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So funktioniert die Wirtschaft

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Titel: So funktioniert die Wirtschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Haering
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oder Überauslastung spricht, muss man berücksichtigen, dass die Produktionsfaktoren (Arbeit und Kapital) im Normalbetrieb nicht zu 100 % ausgelastet sind. So erheben die Statistiker durch Umfragen regelmäßig die „Kapazitätsauslastung“ in der Industrie. Sie liegt bei normaler Konjunkturlage i. d. R. um 80 %. Das heißt, die Betriebe könnten, wenn die Nachfrage anzieht, bis zu einem Viertel mehr produzieren, ohne in neue Maschinen und Anlagen investieren zu müssen. Das können sie tun, indem sie die Maschinen länger laufen lassen oder bisher brachliegende Maschinen anfahren, indem sie die Arbeitszeit der Beschäftigten erhöhen, die Intensität der Arbeit steigern oder zusätzliche Arbeitnehmer einstellen.
    Die Trennung in Konjunktur (Auslastungsschwankungen) und Wachstum (Steigerung des Produktionspotenzials) ist in der Realität bei weitem nicht so scharf, wie die Ökonomen es gerne darstellen. Das konjunkturelle Auf und Ab kann sich über Rückkopplungen in die eine oder die andere Richtung verfestigen. So hat in den drei Jahrzehnten bis etwa 2005 jede neue Rezession zu einer dauerhaften Erhöhung der Arbeitslosigkeit geführt, welche nachfolgend das Wachstumspotenzial drückte (siehe die folgende Abbildung).
    Wie aus Konjunkturschwäche Wachstumsschwäche wird
    Umgekehrt führt eine Ausweitung des Produktionspotenzials durch zusätzliche Investitionen dazu, dass mehr Einkommen entsteht. Dadurch steigen die Nachfrage und die Zuversicht der Verbraucher sowie der Investoren und das erhöhte Produktionspotenzial wird noch besser ausgelastet (siehe die folgende Abbildung).
    Wie Wachstum und Konjunktur sich gegenseitig antreiben
    Wenn es keine gegenläufigen, ausgleichenden Einflussfaktoren gäbe, würden solche Rückkopplungsprozesse entweder zum Zusammenbruch von Wirtschaften oder zu explosionsartigem Wachstum führen.
    Ein wichtiger ausgleichender Faktor sind die Löhne. Wenn die Beschäftigung zunimmt, steigen normalerweise auch die Löhne, und umgekehrt. Das verteuert die Produktion, erhöht allerdings auch die Nachfrage. Die Frage, wie wirksam solche ausgleichenden, gegenläufigen Effekte innerhalb des freien Wirtschaftsgeschehens verhindern, dass sich Wirtschaftswachstum oder -schrumpfung immer stärker selber antreiben, ist eine der bedeutsamsten Konfliktlinien innerhalb der Ökonomie.
    Die einen, die kein großes Vertrauen in diesen Mechanismus haben, berufen sich auf John Maynard Keynes, der dem Staat eine wichtige Rolle beim Ausgleich von Wirtschaftsschwankungen zuschrieb. Keynes zufolge wirken dabei zum einen automatische Stabilisatoren , zum anderen gezielte Maßnahmen der Wirtschaftspolitik.
    Wichtig
    Automatische Stabilisatoren sind staatliche Ausgaben wie Arbeitslosengeld, die im Abschwung automatisch steigen und im Aufschwung sinken, sowie staatliche Einnahmen, die im Abschwung sinken und im Aufschwung steigen, wie das bei den meisten Steuern und Sozialabgaben der Fall ist. Auf diese Weise entzieht der Staat, wenn er die Regeln und sonstigen Ausgabenpläne nicht ändert, der Wirtschaft im Aufschwung Geld und führt ihr im Abschwung zusätzliche Mittel, das heißt Nachfrage, zu.
    Aktiv begegnen kann der Staat einem Wirtschaftsabschwung, indem er sich im Rahmen eines Konjunkturprogramms entscheidet, mehr Geld auszugeben, z. B. für Straßenbau und Sanierung von Gebäuden. Das tat die deutsche Regierung etwa mit zwei Konjunkturprogrammen in den Krisenjahren 2009 und 2010. Zu den Maßnahmen gehörte auch eine sog. Abwrackprämie, mit der Autofahrer ermutigt wurden, sich neue Fahrzeuge zu kaufen.
    Kritiker der an Keynes orientierten Wirtschaftspolitik und -theorie setzen darauf, dass die Wirtschaft von selbst wieder ins Gleichgewicht findet, und/oder bezweifeln, dass der Staat tatsächlich in der Lage ist, Wirtschaftsschwankungen auszugleichen. Eines ihrer wichtigsten Argumente lautet, dass es zu lange dauere, bis ein Konjunkturprogramm verabschiedet sei und das Geld tatsächlich fließe. Zudem führen sie an, dass der Staat ohnehin zu stark zum Geldausgeben neige.
    Eine andere Möglichkeit, wirtschaftspolitisch gegen Konjunkturschwankungen vorzugehen, liegt darin, im Abschwung mehr und billigeres Geld bereitzustellen und es im Aufschwung knapper beziehungsweise teurer zu machen. Mit den entsprechenden Instrumenten werden wir uns im Kapitel „Geld“ befassen.
    Richtet

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