So erregend rätselhaft (German Edition)
schließlich Männer übersehen, weil sie nicht Jewels offene Sinnlichkeit besaß? Wie oft hatte sie miterleben müssen, wie ihre Schwester mit einem Kerl ausging, in den sie, Lucy, heimlich verliebt war?
Zu oft. Sie wusste nur allzu gut, wie man sich dabei fühlte.
Und so verrückt es war, passierte es nicht gerade schon wieder? Da war sie drauf und dran, ihr Herz an Dex zu verlieren, und der einzige Grund, warum er überhaupt Notiz von ihr nahm, war der, dass er sie für Jewel hielt.
Sie litt genauso unter Jewels Macht über Männer wie Raina. Zudem konnte sie mit Sicherheit auf dem Empfang, zu dem sie beordert worden war, eine Freundin gebrauchen. Das allein war Grund genug für eine weitere versöhnliche Geste.
„Kann ich davon ausgehen, dass Sie auch an dem Empfang teilnehmen?“ Raina nickte. „Da war es ja wirklich nicht sehr nett von ihm, Sie für Sonderdienste einzusetzen, wenn Sie sich selbst fertig machen müssen.“
Raina zuckte resigniert mit den Schultern. „Ich bin Dereks Mädchen für alles. Und manchmal auch für Dex, weil wir ja im gleichen Büro arbeiten. Ich erledige für sie, was eben zu erledigen ist.“
„Himmel, ich hoffe, sie zahlen Ihnen ein hübsches Sümmchen dafür.“
Endlich zeigte sich ein Lächeln auf Rainas kühler Miene. „Also, zumindest ist es nicht zu meinem Schaden.“
Lucy lachte, dann hatte sie eine Idee. „Hören Sie, wenn Dex die Rechnung für diesen Verschönerungsnachmittag übernimmt, warum kommen Sie dann nicht mit? Ich fände es großartig, wenn sich jemand meiner ruinierten Haare annehmen würde …“ Das schreiende Rot, das Jewel so gut gefiel, versetzte ihr jedes Mal, wenn sie in den Spiegel sah, einen Stich. „Aber ich brauche ganz bestimmt keine Maniküre oder Pediküre. Gönnen wir Mädchen uns doch einen netten Nachmittag.“
Schließlich ließen Lucy und Raina sich doch die Nägel machen. Ein paarmal war Lucy zwar schon im Nagelstudio in der Nähe ihrer Wohnung gewesen, jedoch noch nie stundenlang in einem Schönheitssalon, der Ganzkörper-Service bot. Bei der leisen klassischen Musik, dem gedämpften Licht, dem Massagesessel und dem duftenden Kräutertee hätte nicht viel gefehlt, und sie wäre eingeschlafen, während ihre Haare gefärbt wurden.
Vier Stunden später verließ sie den Salon und fühlte sich einfach großartig. Weitere zwei Stunden später saß sie in schimmernde petrolfarbene Seide gehüllt neben Raina im Fond der Limousine, mit der Dex sie abholen ließ.
Raina, die den Nachmittag über immer weiter aufgetaut war, sah sie wohlwollend an. „Diese Haarfarbe steht Ihnen gut.“
„Wirklich?“ Bemerkenswerterweise hatte der Friseur einen Farbton gewählt, der ihrem eigenen natürlichen Braunton sehr nahekam. Er hatte ein paar rotbraune Highlights gesetzt und den Fransenbob neu geschnitten, und Lucy fühlte sich jetzt weniger wie eine blasse Imitation von Jewel, sondern eher wie eine etwas strahlendere Version ihrer selbst. Sie lächelte. „Vielleicht behalte ich sie bei.“
„Das sollten Sie.“ Raina zögerte, ehe sie ergänzte: „Sie sind ganz und gar nicht so, wie ich geglaubt habe.“
„Ja, das höre ich in letzter Zeit häufiger.“ Als Raina sie fragend ansah, fügte Lucy hinzu: „Ich nehme an, Mutter zu werden hat mich wirklich verändert.“
„Das kann ich mir vorstellen. Ich bin die älteste von fünf Geschwistern. Sich um die Kleinen zu kümmern macht einen entweder verrückt oder zu einem besseren Menschen. Meistens beides.“
Lucy lachte leise, aber es klang gezwungen. Sie mochte Raina, und doch log sie auch sie an. Sich vorzustellen, wie Raina reagieren würde, wenn sie hinter die Wahrheit kam – was unweigerlich passieren würde –, brachte Lucy in große Verlegenheit. Weitere Lügen. Weitere Täuschungsmanöver. Und es wurde immer schwieriger, sich einzureden, dass ihre Motive das alles rechtfertigten.
Zum Glück musste sie erst einmal nicht weiter darüber nachdenken, da die Limousine vor dem Gebäude hielt, in dem sich die Zentrale von Messina Diamonds befand. Obwohl sie die meiste Zeit ihres Lebens in Dallas gelebt hatte, war sie eigentlich noch nie nachts in der Innenstadt gewesen. Anders als in Chicago oder New York wimmelte es in der Innenstadt von Dallas nicht von Menschen, die aus Restaurants oder Bars kamen. Doch heute Abend schien das anders zu sein. Vor dem Gebäude fuhr eine Limousine nach der anderen vor, und elegant gekleidete Männer und Frauen stiegen aus.
Lucy vergewisserte sich,
Weitere Kostenlose Bücher