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So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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schaute gierig auf die Nummern. »426?«
    Sie zeigte nach links, worauf er die letzten Meter im Laufschritt zurücklegte.
    Er schob den flachen Schlüssel in den senkrechten Schlitz und drehte vorsichtig. Er spürte, wie sich der Schlüssel im gut geölten Schloss bewegte. Er drehte ihn einmal ganz herum und horchte auf die Bolzen. Schlösser hatten ihn schon immer fasziniert, und er wusste auch, wie die meisten funktionierten. Er zog am Schlüssel, doch die Tür rührte sich nicht. Der Mechanismus war komplexer, als er gedacht hatte. Er drehte den Schlüssel noch einmal herum, worauf sich weitere Bolzen bewegten. Er zog an der Tür.
    Sie schwang auf. Fassungslos starrte er in das leere Schließfach.
    Er schoss herum, fluchte unbeherrscht. Doch seine Schimpfworte trafen ins Nichts.
    70
    OKTOBER 2007 Abby sprintete. In Melbourne war sie fast jeden Morgen gelaufen und immer noch recht gut in Form, obwohl sie in den vergangenen Monaten wenig trainiert hatte.
    Sie rannte einfach geradeaus, ohne sich umzusehen, überquerte den Parkplatz von Southern Deposit Security, lief durch das Tor und den Hügel hinauf. Bevor sie nach rechts in das Gebüsch tauchte, das den Parkplatz bei den Geschäften umgab, warf sie einen Blick nach hinten.
    Von Ricky war noch nichts zu sehen.
    Sie drängte sich durch die Büsche und stieß um ein Haar mit einem Van zusammen, der von einer gehetzt aussehenden Frau gefahren wurde, rannte über den Parkplatz zu einem Möbelgeschäft und blieb dort stehen.
    Noch immer keine Spur von Ricky.
    Sie betrat das Gebäude, in dem ihr sofort der unverkennbare Geruch neuer Möbel in die Nase drang, und schlängelte sich zwischen den Kunden hindurch, vorbei an Büroeinrichtungen und kompletten Wohn- und Schlafzimmern. Schließlich fand sie sich in der Badezimmerabteilung im hinteren Bereich des Ladens inmitten von Duschkabinen wieder. Rechts von ihr stand ein besonders schickes Exemplar.
    Sie schaute durch den Gang zurück. Kein Ricky.
    Ihr Herz hämmerte, als tanzte es lose in ihrer Brust. In der Hand hielt sie noch die Plastikhülle mit dem Zugangsausweis von Southern Deposit Security. Ricky hatte ihr verboten, die Handtasche aus der Wohnung mitzunehmen, doch es war ihr gelungen, das Handy heimlich in den Ausschnitt zu stecken, dazu etwas Bargeld, die Kreditkarte und den Schlüssel zur Wohnung ihrer Mutter. Das Handy hatte sie vorsichtshalber ausgeschaltet. Nun schaltete sie es wieder ein und wählte die Nummer in Eastbourne.
    Niemand meldete sich. Sie hatte ihre Mutter monatelang angefleht, sich endlich einen Anrufbeantworter zu kaufen – vergeblich. Nach endlosem Klingeln wechselte der Ton zu einem lang gezogenen Piepsen. Sie versuchte es noch einmal.
    In der schicken Dusche war eine Sitzbank aus Holz angebracht. Abby klappte sie herunter, setzte sich und drückte das Handy ans Ohr. Noch immer meldete sich niemand. Sie dachte fieberhaft nach.
    Wie lange konnte sie Ricky hinhalten? Ihr Plan war nicht richtig durchdacht. Im Augenblick konnte sie keinen klaren Gedanken fassen, lief wie auf Autopilot, dachte nur von einer Minute zur nächsten.
    Ricky hatte gedroht, ihrer Mutter Gewalt anzutun, einer kranken älteren Frau. Abby ermahnte sich, nicht zu vergessen, dass sie trotz allem am längeren Hebel saß. Ricky konnte ihr drohen, soviel er wollte, sie besaß alles, was er haben wollte. Der einzige Weg zu den Reichtümern, die er begehrte, führte über sie.
    Nur …
    Nur hatte sie es nicht mit einem normalen Menschen zu tun. Ricky handelte wie eine Maschine. Sie vergrub das Gesicht in den Händen.
    Abby fuhr heftig zusammen, als eine Stimme ertönte.
    »Alles in Ordnung? Kann ich Ihnen helfen, Madam?«
    Ein junger Verkäufer in Anzug und Krawatte, der laut Namensschild Jason hieß, stand vor der Dusche. Sie schaute hoch.
    »Ich … ich …«
    Er hatte ein freundliches Gesicht, und plötzlich kamen ihr die Tränen. Der verschwommene Plan nahm Gestalt an, und sie sagte mit schwacher Stimme: »Mir ist nicht gut. Könnte mir jemand ein Taxi rufen?«
    »Selbstverständlich.« Er schaute sie besorgt an. »Oder brauchen Sie einen Krankenwagen?«
    Abby schüttelte den Kopf. »Nein, danke, nur ein Taxi. Wenn ich zu Hause bin, lege ich mich hin, dann geht es wieder.«
    »Wir haben einen Pausenraum für die Mitarbeiter«, sagte Jason freundlich. »Möchten Sie vielleicht dort warten?« »Ja, vielen Dank. Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Sie warf noch einen vorsichtigen Blick in die Runde, bevor sie dem Verkäufer durch

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