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So hell wie der Mond

So hell wie der Mond

Titel: So hell wie der Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Marty sah in seinem zerknitterten Anzug wie immer süß und freundlich aus. Lawrence Junior hingegen, mit seiner beginnenden Glatze, wirkte ruhig und kühl.
    Und natürlich Bittie Senior. Sie hatte immer gefunden, dass er Spencer Tracy ähnelte – mit seinem zerfurchten Gesicht, dem dichten weißen Haar und der untersetzten, kräftigen Statur.
    Und sie alle sahen sie ebenfalls reglos an.
    »Sie wollten mich sprechen?«
    »Setzen Sie sich, Kate.« Von seinem Platz am Kopf des Tisches wies Bittie ihr einen Stuhl am gegenüberliegenden Ende zu.
    »Sehr wohl, Sir.«
    Während sie sich auf ihren Stuhl sinken ließ, räusperte er sich. »Wir hielten es für das beste, uns am Ende des Arbeitstages mit Ihnen zusammenzusetzen. Wie Sie ja sicherlich wissen, haben wir in den letzten Tagen die Bücher geprüft.«
    »Ja, Sir.« Sie lächelte. »Und im ganzen Büro haben die Leute die wildesten Spekulationen angestellt.« Als er ihr Lächeln nicht erwiderte, spürte sie ein nervöses Prickeln im Hals. »Da ist es schwer, sich keine Gedanken zu machen, Sir.«
    »Ja.« Er atmete aus und faltete seine Hände auf der Tischplatte. »Mr. Bittie Junior erfuhr letzte Woche von gewissen Diskrepanzen bei einer der Steuererklärungen.«
    »Diskrepanzen?«
    »Und zwar bei Sunstream«, klärte er sie auf.
    .»Ja, das ist einer meiner Klienten.« Ihr Magen zog sich zusammen. Hatte sie im Chaos der Wochen vor dem Abgabetermin für die Steuererklärungen irgendeinen idiotischen Fehler gemacht? »Was für Diskrepanzen, Sir?«
    »Die Kopie des Klienten weist eine Steuerschuld von siebentausendsechshundertundvierundachtzig Dollar aus.« Jetzt klappte Lawrence Junior einen Aktenordner auf und zog einen dicken Stapel Blätter daraus hervor. »Ist das Ihre Arbeit, Miss Powell?«
    Er war der einzige Bittie, der sie Ms. Powell nannte. Alle in der Firma waren an seine Förmlichkeit gewöhnt. Doch die knappe Art, in der er heute sprach, alarmierte sie. Langsam setzte sie ihre Brille auf, während man die Blätter in ihre Richtung schob.
    »Ja«, sagte sie nach einem kurzen Blick. »Das ist mein Klient, ich habe die Steuererklärung für ihn gemacht. Das ist meine Unterschrift.«
    »Und wie bei anderen Kunden läuft auch hier die Bezahlung der Steuern über uns.«
    »Manche wollen es so.« Sie legte die Hände in den Schloss. »Sie haben dann das Gefühl, als beträfe die Forderung sie nicht direkt – finden, es tut ein bisschen weniger weh. Außerdem ist es bequemer.«
    »Bequemer«, wiederholte Amanda und sah Kate reglos an. »Für wen?«
    Sie steckte in Schwierigkeiten, dachte Kate. Aber warum in aller Welt? »Viele Klienten kommen lieber zu uns, als direkt aufs Finanzamt zu gehen. Sie diskutieren dann mit uns über die ausstehenden Forderungen – streiten dann mit uns herum, machen ihrem Herzen uns gegenüber Luft.« Alle wussten, wie es lief, dachte sie und schaute erneut die Partner an. Warum verlangten sie also eine Erklärung von ihr? »Am Ende unterschreibt der Klient dann die erforderlichen Formulare, wir übernehmen die Zahlung und stellen sie ihm anschließend in Rechnung.«
    »Miss Powell.« Lawrence zog einen weiteren Stapel Blätter aus seinem Aktenordner hervor. »Können Sie uns erklären, was das hier ist?«
    So unauffällig wie möglich trocknete Kate ihre schwitzenden Hände ab, ehe sie die ihr vorgelegten Formulare in Augenschein nahm. Ihr wurde schwindelig. Sie blinzelte, sah abermals die Papiere an und schluckte schwer.
    »Ich, ich verstehe nicht. Dies ist eine weitere Kopie des 1040-Formulars der Steuererklärung von Sunstream, aber die Steuerschuld ist eine andere.«
    »Zweitausendzweihundert Dollar weniger«, stellte Amanda fest. »Dies ist der Betrag, den wir am fünfzehnten April ans Finanzamt überwiesen haben. Unsere Rechnungsabteilung hat einen Scheck in dieser Höhe ausgestellt.«
    »Ich verstehe nicht, woher die andere Kopie stammt«, setzte Kate an. »Sämtliche Arbeitsblätter werden natürlich ordnungsgemäß abgeheftet; aber beispielsweise falsch ausgefüllte Formulare oder überzählige werden auf der Stelle ungültig gemacht.«
    »Kate.« Lawrence sah sie an. »Die Differenz der beiden Beträge wurde per Computer vom Konto des Klienten als Barzahlung abgebucht.«
    »Als Barzahlung«, wiederholte sie verständnislos.
    »Als wir davon erfuhren, haben wir sämtliche Kundenkonten überprüft.« Bittie machte eine ernste Miene. »Seit Ende März dieses Jahres wurden in gleicher Weise insgesamt fünfundsiebzigtausend

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