Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
hatte ihr erklärt, er wäre hinsichtlich seiner Finanzen immer gern auf dem laufenden.
    Natürlich würde sie mit ihm zusammenarbeiten, ihren Job erledigen können, wie sonst auch. Aber jedes Mal, wenn Kate seine Unterlagen vor sich liegen sah, zog sich ihr Magen zusammen, weil ihr unweigerlich ihr Vater in den Sinn kam. Die bitteren Beschwerden über die zahllosen ins Haus flatternden Rechnungen, sein ständiges Jammern darüber, dass ihm der große Coup noch nicht gelungen war.
    All diese Dinge hatte sie verdrängt, hatte ihre Erinnerungen an die Eltern eher an ihre Wünsche als an die Wirklichkeit angepaßt. Ihr Zuhause war weder glücklich gewesen noch stabil – auch wenn ihre Träume es dazu gemacht hatten.
    Nun, da es unmöglich war, all das weiterhin zu übergehen, merkte sie, dass es ebenso unmöglich war, nicht weiter zu bohren, nicht weiter zu forschen, bis sie endlich die ganze Wahrheit erfuhr.
    Beinahe hätte sie Tydings angebrüllt, als er darauf bestanden hatte, sie im Templeton Monterey zu treffen. Das Restaurant galt als das beste in der ganzen Umgebung, und der Blick auf die Bucht, den man von allen Plätzen aus genoß, war phänomenal. Er hatte sämtliche von ihr vorgebrachten Ausflüchte einfach ignoriert. Und nun saß sie um Punkt halb eins ihm gegenüber an einem Fenstertisch, vor sich einen großen Salat.
    Es war egal, wo sie ihn traf, sagte sich Kate, während sie appetitlos auf ihrem Teller herumstocherte. Laura arbeitete im
Schönen Schein.
Falls jemand sie erkannte und es erwähnen würde, würde sie Laura einfach erzählen, dass sie mit einem Klienten essen gegangen war. Was ja durchaus der Wahrheit entsprach …
    Während der ersten halben Stunde sprach Kate ausschließlich über das Geschäft. Aus welchen Gründen auch immer sie hier mit ihm zusammensaß, hatte er als Klient von Bittie einen Anspruch auf besten Service. Und er war mehr als zufrieden mit der Arbeit, die sie bisher für ihn geleistet hatte, wie er ihr wiederholte Male versicherte, während sie ihre trockene Kehle immer wieder mit einem Schluck Templetonschen Mineralwasser befeuchtete.
    »Dein Dad konnte ebenfalls hervorragend mit Zahlen umgehen«, erklärte Tydings ihr. Er war ein kräftiger, kompakt gebauter Mittfünfziger, dessen dunkelbraune Augen sie unbekümmert anstrahlten. Der Erfolg stand ihm ebenso gut wie der maßgeschneiderte Anzug, den er trug.
    »Ach ja?« murmelte Kate und starrte Tydings’ Hände an. Die sorgsam manikürten Hände eines Geschäftsmannes. Ohne übertriebenen Schmuck, nur mit einem schlichten Goldring versehen. Ihr Vater hatte eine Vorliebe für schwere, goldene Uhren und stets einen Diamantring am kleinen Finger getragen. Warum fiel ihr das gerade jetzt ein? »Daran erinnere ich mich nicht mehr.«
    »Tja, du warst ja auch noch ziemlich klein. Aber ich sage dir, Line konnte wirklich mit Zahlen umgehen. So, wie er immer alles im Kopf ausgerechnet hat, hätte man meinen können, bei ihm sitze ein Taschenrechner im Hirn.«
    Dies war die erhoffte Gelegenheit, und sie nutzte sie. »Ich verstehe nicht, wie ein so guter Finanzmann einen derartigen Fehler begehen konnte.«
    »Er wollte einfach zuviel, Katie.« Seufzend lehnte sich Tydings auf seinem Stuhl zurück. »Und außerdem hatte er Pech.«
    »Pech?«
    »Pech, oder vielleicht hat er sich auch nur verkalkuliert«, sagte Tydings einschränkend. »Das Ganze ist ihm einfach aus den Händen geglitten.«
    »Mr. Tydings, er hatte Gelder veruntreut, weswegen er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden war.« Sie atmete tief ein. »War Geld so wichtig für ihn, dass er es sogar stehlen musste – dass er alles riskierte, nur um ein bisschen mehr davon zu bekommen?«
    »Du musst das ganze Bild sehen, die Frustration verstehen, den Ehrgeiz … tja, die Träume, Katie. Line hatte immer das Gefühl, im Schatten des Templetonschen Zweigs seiner Familie zu stehen. Egal, was er auch tat, egal, wie sehr er sich auch abstrampelte, konnte er ihnen doch nicht das Wasser reichen. Was für einen Mann wie ihn nicht leicht zu akzeptieren war.«
    »Welche Art Mensch muss er gewesen sein, dass er den Erfolg den anderen derart neidete?«
    »Ganz so war es nicht.« Unbehaglich rutschte Tydings auf seinem Stuhl herum. »Line hatte lediglich das übermächtige Bedürfnis, auf seinem Gebiet der Beste zu sein.«
    »Ja.« Unweigerlich rann ihr ein Schauder den Rücken hinab. Diese Beschreibung paßte nicht nur auf ihren Vater, sondern ebenso auf sie. »Das verstehe

Weitere Kostenlose Bücher