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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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umkamen.
     
    Es war, als hätte jemand das Licht in ihrem Inneren ausgeschaltet. Abby las rasch den ganzen Artikel:
     
    Die skelettierte Leiche von Joanna Wilson, 29, wurde am vergangenen Freitag in einem Abflusskanal auf der Baustelle des New England Quarter im Zentrum von Brighton entdeckt. Sie war Wilsons erste Ehefrau. DI Elizabeth Mantle, leitende Ermittlerin der Kripo Sussex, bestätigte dies heute Morgen gegenüber unserer Zeitung. Die Polizei von Sussex steht vor einem Rätsel, da die zweite Leiche, Mrs Lorraine Wilson, laut Autopsiebefund etwa zwei Jahre im Barwon River gelegen hat. Wie unsere Zeitung damals berichtete, hatte Mrs Wilson im November 2002 angeblich Selbstmord begangen, indem sie während einer Nachtüberfahrt von der Kanalfähre Newhaven-Dieppe sprang. Offiziell wurde der Fall nie aufgeklärt. DI Mantle erklärte, die Ermittlungen bezüglich des »Selbstmords« würden umgehend wieder aufgenommen.
     
    Abby schaute sich noch einmal alle Fotos an, kehrte aber immer wieder zu dem Mann in der Mitte zurück. Es war, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. Sie machte ein paar Schritte nach links und klammerte sich an eine Tischkante, um nicht umzufallen. Die Wände um sie herum schienen sich aufzulösen.
    Dann fragte eine körperlose Stimme: »Hallo? Stimmt etwas nicht?«
    Sie sah die Briefmarkenhändlerin in der Tür stehen. Sie zog an ihr vorbei wie der Helfer auf einem Kirmeskarussell. »Möchten Sie sich hinsetzen?«, fragte die Stimme. Das Karussell drehte sich allmählich langsamer. Abby zitterte und schwitzte gleichzeitig.
    »Es geht schon«, keuchte sie und schaute wieder zu der Zeitung. »Eine interessante Geschichte«, bemerkte die Frau und sah sie besorgt an. »Er war auch im Briefmarkenhandel. Ich habe ihn gekannt.« »Aha.«
    Abby hörte kaum, dass die Frau ihr 2350 Pfund für die Briefmarken anbot. Sie nahm das Geld in Fünfzig-Pfund-Scheinen entgegen und steckte es achtlos in die Tasche.
    105
    OKTOBER 2007 Abby trat wie betäubt auf die Straße hinaus. Sie merkte kaum, dass ihr Handy klingelte.
    »Ja?«, meldete sie sich schließlich.
    Es war Ricky. Er war kaum zu verstehen, weil der Verkehr an ihr vorbeidonnerte. »Warte mal«, sagte sie und schlüpfte in einen Hauseingang. »Tut mir leid, was hast du gesagt?«
    »Ich mache mir Sorgen um deine Mutter.«
    Sie musste den Kloß in ihrer Kehle hinunterschlucken und tief durchatmen, bevor sie antworten konnte. »Bitte«, stieß sie hervor, »bitte sag mir, wo sie ist, Ricky, oder bring sie zu mir.«
    »Sie braucht ihre Medikamente, Abby.«
    »Die hole ich. Sag mir nur, wohin ich sie bringen soll.«
    »So einfach ist das nicht.«
    Ein Bus hielt genau vor ihr. Der Motor war so laut, dass sie nichts verstehen konnte. Sie trat wieder in den Regen hinaus, eilte die Straße entlang und stellte sich in einem anderen Eingang unter. Der Ton, in dem er den letzten Satz gesprochen hatte, gefiel ihr gar nicht.
    Plötzlich überkam sie entsetzliche Angst, dass ihre Mutter tot sein könnte. Hatte ein Krampf sie umgebracht? Sie hatten doch eben noch miteinander gesprochen.
    Abby konnte die Tränen nicht zurückhalten. Zuerst der Schock des Zeitungsartikels und jetzt das. Sie war vollkommen außer sich.
    »Geht es ihr gut? Bitte sag mir, ob es ihr gut geht.«
    »Nein, tut es nicht.«
    »Aber sie lebt.«
    »Noch.« Damit hängte er ein.
    »Nein!«, schrie Abby. »Bitte nicht!«
    Sie lehnte sich gegen die Tür des Ladens, kümmerte sich nicht darum, ob jemand sie beobachtete. Tränen und Regen brannten ihr in den Augen, sie konnte kaum noch etwas sehen. Dennoch bemerkte sie den kleinen braunen Wagen, der an ihr vorbeifuhr.
    Darin saßen zwei Männer, der Beifahrer telefonierte. Beide hatten kurzes Haar, einer war kahl rasiert, der andere trug einen Bürstenschnitt. Militärische Typen. Oder von der Polizei.
    Die beiden schauten sie an, genau wie die Männer in dem blauen Wagen, der an ihr vorbeigefahren war, als sie zu Hawkes ging. Die Zeit auf der Flucht hatte ihren Blick für solche Dinge geschärft. Mit den beiden Wagen stimmte etwas nicht.
    Beide Beifahrer hatten telefoniert.
    Beide hatten zu ihr herübergeschaut.
    Hatte Hugo Hegarty die Polizei angerufen? Wurde sie beschattet?
    Der braune Wagen steckte im Stau Richtung Süden. Wurde sie auch aus anderen Autos beobachtet oder von Leuten, die zu Fuß unterwegs waren?
    Panisch schaute sie sich um und rannte los, bog nach links in eine Gasse, in der stinkende Mülleimer standen. Sie

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