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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Hand erneut durch die Luft fuhr, spürte Tommy das Streicheln verdrängter Luft auf seiner Wange eine Zehntelsekunde, bevor sie ihn erreichte, und konnte sich rechtzeitig ducken, sodass die Hand nur über seine Haare strich. Er setzte seine Bewegung fort, warf sich flach auf den Bauch und schlängelte sich über den Boden, wedelte mit den Händen über den Boden, schwamm auf dem Trockenen.
    Das Feuerzeug, das Feuerzeug …
    Etwas piekste an seiner Wange. Als er begriff, dass es die Zehennägel des Wesens waren, rollte er sich schnell herum, um nicht mehr an der gleichen Stelle zu sein, wenn die Hände kamen, um nach ihm zu suchen.
    Hier. Ist dort. Wo ich nicht.
    Es spritzte aus seinem Mund heraus. Er versuchte es zu unterdrücken, aber es ging nicht. Speichel spritzte ihm aus dem Mund, und aus seinem heiser gebrüllten Hals drangen Gluckser des Lachens oder Weinens, Schluchzer, während seine Hände, zwei Radarstrahlen auf der Suche nach dem einzigen Vorteil, den er gegenüber der Dunkelheit, die ihn holen wollte, vielleicht, vielleicht hatte, weiter über den Boden schweiften.
    Lieber Gott, hilf mir. Lass das Licht deines Gesichts … Lieber Gott … verzeih mir das in der Kirche, verzeih mir … alles. Lieber Gott. Ich werde immer fest an dich glauben, was immer du willst, wenn du mich nur … das Feuerzeug finden lässt … sei mein Freund, bitte Gott.
    Es passierte etwas.
    Als Tommy spürte, dass die Hand des Wesens über seinen Fuß tastete, war der Raum im gleichen Moment für den Bruchteil einer Sekunde in blauweißes Licht gehüllt, wie von einem Blitzlicht erhellt, und Tommy sah während dieses Sekundenbruchteils tatsächlich die umgekippten Kartons, die ungleichmäßige Struktur der Wand, die Passage in die Lagerräume.
    Und er sah das Feuerzeug.
    Es lag nur einen Meter von seiner rechten Hand entfernt, und als sich die Dunkelheit von Neuem um ihn schloss, hatte sich die Position des Feuerzeugs auf seiner Netzhaut eingebrannt. Er zerrte seinen Fuß aus dem Griff des Wesens, streckte den Arm aus, bekam das Feuerzeug zu fassen, umklammerte es, sprang auf.
    Ohne sich Gedanken darüber zu machen, ob dies zu viel verlangt sein könnte, setzte er in Gedanken zu einem Stoßgebet an.
    Lass es blind sein, lieber Gott. Lass es blind sein. Gott. Lass es …
    Er zündete das Feuerzeug an. Ein Blitz ähnlich dem von eben, dann leuchtete die gelbe Flamme mit ihrem blauen Kern.
    Das Wesen stand still, sein Kopf wandte sich nach dem Geräusch um, und es bewegte sich darauf zu. Die Flamme flackerte, als er zwei Schritte zur Seite wich und die Tür erreichte. Das Wesen blieb stehen, wo Tommy drei Sekunden zuvor gestanden hatte.
    Wenn er in der Lage gewesen wäre, sich zu freuen, hätte er es sicher getan. Aber im fahlen Licht des Feuerzeugs wurde alles unbarmherzig wirklich. Er konnte sich nicht länger in die Vorstellung flüchten, dass er überhaupt nicht da war, dass dies alles nicht ihm widerfuhr.
    Er war mit dem, wovor er am meisten Angst hatte, in einem geräuschisolierten Raum eingeschlossen. Sein Bauch rumorte, aber seine Eingeweide waren leer. Es kam nur etwas Luft, und das Wesen drehte einmal mehr den Kopf in seine Richtung.
    Tommy zerrte mit seiner freien Hand am Drehrad des Schließmechanismus, weshalb die Hand, in der er das Feuerzeug hielt, zitterte und die Flamme erneut erlosch. Das Drehrad rührte sich nicht von der Stelle, aber Tommy hatte aus den Augenwinkeln noch wahrgenommen, dass dieses Wesen direkt auf ihn zukam, und warf sich fort von der Tür und hin zu der Wand, an der er zuvor gesessen hatte.
    Er schluchzte, wimmerte.
    Lass Schluss sein. Lieber Gott, lass Schluss sein.
    Erneut sah er den großen Elefanten vor sich, der den Hut hob und mit nasaler Stimme sagte:
    Jetzt ist hier Schluuuss! Stoßt in die Trompete, den Rüssel, Tröööt! Jetzt ist Schluss!
    Ich werde verrückt, ich … es …
    Er schüttelte den Kopf, zündete erneut das Feuerzeug an. Dort, auf dem Fußboden vor ihm, stand die kleine Statue. Er bückte sich, hob sie auf, hüpfte zwei Schritte zur Seite, bewegte sich zur anderen Wand. Schaute zu, während das Wesen mit den Händen den leeren Raum absuchte, den er soeben verlassen hatte.
    Blindekuh.
    Das Feuerzeug in der einen Hand, die Statue in der anderen. Er öffnete den Mund, um es zu sagen, brachte aber nur ein zischelndes Flüstern heraus.
    »Komm doch …«
    Das Wesen lauschte, wandte sich um, kam auf ihn zu.
    Er hob Staffans Trophäe wie eine Keule, und als das Wesen nur noch

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