Slant
den Blick, als wäre die schwache Beleuchtung des Blakely’s immer noch zu grell. »Ich habe etwas Besseres verdient«, sagt sie. »Bill ist eine Sackgasse. Ich bin intelligenter als er, und es ist mir gleichgültig, was andere Männer über mich oder meine Lebenseinstellung denken. Mein Dad hat sich geirrt. All diese Leute hier – sie sind dumm. Sie wollen nicht in der großen weiten Welt tanzen, weil sie alle zwei linke Füße haben.«
Dem kann Giffey nicht widersprechen. Die Außenwelt ist ein dreckiger Pfuhl, aber Green Idaho ist der übelste Bodensatz dieses Pfuhls. »Ich schätze, das ist eine zutreffende Umschreibung«, murmelt er und schaut sich nach ihrem Essen um.
»Was geschieht mit mir, wenn ich hier bleibe?«, fragt Yvonne. »Ich weiß nicht viel über die Außenwelt. Bill hat sein Yox, aber wir haben kein Fibe oder Satlink in unserer Wohnung. Er sagt, wir könnten es uns nicht leisten. Es gibt noch die Bibliothek, aber sie ist in letzter Zeit ziemlich überfüllt. Viele Leute suchen nach Fluchtmöglichkeiten, schätze ich. Und so vieles wurde von hier verbannt – dies ist verboten, das ist verboten. Verdammt, der Katalog sieht aus wie ein Schweizer Käse!«
»Ich wüsste niemanden, mit dem du dich unterhalten solltest«, sagt Giffey, »falls du dir das erhoffst. Yvonne, ich bin kein netter Mann, und die Leute, die ich kenne, sind auch nicht besonders nett.«
Der Kellner bringt ihren Hecht. Er schwimmt in einer Walnusssoße mit einer Spur Ahornsirup und ein paar Beeren. Giffey hebt seine Gabel zum Gruß und nimmt einen Happen vom weichen weißen Fischfleisch. »Nicht schlecht«, sagt er.
»Ja, die Küche ist ausgezeichnet«, sagt Yvonne. »Was ist dein Lebensziel?«
Giffey denkt nach und beschließt, dass es am höflichsten wäre, ihr eine Antwort zu geben. »Ich möchte die Heuchler zur Strecke bringen.«
»Das verstehe ich nicht«, erwidert Yvonne.
»Wie ich schon sagte, ich bin keineswegs nett, und was in meiner Schale steckt, ist auch nicht nett. Ich glaube einfach nicht daran, sich damit abzufinden, die Dinge auf sich beruhen zu lassen. Es gibt manche Dinge, die ich gerne tun würde, aber ich erzähle anderen nichts darüber.«
Yvonne betrachtet ihn mit demselben abschätzenden Blick wie im Bullpen. Sie hakt ihre Liste der biologischen Plus- und Minuspunkte ab. Dieses Geständnis gefällt ihr; es passt hervorragend zu ihrem gegenwärtigen Bedürfnis nach Entwurzelung. Sie überlegt ihren nächsten Schritt. Giffey blickt auf die Tischplatte. Er mag es nicht, wenn eine attraktive Frau – eine, die sämtliche Vorzüge auf ihrer Seite hat – eine sexuelle Situation mit einer Art innerem Taschenrechner durchkalkuliert, wenn sie prüft, abwägt und zu wohl überlegten Schlussfolgerungen gelangt. Er hat nur wenige Frauen ohne dieses Charakteristikum kennen gelernt, ohne diese Fähigkeit. Es ist in gewisser Weise eine Beleidigung und es ist einer der Punkte, die für Giffey den Unterschied zwischen Männern und Frauen ausmachen. Männer sind mehr wie Hundewelpen – tolpatschig und manchmal grausam, aber sie machen sich keine Illusionen über ihre Bedürfnisse.
Ihre Counselors wären stolz auf sie. Sie führt eine strenge Qualitätskontrolle durch. Aber wenn sie mich erwählt, begeht sie einen schweren Fehler.
Yvonnes Gesichtsausdruck verändert sich. Sie hat ihre Entscheidung getroffen, aber er kann nicht sagen, wie sie ausgefallen ist. Sie spießt ein Stück Walleye mit der Gabel auf, schwenkt es elegant und steckt es sich in den Mund. »Dieser Fisch ist wirklich gut«, sagt sie.
»So ist es«, stimmt er zu.
?* 1 NEBENFLUSS
LITVID-ANMERKUNG: Der Film Aerosol aus dem Jahr 1994, den Sie soeben gesehen haben, offenbart sehr viel über diese Zeit. Im späten Zwanzigsten war ein VIRUS *3462231 eine heimtückische und unheilbare Angelegenheit, eine unangenehme und häufig tödliche Krankheit. Viren waren so weit verbreitet, dass fast die gesamte Erdbevölkerung mit Hunderten verschiedener Typen dieser winzigen blinden genetischen Passagiere infiziert war. Kinder steckten sich mit WINDPOCKEN §3416*893 an, einer nicht-letalen, aber äußerst unangenehmen Erkrankung, die in späteren Jahren erneut in Form der schmerzhaften GÜRTELROSE 562 ausbrechen konnte. Viele Erwachsene sowie Kinder bildeten Entzündungen an den Lippen oder Schleimhäuten aus, wenn sich der Herpes simplex oder zoster über die Nervenbahnen ausbreitete. Kontakte über Blut oder Sperma übertrugen den gefürchteten
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