Sniper
sagte der Chief.
Ich öffnete den Sicherheitsgurt, schnappte mir das 60er von hinten aus der Halterung und hastete in die Richtung des Zauns, der die Ölfabrik umgab. Unsere Aufgabe war es, den Zaun zu sichern, und nur weil wir nicht motorisiert waren, hieß es noch lange nicht, dass wir das nicht auch tun würden.
Ich entdeckte einen Kieshaufen in Sichtweite des Tors und stellte das 60er auf. Ein Typ mit einer Carl Gustaf bezog neben mir Stellung. Technisch betrachtet ist die Carl Gustaf eine rückstoßfreie Schusswaffe, aber eigentlich handelt es sich um einen tragbaren Raketenwerfer, der einen Panzer lahmlegen oder ein Loch in ein Gebäude reißen kann. Ohne unsere Erlaubnis würde nichts dieses Tor passieren.
Die Iraker hatten einen Verteidigungsring um die Raffinerie errichtet. Das einzige Problem war, dass wir innerhalb des Rings gelandet waren. Wir befanden uns zwischen Saddams Truppen und der Raffinerie – also hinter ihren Stellungen.
Das gefiel ihnen ganz und gar nicht. Sie drehten sich um und begannen auf uns zu feuern.
Sobald ich erkannte, dass sie kein Giftgas einsetzten, nahm ich meine Gasmaske ab. Ich erwiderte das Feuer mit dem 60er und hatte viele Ziele – zu viele, um ehrlich zu sein. Wir waren deutlich in der Unterzahl. Aber das war kein echtes Problem. Wir baten kurzerhand um Luftunterstützung. Innerhalb von Minuten waren alle möglichen Arten von Flugzeugen über uns: F/A-18, F-16, A-10A, sogar ein AC-130-Gunship.
Die Airforce A-10er, besser bekannt als Warthogs oder Warzenschweine, waren klasse. Sie sind zwar Jets, können aber besonders langsam fliegen, und das ist Absicht – denn sie sind darauf ausgelegt, Bodenziele möglichst wirkungsvoll unter Beschuss nehmen zu können. Die Warthogs sind nicht nur mit Bomben und Raketen bestückt, sondern auch mit einer 30-mm-Gatling-Kanone. Und diese Gatlings gaben dem Feind in jener Nacht ordentlich Zunder. Die Iraker rückten sogar mit Panzern aus der Stadt an, um uns zu erwischen, aber die kamen nicht einmal in unsere Nähe. An einem bestimmten Punkt merkten sie schließlich, dass sie erledigt waren, und versuchten zu fliehen.
Großer Fehler. So waren sie besser sichtbar. Die Flugzeuge kamen immer wieder, nahmen sie ins Visier und schalteten die irakischen Einheiten nacheinander aus. Man hörte, wie die Geschosse durch die Luft schwirrten – errrrrrrrrrrr – dann hörte man das Echo – erhrhrrhrh , dicht gefolgt von den Einschlägen der Explosivgeschosse und dem Unheil, das diese Patronen zu verursachen in der Lage sind.
Scheiße , dachte ich mir, ist das klasse. Das ist der Hammer. Es ist nervenaufreibend, spannend und einfach nur toll .
Der Gasangriff
Am Morgen kam eine britische Einheit angeflogen. Mittlerweile war die Schlacht vorbei. Wir ließen es uns natürlich nicht nehmen, sie deswegen ein bisschen aufzuziehen.
»Keine Bange. Der Kampf ist vorbei«, sagten wir. »Euch passiert schon nichts.«
Ich glaube nicht, dass sie das witzig fanden, aber man konnte sich nicht ganz sicher sein. Ihr Englisch klingt so seltsam. Erschöpft zogen wir uns zurück und suchten Unterschlupf in einem Haus, das während des Gefechts fast vollständig zerstört worden war. Mitten in den Trümmern ließen wir uns fallen und schliefen sofort ein.
Einige Stunden später standen wir wieder auf und gingen nach draußen, um das Areal um die Ölfelder herum zu kontrollieren. Unterwegs entdeckten wir einige der Flakgeschütze, die die Iraker angeblich nicht hatten. Aber immerhin mussten die Geheimdienst-Informationen diesbezüglich nicht aktualisiert werden – diese Geschütze waren keine Bedrohung mehr.
Überall lagen Leichen herum. Wir sahen einen Mann, dem im wahrsten Sinne des Wortes der Hintern weggerissen worden war. Er war verblutet, aber erst hatte er noch versucht, sich vor den Flugzeugen in Sicherheit zu bringen. Deutlich war auf der Erde eine breite Blutspur zu sehen.
Während wir einigen Dingen nachgingen, machte ich in der Ferne einen Toyota-Pick-up aus. Er fuhr die Straße entlang und hielt in gut eineinhalb Kilometern Entfernung an.
Weiße zivile Pick-ups wurden im gesamten Kriegsverlauf von der Irakern als Militärfahrzeuge verwendet. Normalerweise handelte es sich um eine Version des Toyota Hilux, einen kompakten Pick-up, den es in verschiedenen Varianten gab. (In den Staaten wurde der Hilux oft SR5 genannt; das Modell wird hierzulande nicht mehr angeboten, obwohl es in anderen Ländern immer noch verkauft wird.) Da wir nicht wussten,
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