So fühlt sich Leben an (German Edition)
Seitenblick auf Jumbo die Tür geöffnet. Im nächsten Moment ging die Party ab. Helme flogen durch die Luft. Der VW -Bus mit dem Täter fuhr vorsichtshalber los.
Als sich die erste Aufregung gelegt hatte, haben sie den Tatort gesichert, Gespräche mit uns geführt und nach der Tatwaffe gefragt. Der Veranstalter hatte sich offenbar verzogen. Ich wurde zum Verhör in ein Polizeiauto gebracht. Es dauerte nicht lang, und ich war wieder frei. Das Rambomesser hatte ich nicht erwähnt. Ich fuhr nach Hause. Ich war völlig im Eimer. Ich kannte den Toten nicht, aber er tat mir unendlich leid. Am Ende haben sie siebenundzwanzig Stiche in seinem Körper gezählt.
Am nächsten Morgen, ich war gerade aufgestanden, rief mich mein Vater an.
» Hast du heute schon die Zeitung gelesen?«
» Nee. Wieso?«
» Hast du gestern nicht vor demTo Be gestanden? Hier steht, dass die Security versagt hat. Auf der Titelseite.«
Das darf nicht wahr sein, dachte ich. Was machst du jetzt? Kannst du nicht so stehen lassen. Musst du dich drum kümmern. Ich das LKA angerufen und mich als einer der Türsteher zu erkennen gegeben, die gestern Nacht dabei waren. » Ich würde gern Licht ins Dunkel bringen.« Ich wurde sofort eingeladen, und der Ermittler legte die Tatwaffe vor mich hin.
» Kennen Sie dieses Messer?«
» Ja, kenn ick.«
» Und wem gehört dieses Messer?«
Da habe ich den Hergang von A bis Z geschildert. Dem Ermittler leuchtete ein, dass mich keine Schuld an dem Schlamassel traf.
» Gut, dass Sie hier waren. Die Ermittlungen laufen. Wir brauchen Sie als Zeugen.«
Als es zur Gerichtsverhandlung kam, habe ich den Täter vor versammelter Mannschaft angesprochen und dem Kerl ins Gesicht gesagt, was mir zu ihm so einfiel. Nämlich, dass ich ihn für einen Mörder halte. Wer mit einem solchen Ding durch die Gegend rennt, der will sich nicht verteidigen, der will Schaden anrichten. Die Richterin wusste allerdings schon Bescheid, der Staatsanwalt auch, und für mich hatte die Sache bis auf die Bilder in meinem Kopf keine weiteren Folgen.
21 | Die ganz große Chance
Mittlerweile fielen die Preise an der Tür ins Bodenlose. Unter zehn Euro die Stunde stellst du dich nicht dahin, hatte ich mir gesagt. In den guten Zeiten war ich auf fünfunddreißig, vierzig gekommen. Inzwischen hieß es: sieben Euro. Vor dem To Be gab’s einen Zehner. Das war’s natürlich nicht wert. Aber das Geld von der Tür war meine einzige feste Einnahmequelle, solange die Verhandlungen mit McDonald’s liefen, und die zogen sich hin, am Ende über ein ganzes Jahr. Ich also weitergemacht, obwohl mir der Tod schon zugezwinkert hatte.
Und der Ärger häufte sich. Selbst am Springpfuhlhaus wurde es ungemütlich. Das war ein kleiner Klub in Marzahn, in meinem alten Viertel, gleich am Helene-Weigel-Platz seligen Angedenkens. Da hatte die Freundin eines meiner Kollegen die Organisation der Türsteher übernommen, und die war eine Furie. Jeden Abend saß sie mit einer Fresse da und beleidigte die Gäste, und wenn ein Kunde zur Begrüßung angepflaumt wird, kann die Tür das ausbaden, da ist der erste Stress vorprogrammiert.
Irgendwann hatte ich die Faxen dicke. » Coco«, habe ich gesagt, » pass mal auf, so funktioniert das nicht. Jeden Abend keilen wir uns mit irgendwelchen Typen, die Probleme mit dir haben. Ich hab keinen Bock mehr, mein Gesicht für dich hinzuhalten. Halt doch einfach mal den Mund.« Natürlich lief sie zu ihrem Macker, und der war erbost. » Deine Freundin hat nicht alle Latten am Zaun«, habe ich ihm gesagt. » Die hat ’ne aufgeweichte Schrippe in der Birne. Du müsstest die mal reden hören. Und wir halten die Köppe für deine Alte hin. Nur, weil du sie nicht im Griff hast.«
Das saß, aber geändert hat sich nichts. Als es den nächsten Stress gab, habe ich sie gerufen.
» Coco, kommst du mal?!«
» Wat denn?«
» Hier, keil du dich mit denen.«
Daraufhin hat sie von einem Mädel draußen tatsächlich eine verpasst gekriegt. Steffen war dabei. » Richtig geil«, sagte er. » Du hast Eier, Stolli.« Aber damit war der Springpfuhl-Klub für mich gegessen.
Es machte einfach keinen Spaß mehr. Ich bat darum, mir zur Abwechslung eine ruhige Tür zu geben. » Geh nach Köpenick«, hieß es. » Das ist ’ne absolut ruhige Tür.« Und genau da passierte es. Niemand hätte damit gerechnet. In jedem anderen Klub, hättest du gesagt, aber nicht in Köpenick, wo die Leute friedlich draußen an der Spree sitzen und nichts anderes im Sinn
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