Snobs: Roman (German Edition)
einer Marx-Brothers-Komödie. Das Schmuckstück gehörte wohl zum Familienschmuck der Broughtons.
»Kommst du uns besuchen?«, fragte sie.
»Wenn ich eingeladen werde.«
Wir sahen uns einen Moment lang an. »Wir fahren eine Woche nach Rom, dann weiter zu Caroline und Eric nach Mallorca.«
»Klingt vielversprechend.«
»Ja, nicht? Ich darf es eigentlich noch nicht wissen, aber ich weiß
es doch. Rom mag ich sehr. Mallorca kenne ich eigentlich nicht. Caroline mietet jedes Jahr eine Villa dort, also muss es ihnen gefallen.« Wieder lachte sie, eher freudlos.
Mehr gab es nicht zu sagen, nachdem ich nicht willens war, auf ihren melancholischen Ausbruch einzugehen. Ich habe wenig für letzte Beichten übrig. Edith lag, wie sie sich gebettet hatte. Jetzt brauchte sie nur noch die Augen zu schließen. Ich war nicht weiter beunruhigt. Vermutlich überkommt viele frisch Getraute auf dem Hochzeitsempfang die unbehagliche Frage, was sie da bloß getan haben.
Ich küsste sie. »Viel Glück«, sagte ich. »Ruf mich an, wenn du zurückkommst.«
»Ich bin noch nicht weg.«
»Das nicht, aber ich werde keine Gelegenheit mehr haben, mit dir zu reden.«
Und so war es dann auch. Charles kam sie holen, um sie noch einigen weiteren seiner unbekannten Verwandten zu präsentieren, und ich blieb wieder allein. Ich schlenderte in den Thronsaal, der sich an den ersten Saal anschloss. Noch mehr Rot und Gold, diesmal als Hintergrund für einen prachtvollen Thron mit Baldachin und Stickereien, an den Wänden weitere Gemälde, diesmal Hannoveraner. Ich bewunderte gerade den Kamin, als mir ein dicker, rotgesichtiger Mann in den Sechzigern zunickte. Wir unterhielten uns eine Weile über ein Porträt von George IV., gemalt von Lawrence – ob es das Original war oder eine Kopie und dergleichen, als er sich plötzlich verschwörerisch vorbeugte. »Sagen Sie mal«, flüsterte er rau, »sind Sie ein Freund des Mädchens oder einer von uns?«
Ich muss gestehen, dass es mir momentan die Sprache verschlug.
»Beides, hoffe ich«, sagte Lady Uckfield, die sich mit raschen Schritten näherte.
Ich nickte ihr zu zum Dank, dass sie mir aus der Klemme half, und sie stellte mich meinem Gesprächspartner vor, der Sir William Fartley hieß, worüber mir fast ein Lacher entschlüpft wäre. Er entfernte sich im Schlenderschritt, als Lady Uckfield meinen Arm nahm und mit mir zur Fensterfront hinüberging.
»Ich hoffe, Sie kommen uns bald wieder besuchen«, sagte sie. »Ich weiß, dass sich Charles darüber freuen würde.«
Damit gab sie mir zu verstehen, dass sich Charles gern mit mir anfreunden würde und die Broughtons meine Freundschaft mit Edith nicht als Bedrohung empfanden. Ich dankte ihr und erklärte, ich würde mit Vergnügen kommen. »Sie jagen wohl nicht?«, erkundigte sie sich.
»Eigentlich schon.«
Sie war äußerst überrascht. »Tatsächlich? Ich dachte, Theaterleute nehmen kein Gewehr in die Hand. Ich hielt sie für erbitterte Jagdgegner.«
Ich zuckte mit den Achseln. »Lieber im Flug als im Schlachthaus sterben, ist meine Devise.«
»Da bin ich aber erleichtert! Ich dachte schon, wir müssten irgendwo ein paar Schriftsteller und Intellektuelle auftreiben, um Sie zu amüsieren. Ich weiß, dass Edith Sie sehr geistreich findet.«
»Das höre ich gern.«
»Aber wenn Sie jagen, dann haben Sie wohl nichts gegen normale Leute.«
»Wie Sir William Fartley. Ich kann’s kaum erwarten.«
Sie lachte und schnitt eine Grimasse. »Ein vertrottelter alter Kerl, aber er wohnt nur drei Meilen von uns entfernt, da sind mir die Hände gebunden.«
Dazu bemerkte ich innerlich, dass er weiter entfernt wohnte als die Eastons, dass es wahrscheinlich in einer ähnlichen Entfernung von Broughton zwei-, dreihundert Leute gab, die für eine Einladung alles tun, aber nie eine erhalten würden, doch natürlich sagte ich nichts.
Lady Uckfield tätschelte mir die Hand. »Im Ernst. Sie müssen kommen. Ich werde dafür sorgen.«
»Ich komme gern, aber nur, wenn Sie mir versprechen, keine Schriftsteller und Intellektuellen einzuladen. Ich will mich vor Edith nicht blamieren.«
Sie warf mir ihr verschwörerisches Lächeln zu und kehrte zu ihren Pflichten zurück.
Kurz danach war alles vorbei. Das glückliche Paar brach auf, um sich umzuziehen, und wir folgten den beiden hinaus und sahen sie in einem auf Hochglanz polierten Landauer davonrollen. Ediths Vater hatte das kitschige Gefährt eigens bestellt, in der irrigen Annahme, dem Paar damit einen glamourösen
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