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So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bittie nannte sie beim Vornamen, und seine Frau und seine Schwiegertöchter kauften regelmäßig im
Schönen Schein.
    Eine Partnerschaft. Mit achtundzwanzig würde sie die jüngste Partnerin sein, die je bei Bittie mitmischte. Dadurch hätte sie die von ihr selbst gesteckten Ziele Jahre früher als geplant erreicht.
    Und würde auf diese Weise nicht gewissermaßen der Makel, den sie wegen ihres Vaters empfand, übertüncht? Diese Last, die sie ständig mit sich trug? Wenn sie erfolgreich wäre, geriete dadurch alles andere in den Schatten.
    Sie dachte bereits an das neue Büro, das neue Gehalt, das neue Prestige. Man würde sie wegen der Firmenpolitik zu Rate ziehen, ihre Meinung würde respektiert. Lachend lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und drehte sich erneut im Kreis. Obendrein hätte sie eine Sekretärin ganz für sich.
    Sie hätte alles, wovon sie je geträumt hatte.
    Kate stellte sich bereits vor, wie sie nach dem Telefonhörer griff, um den Templetons in Cannes zu berichten, welcher Erfolg ihr zuteil geworden war. Sie würden so glücklich für sie sein, so voller Stolz auf sie. Endlich hätte sie das Gefühl, dass sie verdiente, was ihr diese Familie alles zuteil werden ließ.
    Sie würde mit Margo und Laura zusammen feiern gehen. Ein Fest veranstalten! Endlich hatte Kate Powell es geschafft, etwas Wichtiges erreicht. Jahre der Arbeit und der Studien, schmerzender Schultern, müder Augen und eines brennenden Magens hätten sich bezahlt gemacht.
    Jetzt brauchte sie nur noch abzuwarten.
    Schließlich verdrängte sie den Traum, wandte sich wieder dem Computer zu und fuhr mit ihrer Arbeit fort.
    Summend ging sie lange Zahlenreihen durch, berechnete Ausgaben, gab zu erwartende Steuerabzüge ein, schüttelte über Kapitalgewinne den Kopf und dachte über Abschreibungsmöglichkeiten nach. Wie gewöhnlich war sie bereits nach einem kurzen Augenblick derart auf ihre Arbeit konzentriert, dass sie jedes Zeitgefühl verlor. Blinzelnd hob sie den Kopf, als um fünf Uhr ihre Armbanduhr zu piepsen begann.
    Noch fünfzehn Minuten und die Akte wäre erledigt, dachte sie, ehe sie leicht verärgert erneut aufsah, als sie ein leises Klopfen an der Tür vernahm. »Ja?«
    »Miss Powell.« Lucinda Newman – oder das Drachenweib, wie sie wenig schmeichelhaft in den Reihen der unteren Chargen hieß – schaute herein. »Sie werden im großen Konferenzsaal gewünscht.«
    »Oh!« Kates Herz tat einen wilden, freudigen Satz, aber sie sah die Sekretärin gelassen an. »Danke, Miss Newman. Ich komme sofort.«
    Da Kate merkte, dass ihre Hände vor freudiger Erwartung zitterten, faltete sie sie in ihrem Schloss. Sie musste kühl und professionell auftreten. Bittie böte die Partnerschaft sicher nicht einem grinsenden, kichernden Frauenzimmer an.
    Sie musste so sein, wie sie immer war – wie man es von ihr erwartete. Praktisch, nüchtern, klar. Und, oh, sie würde den Augenblick genießen, ja, sie würde sich ihn einprägen für alle Zeit. Später, wenn sie außer Sicht- und außer Hörweite wäre, würde sie jubeln, bis sie nach Hause kam.
    Kate rollte ihre Ärmel herunter, zog ihre Jacke an und strich sie glatt. Sie überlegte kurz, ob sie ihren Aktenkoffer mitnehmen sollte, zuletzt kam sie zu dem Schluß, dass er ihrem Auftritt eine noch professionellere Note verlieh.
    Gemessenen Schrittes stieg sie die Treppe in die nächste Etage hinauf und marschierte an den Büros der Partner vorbei in Richtung des Konferenzzimmers. Niemand, der sie in dem ruhigen Korridor gesehen hätte, hätte vermutet, dass sie über den geschmackvollen Teppichboden schwebte, statt auf ihm zu gehen. Sie drückte eine Tablette aus der Rolle in ihrer Jackentasche, damit diese ihrem flatternden Magen zu Hilfe kam.
    Ob eine Braut in ihrer Hochzeitsnacht wohl nervöser und zugleich glücklicher war als sie in diesem Augenblick? Sie hob die Hand und klopfte höflich an die massive Eichentür.
    »Herein.«
    Kate reckte das Kinn, setzte ein höfliches Lächeln auf und drehte den Knauf. Alle waren sie da, und ihr Herz raste erneut los. Sämtliche Partner, die fünf Säulen der Firma, saßen an dem langen, schimmernden Tisch. Neben jedem Platz stand ein großes, gefülltes Wasserglas.
    Sie sah sie der Reihe nach an und nahm sich vor, diesen Moment niemals zu vergessen. Fusty Calvin Meyers saß mit den für ihn typischen Hosenträgern und der ebenso typischen roten Fliege da. Die elegante und zugleich furchteinflößende Amanda Devin wirkte streng und wunderschön.

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