So heiß wie der Wuestenwind
sich an einem Hofknicks. Dabei hatte er ihr doch gesagt, sie als seine Schwiegermutter solle ihn einfach Kamal nennen – und es war an ihm, sie untertänig mit einem Handkuss und einer Verbeugung zu begrüßen. Aber unter diesen Umständen verspürte er wenig Lust dazu.
Aliyah lächelte ihre Mutter an. „Ich glaube, du hast dir eben einen König zum Feind gemacht.“
„Wir gehen lieber wieder“, sagte Farah. Wahrscheinlich konnte sie es kaum erwarten, Shehab zu erzählen, wie sein früher so verbitterter Bruder sich verändert hatte.
„Nein, bleibt doch“, sagte Kamal. „Ich habe sowieso nur kurz auf meinem Weg zu einem wichtigen Meeting vorbeigeschaut.“
„Hauptsache, du erklärst jetzt in deiner Wut nicht einem anderen Land den Krieg“, scherzte Aliyah.
„Werd bloß nicht frech“, ermahnte er sie. Dabei liebte er es in Wirklichkeit, wenn sie ihre scharfe Zunge einsetzte. Er gab ihr noch einen Kuss, verabschiedete sich von den anderen Frauen und ging.
Im Sitzungstrakt angekommen, sagte er das Meeting ab. Er brauchte jetzt Zeit für sich, um nachzudenken. Als er zum Fenster ging und hinausschaute, glaubte er in einer Wolken
formation Aliyahs Gesicht zu erkennen.
Aliyah. Er musste ständig an sie denken.
Es war bewundernswert, wie sie mit ihrer neuen Situation klarkam. Aus dem ganzen Wirbel um ihre Familie war sie als strahlende Siegerin hervorgegangen. Sie kam mit allen gut aus, und alle mochten sie, König Atef eingeschlossen. Eigentlich kein Wunder. Man musste sie einfach lieben.
Ja, lieben. Er liebte sie, endlich gestand er es sich ein. Wobei Liebe eher noch ein zu schwacher Begriff war für das, was er für sie empfand.
Schon damals hatte er sie ja geliebt, aber seine jetzigen Gefühle für sie waren noch viel stärker. Und sie war ja auch eine andere geworden. Nicht nur hatte sie ihre Sucht besiegt, sie hatte es auch noch geschafft, ihre Energien in eine sinnvolle Richtung zu lenken, war eine wunderbare Künstlerin und Königin geworden. Ja, mit ihr als Frau konnte er sich wirklich glücklich schätzen.
Alles war so schön – jetzt. Doch ihn beschämte die Schuld, die er damals auf sich geladen hatte.
Damals, als es ihr so schlecht gegangen war, hatte er kein Vertrauen in sie gehabt. Er hatte sie nicht nur in ihren Nöten allein gelassen, er hatte obendrein noch versucht, sie zu zerstören.
Vielleicht hatte er sie sogar für etwas bestrafen wollen, was sie gar nicht getan hatte. Aus heutiger Sicht konnte er sich nicht vorstellen, dass sie wirklich untreu gewesen war – und noch viel weniger, dass sie wirklich ständig wechselnde Partner gehabt hatte. Es passte einfach nicht zu ihr, selbst wenn sie damals unter dem Einfluss von Drogen oder Medikamenten gestanden hatte. Es musste eine andere Erklärung für ihr damaliges Verhalten geben.
Er wollte alles aufklären – und zwar jetzt und gleich. Dafür musste er den Dreckskerl finden, der ihn damals gegen sie aufgebracht hatte.
Shane würde ihm alles erklären müssen. Und dann würde er diesen Schuft bestrafen.
Der Flug war Kamal unendlich lang vorgekommen, und mit jeder Sekunde war er wütender geworden.
Aber es ging nicht anders, er musste diese Reise auf sich nehmen. Es wäre nicht gut gewesen, Aliyahs Cousin Shane nach Judar bringen zu lassen. Denn Kamal wollte die Sache aufklären und bereinigen, ohne dass sie etwas davon erfuhr. Es würde sie nur verstören.
Deshalb war er nach Las Vegas geflogen. Seinen Jet brauchte er allerdings nicht zu verlassen. Seine Leute würden Shane zu ihm bringen, und zwar in genau – er sah auf seine Armbanduhr – zwei Minuten.
Angespannt zählte er die Sekunden, dann öffnete sich die Tür, und seine Männer brachten einen Mann herein, der wie ein Landstreicher wirkte. Das war Shane?
Angewidert sah er den Mann an. Laster und Alkohol hatten den damals 27-Jährigen in ein aufgedunsenes Wrack verwandelt. Er musste jetzt vierunddreißig sein, aber er sah keinen Tag jünger als sechzig aus.
„So trifft man sich wieder, Kamal.“ Einer der Männer stieß ihn heimlich an, aber Shane grinste nur frech. „Ach ja, richtig, du bist ja jetzt der König von irgend so einem rückständigen Ölstaat oder so.“ Theatralisch verbeugte er sich und zeigte Kamal anschließend den Mittelfinger.
Wortlos gab Kamal seinen Männern ein Zeichen, dass sie ihn mit Shane allein lassen sollten. Er wollte unbeobachtet sein, wenn er mit diesem Kerl abrechnete und die Wahrheit aus ihm herausholte.
„Was auch immer ich
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