Smokeheads: Vier Freunde. Jede Menge Whisky. Ein höllisches Wochenende. Roman (German Edition)
Gullane, Haddington und North Berwick – samt und sonders wohlhabende Enklaven in East Lothian – war Luke in einer schäbigen Wohnung in Tranent aufgewachsen. Aber als Mr. und Mrs. Young eines Abends, kurz nach Lukes Abschluss an der Uni, auf dem Heimweg vom Gemeinschaftshaus von einem betrunkenen Fahrer überfahren und getötet wurden, stellte sich heraus, dass sie eine beachtliche Lebensversicherung abgeschlossen hatten, genug, um die Hypothek abzuzahlen und Luke mit einem großen Geldbetrag auszustatten.
Nachdem er die traurige Aufgabe hinter sich gebracht hatte, das Haus seiner Familie auszuräumen und zu verkaufen, ging er ein Jahr lang allein auf Reisen, wanderte über die verschneiten Weiten der arktischen Gebiete, quer durch Grönland und Kanadas nördliche Regionen, hielt sich lange in Island und auf den Färöer-Inseln auf und verbrachte sogar einige Zeit auf Spitzbergen. Aber auch von diesen Reiseerlebnissen konnten Adam und die anderen ihm außer einer gelegentlichen Postkarte kaum etwas entlocken. Als er zurückkehrte, hatte er mit dem Schicksal seiner Eltern erkennbar Frieden geschlossen und eine Stahlplatte im Hinterkopf mitgebracht – ein Souvenir von einem Unfall mit einem Schneemobil in einem schwedischen Schneesturm. Seit dieser Zeit fing es auch mit seinen unvermeidlichen Beanies an, die er ständig trug, um die großflächigen Narben auf seinem Kopf zu verbergen, und mit seiner regelmäßigen Kifferei, um seine wiederkehrenden Migräneattacken zu bekämpfen. Er war stiller und reservierter geworden, hatte sich aber mit seiner neuen Lebenssituation besser angefreundet.
Er hatte sich voll und ganz auf sein Studioprojekt konzentriert, die baufälligen Wirtschaftsgebäude innerhalb von eineinhalb Jahren in ein hochtechnisiertes Unternehmen verwandelt und danach seine Zeit so eingeteilt, dass er einerseits seine eigene Musik machen und andererseits an seinem Ruf feilen konnte, perfekte atmosphärische Klanglandschaften für trendige Filme und Dokumentationen zu komponieren.
Adam beneidete Luke darum, dass er sich nie aus der Ruhe bringen ließ und mit allen Aspekten seines Lebens so zufrieden und glücklich war. Nun beobachtete er ihn, wie zufrieden er am Tisch saß und mit den Fingern den Takt zu einem imaginären Lied trommelte. Er registrierte sein hängendes linkes Augenlid, und unter dem struppigen Bart konnte er die blasse Linie einer alten Narbe am Kinn erkennen, die Erinnerung an eine Kollision vor vielen Jahren im Vollrausch mit einem Bierglas, die niemand von ihnen so recht mehr in Erinnerung hatte.
Luke war sein eigener Boss und verdiente seinen Lebensunterhalt mit einer Tätigkeit, die ihm Spaß machte. Genau das wünschte sich Adam auch. Zum Teil hatte Luke ihn zu seinem großen Vorhaben inspiriert, dem eigentlichen Grund, weshalb sie dieses Wochenende auf Islay verbrachten. Ursprünglich hatte er geplant, es den anderen am nächsten Tag zu verklickern, doch plötzlich juckte es ihn, jetzt schon darüber zu sprechen.
»Luke, wie war das damals, als du dein Studio gebaut hast?«
Luke nickte, obwohl er vielleicht nur zur Melodie in seinem Kopf nickte.
»War das ein Alptraum? Ich meine, logistisch gesehen?«
Luke spielte mit dem Lederarmband an seinem Handgelenk.
»Nicht leicht, Mann. Sachen planen und organisieren ist nicht mein Ding. Trotzdem das Beste, was ich je gemacht habe. Hat mein Leben verändert.«
Adam nickte und lächelte. »Aber wenn man sein eigener Boss ist – muss man da nicht ständig organisieren?«
Luke schaute eine Weile in die Ferne. »Die Mühe lohnt sich, wenn man das, was man macht, gern macht.«
Adam wollte, dass Luke ihn fragte, warum er das wissen wollte, um ihm seine Pläne zu entlocken, doch Luke schwieg. Vielleicht hatte es ja auch bis morgen Zeit. Heute Abend musste er über Molly nachdenken. Bei dem Gedanken daran, dass er sie später treffen würde, spürte er ein Kribbeln im Brustkorb, und er widerstand dem Bedürfnis, seinen Puls zu überprüfen.
»Was hältst du eigentlich von Molly?«, fragte er.
Luke fummelte wieder an dem Band am Handgelenk herum. »Ziemlich cool.«
»Meinst du, ich sollte es bei ihr versuchen?«
»Warum nicht?«
»Sie ist ziemlich hübsch, was?«
»Ziemlich.«
Adam warf Luke einen prüfenden Blick zu. »Du sprichst nie über dein Liebesleben.«
Luke lächelte und zuckte die Achseln.
»Hast du irgendwo eine Frau versteckt, von der wir nichts wissen?«
»Genau genommen eigentlich nicht.«
»Was heißt das
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