlich an.
Die Verwirrung in Mias Kopf hatte sich ein wenig gelegt. Es schien, als seien die vielen Fragen plötzlich gar nicht mehr so wichtig. Wolfs Nähe und seine dominante Ausstrahlung wirkte eher beruhigend als verängstigend. Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her. Wolf mied die Spazierwege und führte sie sicher zwischen den Bäumen hindurch. Der Boden war dicht von Moos bedeckt und es lief sich angenehm weich darauf.
»Wann und wodurch verwandelst du dich?«, fragte Mia schließlich, nachdem sie ein wenig nachgedacht hatte, welche Fragen ihr wirklich wichtig waren.
»Bei Mondschein. Je näher der Vollmond rückt …«
Die
Weitere Kostenlose Bücher