Smokeheads: Vier Freunde. Jede Menge Whisky. Ein höllisches Wochenende. Roman (German Edition)
Molly.
»Wie bist du überhaupt zum Whisky gekommen? Ich bin auf Islay aufgewachsen. Was ist deine Ausrede?«
»Mein Dad«, sagte Adam. »Er hatte sonst eigentlich keine besonderen Ansprüche, aber bei uns zu Hause gab es immer eine anständige Flasche Whisky. Er war Ingenieur bei der lokalen Stromversorgung. Ich erinnere mich, dass er nach der Schicht immer mit hängendem Kopf und ausgepumpt nach Hause kam, und sich zuallererst einen ordentlichen Schluck genehmigte. Die Verwandlung, die in ihm vorging, wenn er den Whisky roch und dann probierte, war erstaunlich: als hätte sich das ganze Gewicht der Welt von seinen Schultern gehoben. Der Alkohol war es nicht, er hatte kein Alkoholproblem oder so was, er genoss einfach das, wofür der Whisky stand, die Erlösung von der stumpfsinnigen Arbeitswelt, hin zu etwas mehr, äh, Spirituellerem, falls du dieses hochgestochene Wort verzeihst.«
»Das ist vermutlich das Netteste, was jemals jemand über seinen Dad gesagt hat, der erstmal einen Drink brauchte, damit er seine Familie ertragen konnte«, sagte Molly grinsend.
Adam lachte. »So war es ganz und gar nicht. Er trank nicht, um zu vergessen, er trank, um sich zu erinnern, um sich an die wunderbare Komplexität der Welt zu erinnern, um sich einen winzigen Einblick darauf zu gönnen, was die große, weite Welt wirklich war.«
»Und um sich zu betrinken.«
»Okay, und um sich zu betrinken.« Adam hob sein Glas und trank.
»An meinem achtzehnten Geburtstag nahm er mich zur Scotch Malt Whisky Society mit. Bis dahin hatte ich mir jahrelang mit billigem Bier und Cider die Birne vollgeknallt, aber das wurde eine Offenbarung. An diesem speziellen Abend genehmigten wir uns ich weiß nicht mehr wie viele Islay Single Cask Malts, und ich hätte Bäume ausreißen und auf Berge klettern können, so anders war dieser Rausch, verglichen mit den Besäufnissen mit meinen Kumpels.«
»Was ist denn an den Islay Malts so Besonderes?«
»Das fragst ausgerechnet du?«
Molly zuckte die Achseln. »Ich bin mit ihnen aufgewachsen und kann das schlecht von außen betrachten. Ich wollte immer gern wissen, was es ist, was die Smokeheads antreibt.«
»Es ist die Kombination von allem. Die Islay Malts kommen einem so schottisch vor und gleichzeitig auch so international, viel mehr als andere Whiskys.« Er hob sein Glas und betrachtete es. »Dieser Whisky ist älter als wir, und seine unglaublichen Aromen sind eine Kombination aus einer Million unterschiedlicher Faktoren, angefangen vom Seegras am Lagerhaus von Laphroaig bis hin zu den Fässern aus spanischer Eiche, angefangen vom Torfrauch in den Brennöfen bis hin zum Sherry, der vorher im Fass gelagert hatte. Keine andere Spirituose holt sich so viel von äußeren Einflüssen und absorbiert diese Aromen und Sinneseindrücke auch tatsächlich, um sie schließlich zu etwas völlig Neuem und Einzigartigem zu komponieren. Für mich ist der ganze Prozess einfach fantastisch.«
Sie saß nun näher bei ihm, und seine Pläne und die Unterlagen waren auf den Fußboden gefallen. Er ertappte sich dabei, wie er ihr in die großen grünen Augen schaute, und dann war er plötzlich in einem schüchternen, zaghaften Kuss gefangen: Er schmeckte den Rauch auf ihrer Zunge und die Süße ihres Lippenstifts, spürte die Weichheit ihrer Haare in der Hand. Wie war es dazu gekommen?
Nach ein paar Momenten machte sie sich los und legte ihm eine Hand auf die Wange.
»Lassen wir uns Zeit«, sagte sie. »Ich glaube, dass du ein netter Typ bist, aber …«
Er hielt ihre Hand. »Es ist in Ordnung.«
Sie lächelte, und Adam spürte ein Brennen in seiner Brust, ein berauschender Blend aus jungem Glücksgefühl und altem Malt.
13
Adam erwachte mit einem Torfgeschmack im Mund. Er lag auf Mollys Sofa unter einer Decke. Wässriges Licht sickerte durch das Fenster. Seine Armbanduhr auf dem Couchtisch zeigte acht Uhr fünfundvierzig. Daneben stand die leere Laphroaig-Flasche, zwei klebrige Tumbler und eine Nachricht.
Musste los und ein bisschen arbeiten.
Treffen wir uns später in deiner Pension
zu unserem großen Ausflug?
Danke für letzte Nacht. Moll x
Er dachte an den Kuss. Er strich mit einem Finger über seine Lippen und leckte ihn ab. Eine Andeutung ihres perlenden Lippenstifts war immer noch vorhanden. Sie waren stundenlang wach geblieben, hatten über seine Pläne für eine Brennerei geplaudert, über ihre Absicht, auf die Uni zu gehen, und sie hatten Whisky-Anekdoten ausgetauscht. Er wusste nicht mehr, wann
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