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Snow Crash

Titel: Snow Crash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephenson Neal
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auf, sie sind bewaffnet, und alle sehen sie an.
    Aber nur ein Typ zielt. Und das Ding, mit dem er auf sie angelegt hat, ist riesig. Der Lauf ist so groß wie ein Baseballschläger. Sie kann das Mündungsfeuer sehen, und plötzlich ist es in einen Kringel weißen Rauchs gehüllt. Es war nicht direkt auf sie gerichtet, sondern auf eine Stelle vor ihr.
    Die Schockgranate landet auf der Straße direkt vor ihr, prallt ab und explodiert in einer Höhe von sechs Metern.
    Im nächsten Sekundenbruchteil: Kein greller Blitz blendet sie, und darum kann sie die Druckwelle regelrecht sehen, die sich wie eine perfekte Kugel ausbreitet, hart und greifbar wie ein Ball aus Eis. Wo die Kugel die Straße berührt, erzeugt sie eine kreisförmige Wellenfront, schleudert Kieselsteine in die Höhe, wirbelt alte McDonaldsverpackungen hoch, die längst plattgefahren sind, und fördert feinen, weißen Staub aus sämtlichen Ritzen des Asphalts, so daß sie über die Straße rollt wie ein mikroskopischer Schneesturm. Darüber hängt die Druckwelle in der Luft, rast mit Schallgeschwindigkeit auf Y. T. zu, eine Linse aus Luft, die alles auf der anderen Seite abflacht und bricht. Sie saust hindurch.

42
    Als Hiro um fünf Uhr morgens mit seinem Motorrad die Hügelkuppe überwindet, liegt plötzlich die Stadt Port Sherman, Oregon, vor ihm: ein Aufblitzen von gelbem Loglo in ein weites, U-förmiges Tal eingeschmiegt, das vor langer Zeit in der urzeitlichen Ära eines geologischen Cunnilingus von einer gigantischen Gletscherzunge aus dem Fels geleckt wurde. Ein schwacher Hauch von Gold leuchtet an den Rändern, das in den Regenwald übergeht und zum Hafen hin – einer schmalen, fjordähnlichen Einbuchtung in der geraden Küstenlinie von Oregon, eine tiefe, kalte Kluft schwarzen Wassers, das direkt nach Japan fließt – stärker und intensiver wird.
    Hiro ist wieder am Rand. Tut gut nach der nächtlichen Fahrt durch das Hinterland. Zu viele Spießer, zu viele Mounties.
    Selbst aus einer Entfernung von zehn Meilen und aus der Höhe ist es kein schöner Anblick. Weiter vom zentralen Hafenbezirk entfernt kann Hiro ein paar rote Flecken ausmachen, die ein wenig besser als das Gelb sind. Er wünscht sich, er könnte etwas in Grün oder Blau oder Purpur sehen, aber es scheint nicht allzu viele Viertel zu geben, die in diesen Gourmetfarben gehalten sind.
    Aber dies ist auch nicht gerade ein Gourmetjob.
    Er fährt eine halbe Meile von der Straße ab, setzt sich in offenem Gelände auf einen flachen Felsbrocken – mehr oder weniger vor Hinterhalten geschützt – und brillt sich in das Metaversum ein.
    Â»Bibliothekar?«
    Â»Ja, Sir?«
    Â»Inanna.«
    Â»Eine Gestalt aus der sumerischen Mythologie. Spätere Kulturen kannten sie als Ischtar oder Esther.«
    Â»Gute Göttin oder böse Göttin?«
    Â»Gut. Eine verehrte Göttin.«
    Â»Hatte sie etwas mit Enki oder Aschera zu schaffen?«
    Â»Hauptsächlich mit Enki. Sie und Enki standen in verschiedenen
Zeiten gut und schlecht miteinander. Inanna war als Königin aller großen Me bekannt.«
    Â»Ich dachte, die Me gehörten Enki.«
    Â»So ist es. Aber Inanna ging nach Abzu- der Wasserfestung in der Stadt Eridu, wo Enki die Me hütete – und überredete Enki, ihr alle Me zu schenken. So gelangten die Me in die Zivilisation.«
    Â»Wasserfestung, hm?«
    Â»Ja, Sir.«
    Â»Was meinte denn Enki dazu?«
    Â»Er gab sie ihr bereitwillig, weil er offenbar betrunken und von Inannas körperlichen Reizen bezaubert war. Als er nüchtern wurde, versuchte er sie aufzuspüren und die Me zurückzubekommen, aber sie überlistete ihn.«
    Â»Werden wir semiotisch«, murmelte Hiro. »Das Floß ist L. Bob Rifes Wasserfestung. Dort lagert er seine ganzen Sachen. All seine Me. Juanita ist nach Astoria gegangen, was vor ein paar Tagen die größte Annäherung an das Floß bedeutete. Ich glaube, sie versucht, eine Inanna-Nummer abzuziehen.«
    Â»In einem anderen populären sumerischen Mythos«, sagt der Bibliothekar, »steigt Inanna in die Unterwelt hinab.«
    Â»Weiter«, sagt Hiro.
    Â»Sie nimmt ihre ganzen Me zusammen und betritt das Land ohne Wiederkehr.«
    Â»Klasse.«
    Â»Sie durchstreift die Unterwelt und erreicht den Tempel, der von Ereschkigal beherrscht wird, der Göttin des Todes. Sie reist unter falschem Namen, was

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