So hell wie der Mond
Mahnabteilung hat gesagt, sie gehen sogar firmeninterne Kopien durch. Und Beth, die Assistentin des Drachenweibs, sagt, sie hätten bereits diverse Male mit ihren Anwälten telefoniert.«
Mit zusammengepreßten Lippen schnappte sich Kate einen Stapel Papier. »Sind eigentlich alle deine Quellen weiblichen Geschlechts?«
Er sah sie grinsend an. »Nein, aber Mike aus der Postabteilung weiß einfach nichts. Was meinst du, worum es geht?«
»Ich nehme an, es handelt sich einfach um eine interne Revision.«
»Ja, das glaube ich auch. Aber ich frage mich, warum?«
Wenn sie ehrlich war, musste sie eingestehen, dass sie sich ebenfalls seit Tagen mit dieser Frage beschäftigte. Sie dachte nach. Clevere, ehrgeizige, skrupellose Menschen kannten für gewöhnlich immer den neuesten Klatsch. Da Roger all diese Eigenschaften besaß, teilte sie ihm ihre Überlegungen am besten mit, da sie auf diese Weise vielleicht in den Genuß weiterer Informationen kam.
»Okay, wir haben eine Reihe wirklich guter Jahre hinter uns. Allein in den letzten fünf konnten wir unseren Kundenstamm um fünfzehn Prozent erweitern. Da Bittie immer größer wird, denken sie sicher an noch mehr Teilhaber, vielleicht an eine neue Niederlassung. Möglicherweise übernimmt Lawrence dort die Verantwortung, oder sie stellen neue Leute ein und geben einigen von uns die Möglichkeit, mit umzuziehen. Ein derart großer Schritt macht natürlich jede Menge Planung erforderlich, und die Partner wollen sicher nicht, dass allzu früh etwas nach außen dringt.«
»Könnte sein. Es kursieren schon länger Gerüchte über eine Niederlassung in der Gegend von L. A., wo es sicher jede Menge Sachen aus dem Medienbereich abzugrasen gibt. Aber ich habe auch andere Dinge gehört.« Er beugte sich dichter zu Kate herüber, senkte seine Stimme auf ein Flüstern herab und sah sie mit vor Aufregung blitzenden Augen an. »Es heißt, Larry denkt daran, abzutreten. In Pension zu gehen.«
»Weshalb sollte er das tun?« flüsterte Kate zurück. Sie klangen wie zwei Verschwörer, dachte sie. »Wo er doch erst sechzig ist.«
»Zweiundsechzig.« Roger blickte über seine Schulter zurück. »Und du weißt, wie versessen seine Frau auf Kreuzfahrten und solche Sachen ist. Sie drängt ihn immer, mit ihr nach Europa zu fahren, ans Mittelmeer und so.«
»Woher weißt du das?«
»Von Beth, der zweiten Assistentin. Sie besorgt oft Prospekte für den alten Herrn. Und dieses Jahr feiern die Bitties ihren vierzigsten Hochzeitstag. Wenn er sich so früh pensionieren läßt, heißt das, dass für uns das Rennen um die volle Partnerschaft beginnt.«
»Eine volle Partnerschaft.« Das machte Sinn. All die Treffen, all die Revisionen würden dadurch erklärt. Die momentanen Partner würden abwägen und beurteilen, debattieren und diskutieren, wer am geeignetsten wäre für eine derartige Beförderung. Beinahe hätte sie einen Luftsprung gemacht, aber sie musste daran denken, mit wem sie gerade sprach. Roger war ihr schärfster Konkurrent.
»Vielleicht.« Sie zuckte mit den Schultern, obgleich sie innerlich warme Freude empfand. »Trotzdem kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass Larry schon aufhören will. Egal, wie sehr ihn seine Frau bedrängt.«
»Wir werden sehen.« Roger sah sie mit einem verschlagenen Grinsen an. »Jedenfalls wird irgend etwas passieren, und zwar bald.«
Wie im Traum kehrte Kate in ihr Büro zurück, schloss die Tür und legte das Papier ordentlich in den Schrank. Erst dann vollführte sie ihren Freudentanz.
Allerdings überstürzte sie besser nichts, malte sich die Zukunft nicht allzu früh in leuchtenden Farben aus. Nein, den Teufel hielt sie sich zurück! Sie warf sich auf ihren Stuhl, drehte sich ein erstes, ein zweites und ein schwindelerregendes drittes Mal im Kreis.
Sie hatte einen MBA von Harvard in der Tasche, hatte zu den Besten ihrer Klasse gehört. In den fünf Jahren, seit sie bei Bittie arbeitete, hatte sie durch Empfehlung ihrer Klienten zwölf weitere Kunden ins Haus gebracht. Und keinen verloren. Außer den einen an Roger, dieses Schwein.
Aber selbiges Mandat hatten sie auch nach wie vor im Haus. Persönlich stellte sie jährlich Rechnungen im Wert von über zweihunderttausend Dollar aus. Ebenso wie Roger, musste sie zugeben. Das wusste sie genau, da sie ihn ständig voller Argwohn im Auge behielt. Aber als Marty ihr letztes Jahr eine Gehaltserhöhung hatte zuteil werden lassen, hatte er erklärt, dass sie das As unter den Angestellten war. Larry
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