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So bitterkalt

So bitterkalt

Titel: So bitterkalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Jan hat sie überzeugt, ohne selbst an das zu glauben, was er gesagt hat. Ein Mann im Zimmer der Kinder?
    Â»Gut«, sagt er nachdrücklich. »Dann können Ville und Valle ja jetzt schlafen.«
    Sie verlassen das Zimmer. Mira rennt vor ihm her und scheint schon vergessen zu haben, was sie erzählt hat.
    Doch Jan hat es nicht vergessen. Er geht in die Küche zurück, aber die Besprechung ist zu Ende. Nur Andreas steht noch da und spült seine Tasse. Jan gießt sich einen Kaffee ein und fragt beiläufig: »Seid ihr schon fertig?«
    Â»Ja.«
    Â»Und was habt ihr beschlossen?«
    Â»Nicht viel«, antwortet Andreas. »Die Tür muss einfach zu sein. Also sollen wir hinter uns abschließen und auch kontrollieren, dass die anderen das tun.«
    Â»Klingt gut«, sagt Jan.
    In dem Moment hört er die Eingangstür zuschlagen und sieht aus dem Fenster.
    Hanna ist soeben gegangen. Nach ihrer Nachtschicht ist sie nun auf dem Weg nach Hause.
    Jan steigt in seine Stiefel und läuft schnell hinter ihr her. Am Gartentor holt er sie ein und ruft leise: »Hanna?«
    Sie bleibt stehen und dreht sich um, sieht ihn aber an, als würden sie sich nicht kennen.
    Â»Ich muss nach Hause«, sagt sie. »Was gibt’s?«
    Jan schaut sich um – vor der Vorschule sind weder Kinder noch jemand vom Personal zu sehen. Trotzdem will er vorsichtig sein.
    Â»Mira hat Albträume gehabt.«
    Â»Ach so?«
    Hannas Stimme ist kühl und neutral.
    Jan spricht leiser: »Sie hat von einem Onkel geträumt.«
    Â»Ja, und? Das hat sie schon oft getan, das ist ...«
    Â»Er stand heute Nacht im Schlafzimmer an ihrem Bett.«
    Hanna sieht ihn mit leerem Blick an, und Jan spricht noch leiser, bis er schließlich flüstert.
    Â»Hanna. Lässt du nachts jemanden durch die Schleuse? Einen Patienten, der vielleicht zu den Kindern reingegangen ist?«
    Sie senkt den Blick.
    Â»Kein Problem. Das war ein Freund«, murmelt sie.
    Â»Ein Freund? Ein Freund von dir?«
    Hanna antwortet nicht, sondern sieht nur auf die Uhr und beginnt wieder zu gehen. »Gleich kommt mein Bus.«
    Jan seufzt und geht ihr hinterher. »Hanna, wir müssen ...«
    Sie unterbricht ihn, ohne ihn anzusehen: »Ich kann darüber jetzt nicht reden. Du musst mir vertrauen, es ist kein Problem. Wir wissen, was wir tun.«
    Â»Wir? Wer ist wir, Hanna?«
    Doch sie geht einfach weiter in Richtung Bushaltestelle.
    Jan bleibt zurück und sieht ihr nach, als sie über die Straße geht. Er denkt an die alte lustige Geschichte, die gar nicht sonderlich lustig ist:
    Wer war die Dame, mit der ich dich gestern gesehen habe?
    Das war keine Dame, das war meine Frau.
    Doch als er zur Vorschule zurückgeht, hört er in seinem Innern Mira fragen: Jan, wer war der Onkel, den ich heute Nacht an meinem Bett gesehen habe?
    Und er hört sich selbst antworten:
    Das war kein Onkel. Das war Ivan Rössel.

35
    Als Jan nach der Tagschicht in der Vorschule auf dem Weg nach Hause ist, fasst er für sich insgeheim einen Beschluss: Es wird für ihn keine heimlichen Besuche in Sankt Psycho mehr geben. Nicht im Keller, nicht im Besuchszimmer. Nach der Besprechung mit Marie-Louise heute muss Schluss sein damit.
    Er glaubt nicht, dass er selbst vergessen hat, die Kellertür zu schließen. Wahrscheinlich war es Hanna, aber das spielt keine Rolle. Auch Hanna sollte, nein, muss jetzt ihre nächtlichen Besuche in der Klinik einstellen.
    Doch als er nach Hause kommt, wartet dort Post auf ihn.
    Auf dem Teppich im Flur liegt ein großer dicker Brief – allerdings nicht für ihn. Er ist nur der Kurier, denn auf dem Umschlag steht: S. P.
    Jan seufzt leise und steigt mit einem langen Schritt über den Briefumschlag hinweg. Er will den Brief gar nicht berühren, doch natürlich kann er da nicht liegen bleiben. Also hebt er ihn schlussendlich doch auf, und da er ihn nun schon in Händen hält, kann er genauso gut versuchen, ihn zu öffnen.
    Sechsunddreißig kleine und große Briefe sind darin. Jan blättert sie vorsichtig am Küchentisch durch. Keiner ist an Maria Blanker adressiert, doch elf der Briefe gehen an dieselbe Person: Ivan Rössel. Der Mann scheint viele Brieffreunde zu haben.
    Aber was wollen die Leute von ihm?
    Jan überlegt kurz und denkt an Hanna und an die offen stehende Kellertür. Dann nimmt er sich rasch einen der Briefe an Rössel. Es ist ein

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