Skulduggery Pleasant -1- Der Gentleman mit der Feuerhand
Stephanie. „Ausgezeichnet. Wie sieht es mit Wachen aus? Meint ihr, sie erwarten uns?“
„Serpine denkt sicher, dass die Ältesten wie immer ewig brauchen, bis sie eine ihrer wohldurchdachten Entscheidungen treffen“, sagte Tanith. „Eine so irrsinnig schnelle und wagemutige Reaktion wird er nicht erwarten.“
Grässlich nickte. „Das wird ihm eine Lehre sein. In Zukunft wird er uns blöde Menschen nicht mehr unterschätzen.“
„Okay“, sagte Stephanie, „ich wollte nur sicher sein, dass wir an alles gedacht haben. Dann wollen wir mal.“
Ohne ein Wort zu sagen, rannten die Sensenträger los, sprangen mit angezogenen Beinen über die Mauer und verschwanden auf der anderen Seite.
„Angeber“, murmelte Grässlich und fuhr mit beiden Händen seitlich an den Hosennähten entlang. Ein Windstoß hob ihn hoch und trug ihn zur Mauer. Er hielt sich am oberen Rand fest und hievte sich vollends hinauf.
Tanith wandte sich an Stephanie. „Soll ich dir hinaufhelfen?“
„Wenn es dir nichts ausmacht.“
Tanith bückte sich, verschränkte die Hände, und Stephanie stellte einen Fuß hinein. Bei drei schoss sie nach oben. Tanith war stark, stärker, als sie aussah, denn Stephanie bekam ohne Weiteres die Mauerkrone zu fassen. Grässlich half ihr vollends hinauf, sprang dann auf der anderen Seite hinunter, drehte sich um und wartete, dass sie nachkam. Sie hängte sich an die Kante, ließ dann los und landete in trockenem Laub und dürren Ästen. Sekunden später stand Tanith neben ihr.
Der Wald war dicht, und je weiter sie hineinkamen, desto dunkler wurde es. Die Abendsonne hatte Mühe, durch die hohen Bäume zu dringen, und Stephanie war froh um ihren Mantel, so kalt war es. Die Sensenträger schienen beim Gehen keinerlei Geräusch zu machen. Im Wald war es still, stiller als erlaubt. Kein Vogelgezwitscher. Kein Rascheln im Unterholz. Ein gespenstisches Gefühl.
Sie erreichten den Waldrand auf der Rückseite des Schlosses und kauerten sich nieder. Eine kleine Kompanie Hohler patrouillierte über das Gelände.
„Freude über Freude“, murmelte Grässlich grimmig. „Wie kommen wir bloß an denen vorbei?“
„Wir müssen sie ablenken“, meinte Tanith.
„Irgendwelche Vorschläge?“
Tanith sagte nichts, schaute nach einer Weile nur zu den Sensenträgern hinüber.
Grässlich verstand sofort. „Aber es sind zu viele“, protestierte er.
Taniths Ton war emotionslos, aber bestimmt. „Wir haben keine andere Wahl.“
Die Sensenträger neigten den Kopf in ihre Richtung und nickten kurz darauf. Dann schlichen sie zurück in den Wald und verschwanden.
Stephanie wartete mit Tanith und Grässlich.
„Sie werden sie nicht lange ablenken können“, meinte Grässlich.
„Lange genug, damit wir uns ins Haus schleichen können“, erwiderte Tanith.
„Das habe ich nicht gemeint. Du hast sie gerade in den Tod geschickt.“
Sie schaute ihn nicht an. „Sie erledigen ihren Job, wir unseren. Willst du deinen Freund zurückhaben oder nicht?“
Grässlich antwortete nicht darauf.
„Seht mal“, sagte Stephanie.
Die Hohlen setzten sich in Bewegung und verschwanden rasch aus ihrem Blickfeld.
„Gehen wir“, sagte Tanith.
Sie richteten sich auf und rannten über das offene Gelände auf das Schloss zu. Im Laufen schaute Stephanie kurz nach rechts und sah die Sensenträger Rücken an Rücken stehen. Die Hohlen waren fast schon bei ihnen.
Sie erreichten das Portal. Tanith legte die Handfläche auf das Türschloss und machte eine Bewegung aus dem Handgelenk heraus. Stephanie hörte das Schloss knacken, und Tanith drückte die Tür vorsichtig auf. Sie schlichen hinein und machten die Tür leise hinter sich zu.
Sie bewegten sich nur in den äußeren Fluren und mieden das kalte Herz des Schlosses. Als sie zu einer Treppe kamen, die nach unten führte, ging Tanith voraus, das Schwert in der Rechten, die Scheide in der Linken. Stephanie folgte mit ein paar Schritten Abstand, und Grässlich bildete das Schlusslicht.
Sie kamen in den Keller, für den „Verlies“ in Stephanies Augen allerdings der korrektere Ausdruck gewesen wäre. Tanith hob die Hand, und sie sahen ein Stück weiter vorn einen Hohlen um die Ecke stapfen und verschwinden.
Sie gingen weiter. Tanith erreichte die erste schwere Eisentür und legte das Ohr daran. Einen Augenblick später drückte sie sie auf. Sie protestierte quietschend, doch die Kammer dahinter war leer.
Grässlich ging zur nächsten Tür, lauschte und öffnete sie. Auch diese Kammer
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