Snapshot
Jahr.«
» Habt ihr euch auf der Straße kennengelernt?«
Ein feindseliges Blitzen in Pamelas Augen. » Ja.«
» Okay. Dann erzähl doch mal ein bisschen von ihr, Pamela. Egal was. Alles könnte uns helfen, um herauszufinden, wer ihr das angetan hat.«
Die Frau warf Joanne einen fragenden Blick zu, den Joanne offenbar genau richtig erwiderte. Nachdem sie sich noch einmal nervös umgeschaut hatte, beugte sie sich vor. » Melanie war in Ordnung. War nich gerade beliebt, weil wenn sie high war, war sie manchmal ein bisschen heftig drauf. Aber sie war schon in Ordnung, verstehste? Mir hat sie nie was getan.«
» Woher ist sie gekommen?«
» Wie? Also früher? Aus Glasgow, irgendwo aus der S out h Side, glaub ich. Hat aber nicht gern drüber geredet. Hatte wohl Stress mit ihren Eltern.«
» Weißt du, woher in der South Side?«
» Nein, hab ich doch gesagt. Sie hat nicht gern drüber geredet.«
» Und jetzt hat sie in Maryhill gewohnt?«
» Aye. Sie hatte da ein Zimmer, in einem Hochhaus im Valley.«
» Weißt du die Adresse?«
» Der große Block in der Collina Street, aber die Nummer hab ich vergessen. Sie war auch noch nicht so lang da.«
» Okay, macht nichts. Hatte sie Kinder?«
Pamela schaute erst auf den Tisch, dann zur Tür. » Ja, eins. Ein kleines Mädchen. Ist sechs Jahre alt.«
Narey und Joanne tauschten einen kurzen Blick.
» Und wo ist die Kleine jetzt?«, fragte Joanne.
In einem heftigen Anfall zerknüllte das Mädchen die Serviette erneut und interessierte sich auf einmal sehr für seine Schuhe.
» Wo ist Melanies Tochter jetzt?«, fragte Narey mit Nachdruck.
» Bei ihrem Dad«, flüsterte Pamela.
» Und wer ist das?«, bohrte Narey weiter.
Doch Pamela schüttelte nur den Kopf und starrte auf den Boden. Ihre Nervosität war sprunghaft angestiegen.
» Bitte, Pamela«, versuchte es Joanne. » Das könnte sehr wichtig sein. Wenn du es weißt, Liebling, solltest du es uns wirklich sagen.«
Pamela fasste sich geistesabwesend ins Gesicht und wischte sich über die Nase. » Der Typ ist ein Arschloch, ein richtiges Schwein«, zischte sie. » Wenn der das rauskriegt, bin ich tot.«
Mit jeder Faser ihres Körpers spürte Narey, dass sie diesen Namen wissen musste. » Er wird es aber nicht rauskriegen, Pamela. Niemand wird davon erfahren. Das Ganze bleibt unter uns, okay? Melanie war doch deine Freundin. Sie hat es verdient, dass der Typ hinter Gitter kommt, der sie umgebracht hat.«
Das Mädchen neigte den Kopf zur Seite, neigte ihn zur anderen Seite, eine nervöse, zweifelnde, verängstigte Geste. » Tommy Breslin«, flüsterte sie.
» Okay«, sagte Narey. » Was weißt du über diesen Tommy?«
Wieder legte Pamela den Kopf schief, und diesmal knabberte sie dabei auch noch an der Innenseite ihrer Backe. » Alle nennen ihn T-Bone. Oder er nennt sich selbst T-Bone, keine Ahnung. Er war Melanies Freund, also mehr oder weniger. Hält sich für einen tollen Gangster, ist aber bloß ein kleines Dealer-Arschloch.« Im nächsten Moment blickte sie auf, als wäre ihr soeben eingefallen, wer ihr da gegenübersaß.
» Keine Sorge, Pamela. Er wird nicht erfahren, dass du mit uns gesprochen hast. Du kannst uns vertrauen. Wie hat dieser T-Bone deine Freundin behandelt?«
Ein verbittertes Kopfschütteln. » Wie den letzten Dreck. Wie ein Stück Scheiße. Hat sie ständig wegen nichts und wieder nichts verprügelt. Einmal hat er ihr den Arm gebrochen, und sie hatte immer blaue Flecken. Hat sie geschlagen und getreten. Und er hat sie dazu gebracht, mit dem Crack anzufangen.« Erneut blickte Pamela verängstigt in die Runde, doch die Erinnerung an ihre misshandelte Freundin verlieh ihr eine gewisse Entschlossenheit. » Er war ihr Dealer. Meiner auch.«
Narey nickte, ehrlich dankbar für Pamelas Offenheit. » Glaubst du, er könnte ihr das angetan haben?«
Ohne etwas zu sagen, sah Pamela ihr fest in die Augen– und nickte.
Dann stellte Narey die Frage, die ihr am heftigsten unter den Nägeln brannte, und drückte im Geiste die Daumen. » Hat Melanie dir auch ihren richtigen Namen verraten?«
» Ja. Ist ihr rausgerutscht, als sie mal ziemlich weg vom Fenster war, und danach war es eh egal. Una, das war ihr richtiger Name. Aber den hat sie schon immer gehasst, hat sie gesagt.«
» Und ihr Nachname?«
» Bin mir nich sicher. Sie hat immer allen gesagt, sie heißt Melanie McCullough, aber keine Ahnung, ob der Nachname gestimmt hat oder nicht. Okay, mir reicht’s. Ich muss hier weg. Ich hab genug
Weitere Kostenlose Bücher