Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skorpione im eigenen Saft

Skorpione im eigenen Saft

Titel: Skorpione im eigenen Saft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Bas
Vom Netzwerk:
hatte nicht mitbekommen, dass Crescencio aus den Vereinigten Staaten zurückgekehrt war, und schon gar nicht, dass man ihn zum Bischof seiner Heimatstadt ernannt hatte.
    Anhand der Fotografie, die dem Interview beigefügt war, konnte ich feststellen, dass es sich um einen älteren Herrn handelte (er war inzwischen siebenundfünfzig); doch seine lüsternen Äuglein verrieten ihn.
    In dem Interview erzählte seine Hochwürden neben allerlei Blödsinn, dass er die japanische Küche sehr schätzte und dass er Sashimi liebte. Ich kam nicht umhin, mir vorzustellen, wie er einen langen Aal mit der Technik eines Schwertschluckers verschlang.
    Wann und wo er seine Sommerferien verbringen würde, war eine interessante Information für mich.
    »Wie in den letzten Jahren auch. Ich werde den Monat August auf der beschaulichen Insel Menorca verbringen, zurückgezogen in einem bescheidenen Häuschen. Es ist ein Ort, der zur Meditation und zum Gebet einlädt.«
    Da ich ihn kannte, nahm ich an, dass er dort, fern von neugierigen Blicken, seine homosexuellen Spielchen treiben würde.
    Ich verlor keine Zeit und buchte für August ein Zimmer im Hotel Almirante Farragut, in der Nähe von Ciudadela.
    In der Zeit, die mir bis August blieb, versuchte ich Informationen über das Privatleben des Herrn Bischof zu sammeln; die idealen Voraussetzungen, um endlich beim ersten Schuss mit der Waldschnepfe Aizpurua Schluss zu machen.

40
     
    Das »schlichte Häuschen« war ein von hohen Mauern umgebenes prächtiges Anwesen mit Garten und Swimmingpool in der dünn besiedelten Gegend südwestlich von Fornells.
    Crescencio hatte sich in Begleitung eines anderen Jesuiten in die Sommerfrische zurückgezogen; es war Pater Jacinto Cilindrín, ein hübscher dunkelhaariger Kerl in den Dreißigern, sein Sekretär und Liebhaber.
    Sie verließen das komfortable Anwesen nie.
    Am 15. August besuchte ich sie.
    Schamhaft eingehüllt in einen weißen Bademantel, öffnete mir Pater Cilindrín das verkleidete Gittertor.
    Verwundert sah er mich an, als ich ihm erzählte, dass ich ein alter Freund von Hochwürden sei, die Ferien auf der Insel verbrachte und ihn gerne sehen würde. Er fragte mich nach meinem Namen, bat mich zu warten und schlug mir das Tor vor der Nase zu. Von draußen sah man nichts außer einer Mittelmeerpinie und Hortensiensträuchern. Ich stellte mir vor, wie Crescencio hinter den Pflanzenbüschen nackt am Rand des Swimmingpools in der Sonne lag, wie ein weißer und wabbeliger Froschlurch.
    Nach einer Weile kam der Sekretär wieder und ließ mich eintreten.
    Ich stellte die Mietvespa, auf der ich gekommen war, im Garten ab und hängte mir die Tasche um, in der ich meine Ausrüstung mitgebracht hatte.
    Um nicht durch die Metalldetektoren am Flughafen zu müssen, war ich von Barcelona aus mit dem Schiff gereist.
    Jacinto, der sich ein schlichtes Hemd und lange Hosen angezogen hatte, ließ mich erneut warten, diesmal im Wohnzimmer.
    Schließlich tauchte ganz in Schwarz gekleidet und in Mönchssandalen Crescencio auf. Mein gespensterhaftes Erscheinen nach so vielen Jahren hatte ihn völlig aus der Fassung gebracht.
    Die Kugel, die ihn in Estíbaliz getroffen hatte, hatte seine Unterlippe gespalten und, ähnlich wie bei einem Aschenbecher, eine Vertiefung hinterlassen, aufgrund derer er nur undeutlich sprechen konnte, so als hätte er ein Wachtelei in diesem Mund, der mehr Funktionen hatte als ein Schweizer Taschenmesser.
    Ich küsste ihm den Ring, nahm die Pistole aus der Tasche und richtete sie auf die beiden.
    Der Ort war wie geschaffen für meine Inszenierung, es gab nicht einmal ein Telefon. Und der Bote, der ihnen einmal die Woche den Proviant brachte, war am Vortag da gewesen.
    Achtundvierzig Stunden später verließ ich das Anwesen wieder.
    Ich konnte sowohl das Skalpell, das ich auf einem Ärztebasar in Bilbao erworben hatte, als auch den Genickfänger, den mir ein pensionierter Pikador verkauft hatte, gut gebrauchen.
    Für den Fall, dass es keinen Alkohol im Haus geben würde (mir war wieder eingefallen, dass Crescencio abstinent war), hatte ich, um in Stimmung zu kommen, zwei Flaschen Gin Xoriguer, die parfümierte Sorte aus Mahón, mitgebracht.
    In den zwei Tagen, die mein Besuch dauerte, achtete ich darauf, dass Crescencio nicht hungern musste. Da ich seine Schwäche für Sashimi kannte, ließ ich ihn lebend die ganzen hübschen Tropenfische aus dem wunderschönen Aquarium im Wohnzimmer aufessen. Allerdings lehnte er das Carpaccio ab, das

Weitere Kostenlose Bücher