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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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»jetzt sind wir da!«
    Sie haben ungefähr fünfzig Meter unterirdisch zurückgelegt und befinden sich jetzt wahrscheinlich direkt unter dem Krankenhaus. Rechts im Flur ist eine weiß gestrichene Fahrstuhltür mit einem schmalen Fenster. Doch Jan sieht, dass der Kellergang dort noch nicht zu Ende ist, er verläuft noch acht oder zehn Meter weiter geradeaus, ehe er nach rechts abknickt.
    Marie-Louise zieht die Fahrstuhltür für Leo auf, und der Junge geht mit kleinen Schritten hinein.
    Jan macht auch einen Schritt nach vorn, doch seine Chefin schüttelt den Kopf.
    Â»Leo möchte allein fahren«, sagt sie. »Wenn die Kinder das wollen, dürfen sie es.«
    Jan nickt. Er ist angespannt, aber er hatte doch gehofft, bis zum Besuchszimmer zu gelangen.
    Â»Fahren wir denn manchmal mit den Kindern hinauf?«
    Â»Durchaus«, erwidert Marie-Louise. »Das kannst du selbst, zusammen mit den Kindern, entscheiden.«
    Jan kann rasch einen Blick in den Fahrstuhl erhaschen. Er sieht eine Stahlkabine mit zwei Knöpfen, auf denen AUF und AB steht, außerdem einen Magnetkartenleser und einen roten Alarmknopf. Überwachungskameras? Er kann keine entdecken, weder an den Wänden noch an der Decke.
    Marie-Louise geht in den Fahrstuhl, zieht die Magnetkarte durch den Schlitz und drückt den AUF-Knopf.
    Â»Tschüss, Leo!«, ruft sie, als sie wieder heraustritt und die Tür schließt. »Bis bald!«
    Ihre Stimme klingt noch fröhlicher als sonst, als müsse sie eine plötzliche Nervosität verbergen.
    Jan sieht noch Leos kleines Gesichtchen, das durch das schmale Fenster heraussieht, dann klickt der Fahrstuhl, die inneren Türen gleiten zu, und er fährt los.
    Â»So, das war’s, jetzt gehen wir zurück«, erklärt Marie-Louise. Ihre Stimme klingt ruhiger, während sie fortfährt: »Leo muss in einer Stunde wieder geholt werden. Magst du das dann allein machen, Jan?«
    Â»Gern.«
    Â»Gut.« Marie-Louise lächelt ihn an. »Ich stelle die kleine Eieruhr in der Küche, dann hörst du, wenn es so weit ist. Wenn die Kinder allein fahren, werden sie vom Besuchszimmer aus immer ganz pünktlich runtergeschickt, deshalb ist es wichtig, dass wir dann auch bereitstehen.«
    Sie gehen über den Gang, die Kellertreppe hinauf, öffnen die Tür und stehen wieder in der Garderobe der Vorschule.
    Marie-Louise formt ihre Hände zu einem Trichter um den Mund und ruft: »Alle zur Obstzeit!«
    Ein paar Kinder verziehen das Gesicht beim Wort »Obst«, doch die meisten kommen angelaufen. Einige schubsen die anderen, sie wollen zuerst dran sein. Kampf, immer Kampf.
    Alles ist genau so, wie es in einer Vorschule eben ist.
    Doch Jan sieht mehrmals zu den tickenden Zeigern der Wanduhr hoch. Er muss an den kleinen Leo denken, der jetzt allein mit seinem eingesperrten Vater ist.

8
    In der »Lichtung« gibt es keine Überwachungskameras, und das ist natürlich gut, doch Jan sieht auch keine Fernsehapparate.
    Â»Fernsehen? Nein, wir haben hier in der Vorschule nur Radio«, antwortet Marie-Louise ernst auf seine Frage. »Wenn wir einen Fernsehapparat anschaffen würden, dann hätten wir bald auch eine Menge Zeichentrickfilme im Haus, und passive Kinder sind unglückliche Kinder.«
    Im Spielzimmer sind die Kinder voll zugange. Sie haben die dicken Hüpfmatratzen auf dem Fußboden ausgelegt und spielen, sie wären Schiffbrüchige auf Flößen. Jan macht bei dem Spiel mit, das fühlt sich nach der Tour in den Keller gut an.
    An der Wand sieht er ein Schild hängen, das in Marie-Louises ordentlicher Handschrift geschrieben ist. Natürlich können die Kinder noch nicht lesen, doch scheinen die Worte trotzdem an sie gerichtet zu sein:
    In der »Lichtung«
    ...  sagen wir immer einem Erwachsenen Bescheid, wohin wir gehen.
    ...  dürfen alle dabei sein, wenn wir reden oder spielen.
    ...  sprechen wir niemals schlecht über einen anderen.
    ...  schlagen oder streiten wir nicht.
    ...  spielen wir niemals mit Waffen.
    Auch Lilian ist bei den Kindern, sie hüpfen von Matte zu Matte, um den Haien im Meer zu entkommen. Genau wie Jan taucht sie mit Haut und Haar in das Spiel ein, doch manchmal, wenn sie die Kinder ansieht, entdeckt Jan, dass ein trauriger Schatten über ihr Gesicht zieht.
    Als sie schließlich zusammen auf einer Matte landen, möchte er sie fragen, ob irgendetwas nicht stimmt,

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