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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Hinterhof verließ, und verschwand.
    Oskar betrachtete den Würfel in seiner Hand. Unglaublich.
    Er drehte eine Sektion einmal weiter, sodass sich die Einheitlichkeit auflöste. Anschließend drehte er sie wieder zurück, wollte den Würfel so lassen. Eine Zeit lang.
    *
    Jocke Bengtsson lachte auf dem Heimweg vom Kino leise in sich hinein. Die Komödie über eine Pauschalreise auf die Kanaren war wirklich urkomisch gewesen. Besonders die beiden Saufkumpane, die während des ganzen Films Peppes Bodega suchten. Als der eine seinen sternhagelvollen Kumpel im Rollstuhl durch den Zoll fuhr: »invalido«. Oh ja, verdammt lustig.
    Vielleicht sollte man ja selber mit einem der Jungs mal eine Reise machen. Aber mit wem konnte man fahren?
    Karlsson war so langweilig, dass sich einem die Zehen aufrollten, er würde einem schon nach zwei Tagen mächtig auf den Senkel gehen. Morgan konnte ziemlich unangenehm werden, wenn er zu viel soff, und das würde er garantiert tun, wenn es so billig war. Larry war okay, aber so verdammt gebrechlich. Am Ende musste man ihn womöglich auch in einem Rollstuhl herumbugsieren. »Invalido«.
    Nein, der Einzige, der in Frage kam, war Lacke.
    Sie könnten da unten eine Woche lang richtig Spaß haben. Andererseits war Lacke arm wie eine Kirchenmaus und würde sich so etwas niemals leisten können. Jeden Abend schnorrte er Bier und Kippen. Jocke hatte nichts dagegen, aber für eine Reise auf die Kanaren hatte Lacke einfach nicht das nötige Kleingeld.
    Man musste den Tatsachen wohl ins Auge sehen; keiner der Jungs vom Chinesen taugte als Reisebegleitung.
    Konnte er alleine reisen?
    Aber ja, Stig-Helmer hatte es schließlich auch gemacht. Obwohl er völlig neben der Spur war. Aber dann hatte er ja Ole getroffen. Und eine Braut gefunden und alles. Das wäre wirklich gar nicht so dumm. Acht Jahre war es mittlerweile her, dass Maria ihn verlassen und den Hund mitgenommen hatte, und seither hatte er kein einziges Mal im biblischen Sinne eine Frau erkannt.
    Aber würde es überhaupt eine geben, die ihn haben wollte? Vielleicht. Jedenfalls sah er nicht so beschissen aus wie Larry. Der Alkohol hatte zwar von seinem Gesicht und Körper Tribut gefordert, aber er hatte die Sache halbwegs im Griff. Heute hatte er beispielsweise noch keinen Tropfen getrunken, obwohl es schon fast neun war. Jetzt würde er jedenfalls nach Hause gehen und zwei, drei Gin Tonic trinken, ehe er zum Chinesen ging.
    Über die Sache mit der Reise musste man wohl noch einmal in Ruhe nachdenken. Wahrscheinlich würde daraus genauso viel werden wie aus allem anderen, was man in den letzten Jahren tun oder anpacken wollte: nichts. Aber man durfte doch wohl noch träumen.
    Er ging den Parkweg zwischen Holbergsgatan und Blackebergschule hinab. Es war einigermaßen dunkel, die Laternen standen in einem Abstand von vielleicht dreißig Metern, und das chinesische Restaurant schimmerte wie eine Leuchtboje auf der Anhöhe zu seiner Linken.
    Sollte er heute Abend mal richtig auf den Putz hauen? Direkt zum Chinesen gehen und … nee. Das wurde zu teuer. Dann würden die anderen denken, er hätte im Lotto gewonnen, und ihn für einen verdammten Geizkragen halten, wenn er nicht alle freihielt. Da ging er lieber nach Hause und verschaffte sich erst einmal eine ordentliche Grundlage.
    Er ging unterhalb der Wäscherei vorbei, ihr Schornstein mit seinem einsamen roten Auge, das dumpfe Dröhnen aus ihren Eingeweiden.
    Eines Nachts, als er gründlich abgefüllt nach Hause gegangen war, hatte er eine Art Halluzination gehabt und gesehen, wie sich der Schornstein vom Gebäude löste und knurrend und zischend auf ihn zukommend den Hang herunterrutschte.
    Er hatte sich auf dem Parkweg zusammengekauert und die Hände schützend über den Kopf gehalten und auf den Einschlag gewartet. Als er die Arme schließlich wieder gesenkt hatte, stand der Schornstein, wo er immer gestanden hatte, imposant und unverrückbar.
    Die Laterne vor der Unterführung unter der Björnsonsgatan war kaputt und der Weg unter der Brücke ein Gewölbe aus Dunkelheit. Hätte er einen im Kahn gehabt, wäre er vermutlich die Treppen neben der Brücke hinaufgestiegen und hätte die Björnsonsgatan genommen, obwohl es ein kleiner Umweg war. Wenn er genügend getankt hatte, konnte er im Dunkeln verdammt seltsame Visionen bekommen, weshalb er auch immer bei Licht schlief. Aber jetzt war er stocknüchtern.
    Er hatte nicht übel Lust, trotzdem die Treppen zu nehmen. Die Suffvisionen sickerten

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