So heiß wie der Wuestenwind
Schließlich drückte er einen Knopf auf der Armlehne seines Sessels, und sofort kamen seine Männer herein.
„Bitte geleitet Mister Morgan hinaus.“
Die Männer führten den wüst schimpfenden Mann weg. Kamal saß zusammengesunken da. Tiefe Zweifel und Schuldgefühle nagten an ihm. Mit einigen Dingen hatte dieser widerwärtige, verkommene Shane ja nicht ganz unrecht.
Sicher hatte es ihn unendlich geschmerzt, Aliyah zu verlassen, aber es hatte auch einige Probleme gelöst. Denn eine Beziehung mit einer Süchtigen zu führen hatte ihm nicht nur aus persönlichen Gründen Angst gemacht, es hätte auch seinen Ruf und seine Glaubwürdigkeit ruinieren können. Deshalb hatte er so bereitwillig mit ihr Schluss gemacht, ohne sie überhaupt anzuhören. Lieber hatte er allen anderen geglaubt. Ja, er hatte es sich sehr leicht gemacht.
Wenn das alles so war, wenn er Aliyah all das angetan hatte, all diesen Schmerz, den er in ihren Gemälden gesehen hatte – dann verdiente er ein Schicksal schlimmer als der Tod. Gequält stöhnte er auf.
Dann setzte der Selbsthass ein. Wie konnte er es sich anmaßen, sein Leid zu beklagen? Dieses Recht hatte er verwirkt. Ihm blieb nur eines – der Versuch, alles wiedergutzumachen, für den Rest seines Lebens. Er musste sie um Vergebung bitten, sie bitten, ihn zu bestrafen.
Aber … wenn das nach hinten losging? Wenn sie ihm nicht verzeihen konnte und ihn verließ oder verstieß?
Im Bett erlebten sie herrliche Stunden, und auch sonst war sie unglaublich liebenswert zu ihm – aber das war sie zu allen. Vielleicht hatte das alles nichts mit Gefühlen zu tun. Vielleicht fügte sie sich in das Unvermeidliche und genoss den Sex einfach so? Wollte sie nur das Beste aus der Situation machen und sehnte insgeheim den Tag herbei, an dem sie ihn verlassen konnte?
Schließlich hatte sie nach der Hochzeitsnacht durch ihr Verhalten angedeutet, dass es nur um Sex ging. Zwar hatte sich dieses Verhalten nicht wiederholt, und er hatte es als Selbstschutzmechanismus gedeutet, aber andererseits hatte sie ihm auch nie gezeigt, dass sie ihn liebte.
Nein, so ganz stimmte das nicht. Sie hatte ihm zwar nicht in Worten gesagt, dass sie ihn liebte, aber durch viele Gesten und Kleinigkeiten. Oder? Vielleicht hatte er das nur hineininterpretiert, weil er es sich so ersehnte? Früher hatte er geglaubt, dass sie ihn nie geliebt hätte. Aber heute glaubte er – nein, wusste er –, dass sie ihn damals sehr wohl geliebt hatte. Was, wenn er diese Liebe zerstört hatte?
Verzweifelt schlug er die Hände vors Gesicht. Was sollte er nur tun? Egal, wie er sich entschied – es konnte die falsche Entscheidung sein, die alles kaputt machte.
Wenn er seine Schuld eingestand und Aliyah um Verzeihung bat, zerstörte er vielleicht die Eintracht, die jetzt zwischen ihnen herrschte. Was wäre denn, wenn er ihr sein Herz öffnete und herauskäme, dass sie sich einfach nur mit einer Ehe ohne Liebe arrangiert hatte? Wenn sie von seinem Liebesgeständnis schockiert wäre und Schluss machte, weil sie ein Nebeneinanderherleben akzeptieren konnte, aber keine Liebesbeziehung zu ihrem früheren Peiniger?
Doch einfach zu schweigen war auch keine Lösung. Es war ihr gegenüber unaufrichtig. Und verlieren würde er sie dann wahrscheinlich trotzdem, wenn sie glaubte, ihren Teil der
Abmachung erfüllt zu haben.
So oder so – das Risiko war groß.
Nur eine Lösung fiel ihm ein. Eine, die keine Worte benötigte.
Er war ja ohnehin kein Mann der großen Worte, und es würde ihm schwerfallen, die Tiefe seiner Gefühle und sein großes Bedauern richtig auszudrücken.
Er war ein Mann der Tat.
Also würde er es ihr zeigen . Er würde alles tun, um ihr Vertrauen in ihn, in sich selbst, in ihre Liebe wiederherzustellen. Sein ganzes Leben würde er dieser Sache widmen.
Und sie würden für immer und ewig zusammen sein.
9. KAPITEL
Aliyah starrte auf den Teststreifen in ihrer zitternden Hand. Das Ergebnis war eindeutig.
Sie war schwanger .
Ihr war klar, was das bedeutete. Nachdem das Kind zur Welt gekommen war, würde sie Kamal wieder verlieren. Diesmal für immer.
Oder … vielleicht doch nicht? Ein winziger Hoffnungsschimmer keimte in ihr auf. Vielleicht hatte sich ihr Verhältnis ja doch verändert. Sicher sogar. Richtig schlecht war es ja eigentlich nur am Morgen nach der Hochzeitsnacht gewesen, und das war ihre Schuld gewesen. Sie hatte aus Unsicherheit so getan, als ginge es ihr nur um das Sexuelle, und er hatte es ihr mit seiner
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