Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Snapshot

Snapshot

Titel: Snapshot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Robertson
Vom Netzwerk:
machte einen Satz nach vorne, als wollte er seine Beute verspotten.
    Stevie warf einen Blick auf Mark, der auf beinahe gleicher Höhe lief– und begriff, dass er bessere Chancen hatte, wenn er sich von ihm verabschiedete. Natürlich hingen sie beide gleichermaßen mit drin, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie beide überlebten, erschien ihm verschwindend gering. Er drehte nach links ab, um den Abstand zwischen ihnen zu vergrößern. Mark sah, was er tat, und eilte hinterher. Mit fliegenden Armen versuchte er, mit seinem Kollegen mitzuhalten.
    Im Gegenzug schlug Stevie einen weiteren Haken nach links. Als Mark ihm abermals folgte, verlor er die Geduld.
    » Verpiss dich!«, brüllte er.
    » Was?«
    » Verpiss dich! Lauf nach rechts!« Er brachte nur noch ein feuchtes Ächzen heraus. Blut tropfte von seinen aufgeplatzten Lippen. » Hau ab! Weg von mir!«
    Ein leiser Zweifel huschte über Marks Gesicht, doch er sah ein, dass ihnen die Zeit für weitere Diskussionen fehlte. Er scherte nach rechts aus. Der Abstand wuchs auf ein paar Meter. Bald hatten sie die Sattelschlepper erreicht. Ein gutes Gefühl, zumindest vorübergehend hinter den riesenhaften Gefährten in Deckung zu gehen. Stevie kletterte aufs Trittbrett des ersten Lasters und zog sich hoch zum Führerhäuschen. Doch die Tür war abgeschlossen, hinter dem Steuer saß niemand, und von hier oben aus konnte er erkennen, dass auch die anderen Laster verwaist waren. Nach einem letzten Blick auf den weißen Lieferwagen sprang er zurück auf den Boden. Brennender Schmerz schoss ihm durch die zertrümmerten Knie. Als er Mark sah, der stehen geblieben war und ihn erwartungsvoll musterte, schüttelte er den Kopf. Es ging weiter.
    Rechts und links am Grünstreifen zwischen den Lkw- und Pkw-Parkplätzen vorbei, weiter auf den Vorplatz der Tankstelle. Hier standen einige geparkte Wagen, vorne an den Zapfsäulen drückten sich ein paar Leute herum. Stevie und Mark konnten sich kaum noch auf den Beinen halten, doch es waren nur noch knapp zweihundert Meter. Dann hatten sie es geschafft.
    Kurz hinter dem ersten Auto kam der Lärm. Stevie war sich nicht sicher, ob er zuerst den Schuss oder zuerst den Schrei oder zuerst den dumpfen Aufprall hörte, mit dem Mark auf dem Boden landete. Alles schien im exakt gleichen Moment an seine Ohren zu dringen. Doch ihm war sofort klar, dass nicht Mark geschrien hatte. Dass Mark gar keine Zeit mehr gehabt hatte, zu schreien. Die Kugel, die in seinen Kopf eingeschlagen war, hatte ihn sofort getötet.
    Stevie blieb nicht stehen. Nun war er erst recht froh, nicht mehr neben Mark zu laufen. Er rannte noch schneller. Sein Herz pochte, als würde es gleich explodieren. Weiter vorne standen Menschen, staunende Menschen mit offenem Mund. Eine kreischende Frau. Da musste er hin. Die Leute würden ihn retten. Sie mussten ihn retten.
    Zu seiner Linken öffnete sich eine Autotür. Ein Mann mittleren Alters stieg aus und machte sich auf den Weg zum Minimarkt. Offensichtlich hatte er nicht mitbekommen, was passiert war. Das war Stevies Chance.
    » Hilfe!«, brüllte er. Ihm blieb die Luft weg. » Hilfe!«
    Der Mann blieb stehen und drehte sich um. Als er den blutigen, zerschundenen, schweißüberströmten Typen sah, der auf ihn zusprintete, riss er die Augen auf und wich einen Schritt zurück.
    » Nein!«, stieß Stevie hervor. » Helfen Sie mir, verdammt!«
    Im nächsten Moment hatte er den Mann erreicht. Stevie warf sich auf ihn und versuchte, ihn herumzureißen, um ihn zwischen sich und den weißen Lieferwagen zu bringen. Doch kaum hatte er ihn berührt, keine Sekunde später, ließ ihn sein Körper im Stich. Seine Beine wollten nicht mehr. Er sackte auf den Asphalt. Rasende Schatten hüllten ihn ein, schneller, als er es jemals für möglich gehalten hätte. Seine Stirn knallte auf den Boden. Eiseskälte schwappte durch seinen Kopf, als hätte er sich ein viel zu kaltes Stieleis in den Schädel gerammt. Unter ihm hatte sich ein gähnendes Loch aufgetan, und er stürzte mitten rein.
    Und während er immer tiefer sank, hörte Stevie nicht mal mehr den dritten Schuss– den Schuss, der den Mann traf, der sich bloß eine Zeitung oder eine Schachtel Zigaretten holen wollte. Den hatten sie auf dem Gewissen, Stevie und Mark und die Kugel, die sich in sein Hirn bohrte. Der Arme rutschte in dieselbe tödliche Grube wie sie.
    Kurz darauf drängten sich die ersten Menschen um die Leichen. Doch kaum jemand beachtete den weißen Lieferwagen, der die Spur zur

Weitere Kostenlose Bücher