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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Bruder. Die anderen stellten sich nicht vor, sahen aber aus, als wären sie ein paar Jahre jünger als Lilian. Jan nahm an, dass es sich um Freunde ihres verschwundenen Bruders John Daniel handelte.
    Hanna ist an diesem Abend nicht dabei, und Lilian wirkte ohne sie besonders angespannt. Jan sah, dass sie roten Lippenstift und dunklen Lidschatten aufgelegt hatte. Das wirkte absurd, denn für wen hatte sie sich schick gemacht? Für den Pfleger Carl oder für Ivan Rössel?
    Jan parkte ein Stück von der Vorschule entfernt und außerhalb der Reichweite sämtlicher Überwachungskameras des Krankenhauses im Schatten einer großen Eiche.
    Niemand sprach, als sie ausstiegen.
    Lilian rauchte schnell eine letzte Zigarette auf der Straße, ehe sie die Tür aufschloss und in die Vorschule ging. Jan folgte ihr, zusammen mit den drei anderen Männern.
    In der Vorschule war es dunkel, aber sie machten kein Licht.
    Lilian drehte sich zu ihm um. »Dann bleibst du hier, Jan. Ist das in Ordnung?«
    Er nickte.
    Â»Ruf sofort an, wenn jemand kommt.«
    Jan nickte wieder, und Lilian lächelte angespannt. Dann holte sie eine Magnetkarte aus der Küche, öffnete die Kellertür und verschwand die Treppe hinunter.
    Die drei schweigenden Männer folgten ihr, und Jan schloss die Tür hinter ihnen.
    Ivan Rössel wird im Besuchszimmer also auf vier Personen treffen. Er wird, wenn Carl ihn aus der geschlossenen Abteilung geschmuggelt hat, der Unterlegene sein. Jan hofft, dass Lilian und ihre Familie Rössel auch wirklich treffen werden und dass sie ihn zum Reden bringen – doch darauf hat er keinen Einfluss.
    Er muss an sein eigenes Treffen denken.
    Als Lilian und die Männer gegangen waren, hatte Jan eine Viertelstunde im Garderobenraum vor der Kellertür gewartet. Es tat sich nichts. Er ging zum Fenster und spähte zum Krankenhaus hinüber. Da oben brannten Lichter, aber es waren keine Menschen zu sehen.
    Schließlich ging er in die Küche und holte die Reservekarte. Dann öffnete er die Kellertür. Da unten brannte immer noch Licht.
    Es wurde Zeit.
    Jan steht unruhig in der Wäscherei und fragt sich, was er zu Rami sagen wird, wenn die Aufzugstür aufgeht.
    Hallo, Alice. Willkommen aus dem Loch.
    Und dann? Dass er all die Jahre an sie gedacht hat? Soll er ihr erzählen, wie sehr er sich bereits in den ersten Tagen in der Klapse in sie verliebt hatte?
    Er war so verliebt in Rami gewesen, aber hatte so große Angst vor der Welt draußen, dass er an dem Morgen, als sie abhauen wollten, an der Personaltür geklopft hatte, damit man sie aufhalten würde.
    Jan war geschnappt worden, aber Rami gelang die Flucht. Sie musste es mit dem Zug zu ihrer Schwester in Stockholm geschafft haben, denn während der Woche, die Jan dann noch in der Klapse verbrachte, kam sie nicht zurück.
    Es sprach auch niemand von ihr – sie war kein Problem mehr für das Personal.
    Eine Woche nach dem Ausbruchsversuch wurde Jan von der Station entlassen. Er hatte seither nicht mit seinem Psychologen gesprochen, doch – Simsalabim! – Tony schien ihn gesundgeschrieben zu haben.
    Â»Du sollst nach Hause«, war alles, was Jörgen sagte, als er in Jans Zimmer kam.
    Dann musste er nur noch packen, seine Kleidung und das Tagebuch mitnehmen, das Rami ihm gegeben hatte, und die angefangene Comicserie über Den Scheuen.
    Das kleine Schlagzeug musste er natürlich in die Abstellkammer zurückstellen, aber die Schlägel nahm er mit.
    Jan trat mit seiner kleinen Tasche aus dem Tor der Klapse, vor dem sein Vater auf ihn wartete. Der Vater lächelte nicht.
    Â»Na, haben sie dich jetzt auseinandergenommen?«, war alles, was er sagte.
    Jan antwortete nicht, und sie fuhren schweigend nach Hause.
    Am Montag darauf ging Jan wieder in die Schule. In der Nacht zuvor hatte er kaum geschlafen, sondern wach gelegen und an die Schulkorridore und Die Viererbande gedacht. Er hatte sich selbst wie eine kleine Maus die Wände entlangrennen sehen.
    Er ging allein zur Schule, wie immer. Er hatte weiterhin keine Freunde. Aber das war egal.
    Die Klassenkameraden starrten ihn an, aber niemand fragte, wie es ihm ging oder wo er die letzten Wochen gewesen war.
    Vielleicht wussten ja alle Bescheid. Auch das war egal.
    Früher oder später würde Jan im Flur Der Viererbande begegnen, das war ihm klar. Doch aus irgendeinem Grund war seine Angst verschwunden. Es war

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