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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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ging:
    Die Zeit ging rückwärts!
    Viveca begriff, dass sie immer jünger werden würde, und wenn sie nur lange genug wartete, dann würden auch ihre Eltern wieder zum Leben erwachen und ihr Hund Blanker. Dann würde sie nicht mehr allein sein.
    Doch dasselbe würde natürlich mit den großen Knochen im Keller geschehen. Was auch immer es war, das dort lag  – es würde ebenfalls wieder lebendig werden.
    Tick, tack. Die Uhr tickte rückwärts.
    Eines schönen Tages erwachte Viveca, sah auf ihre Hände und erkannte, dass sie klein und glatt geworden waren. Sie war voller Energie und hüpfte aus dem Bett. Sie war tatsächlich wieder ein kleines Mädchen geworden! Vor ihrem Bett bellte ein Hund, und plötzlich sprang ein goldgelber Collie zu Viveca aufs Bett und leckte ihr das Gesicht. Es war Blanker, der wiedererwacht war.
    Ihr Blanker!
    Viveca war glücklich! So glücklich! Jetzt war sie nicht mehr allein im Steinhaus, und sie umarmte Blanker, so fest sie konnte.
    Doch dann hob sie den Kopf und lauschte. Aus der unteren Etage waren Geräusche zu hören. Knochen, die knackten.
    Blanker knurrte. Er rannte zur Tür und bellte. Oje! Viveca hörte etwas Großes und Schweres, das da unten angefangen hatte, sich zu bewegen  ...
    Plötzlich hört Jan ein lautes, fröhliches Klingeln an der Tür. Er zuckt zusammen und sieht zum Flur. Wer ist das? Jan ist acht Stunden mit Vorschulkindern zusammen gewesen, jetzt will er seine Ruhe haben.
    Es klingelt noch einmal. Schnell versteckt er die Bilderbücher in einer der Küchenschubladen, dann geht er in den Flur und öffnet die Tür.
    Â»Hallo, Jan!«
    Ein blonder Mann steht lächelnd draußen im Treppenhaus. Es ist Lars Rettig in seiner Lederjacke.
    Â»Stör ich?«
    Jan fühlt sich ertappt, schüttelt aber den Kopf. »Nein, kein Problem.«
    Â»Darf ich reinkommen?«
    Â»Klar. Komm kurz rein.«
    Die Abendkälte von der Straße hängt noch in Rettigs Jacke und breitet sich im Flur aus, als er die Schuhe auszieht und weiter ins Wohnzimmer geht. In der einen Hand trägt er eine Plastiktüte.
    Â»Entschuldige bitte, dass ich dich so überfalle, aber ich wollte draußen keine Aufmerksamkeit erregen.«
    Er sieht sich zwischen den Möbeln und den an der Wand gestapelten Kartons um. »Meine Güte, du hast ja vielleicht viel Zeug.«
    Â»Das gehört nicht mir«, beeilt sich Jan zu sagen. »Ich wohne zur Untermiete.«
    Â»Ach so.« Rettig setzt sich aufs Sofa und sieht sich weiter um. »Du hast ja auch Trommeln. Spielst du?«
    Â»Ein bisschen.«
    Â»Cool.« Rettigs Augen blitzen, er hat eine Idee: »Dann können wir ja mal eine Jamsession machen. Unser Schlagzeuger bei den Bohemos ist gerade Vater geworden, der kann jetzt nicht bei allen Proben dabei sein.«
    Â»Okay«, sagt Jan, ohne nachzudenken. Er verspürt ein erwartungsfrohes Kribbeln, lässt sich aber nichts anmerken. »Vielleicht kann ich ab und zu mal mitspielen, wenn ihr wollt. Aber ich bin nicht sonderlich gut.«
    Rettig lacht. »Oder bescheiden. Aber das können wir doch ausprobieren, oder?«
    Er nimmt etwas aus der Tüte. Es ist ein dampfender Döner im Brot, in Folie eingewickelt. Er betrachtet ihn hungrig, dann sieht er Jan an.
    Â»Möchtest du?«
    Â»Nein danke. Aber iss nur.«
    Jan schließt die Eingangstür, geht zurück zum Wohnzimmer und lehnt sich an den Türrahmen.
    Â»Woher wusstest du, wo ich wohne?«
    Â»Ich hab im Klinikcomputer nachgesehen. Da sind die Adressen von allen Angestellten abgespeichert.« Rettig beißt in seinen Döner. »Wie läuft’s so im Kindergarten?«
    Â»Gut. Aber es ist eine Vorschule.«
    Â»Okay, dann halt Vorschule.«
    Jan schweigt einen Moment, dann fragt er: »Arbeitest du wirklich im Sankt Patricia?«
    Â»Jaja, klar. Vier Nächte die Woche mit viel Freizeit zwischen den Schichten. Das sind dann die Abende, an denen ich mit den Bohemos spiele.«
    Â»Und du bist da Wachmann?«
    Rettig schüttelt den Kopf. »Wir sagen lieber Pfleger als Wachmann. Ich arbeite mit den Patienten, nicht gegen sie. Die meisten sind völlig friedlich.«
    Â»Begegnest du ihnen?«
    Â»Jeden Tag«, sagt Rettig. »Oder besser gesagt, jede Nacht.«
    Â»Kennst du ihre Namen?«
    Â»Von den meisten«, erklärt Rettig und beißt noch einmal ab. »Aber es kommen ja immer

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