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So kam der Mensch auf den Hund

Titel: So kam der Mensch auf den Hund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konrad Lorenz
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nämlich die Chowhündin Pygi I. und die Dackeldame,
     läufig. Da bei keiner der beiden zu befürchten war, daß sie unwillkommenerweise gedeckt werde – Pygi war unserem Rüden Bubi
     unbedingt treu und für die winzige Zwergdackeline gab es weit und breit keinen Partner – durften sie mit uns an die Donau
     gehen. Ich war es nun zwar durchaus gewöhnt, daß wir von fremden Hunden begleitet wurden, aber als wir damals den Weg durch
     das Dorf hinter uns hatten, drängte sich die Größe der begleitenden Meute doch meiner Aufmerksamkeit auf, und ich zählte nach:
     Da liefen außer unseren fünf Hunden noch sechzehn Hundemänner mit uns, wir waren also von sage und schreibe einundzwanzig
     Hunden begleitet!
    |68| Dennoch halte ich meinen Rat aufrecht. Eine Hündin ist viel treuer als ein Rüde, ihre Seelenregungen sind komplizierter, reichhaltiger
     und feiner, und auch ihre Intelligenz übertrifft in den meisten Fällen die des sonst gleichwertigen Rüden. Ich schmeichle
     mir, sehr viele Tiere gut zu kennen, und ich sage aus vollster Überzeugung: Dasjenige unter allen nicht-menschlichen Lebewesen,
     dessen Seelenleben in Hinsicht auf soziales Verhalten, auf Feinheit der Empfindungen und auf die Fähigkeit zu wahrer Freundschaft
     dem des Menschen am nächsten kommt, also das im menschlichen Sinne edelste aller Tiere, ist eine vollwertige Hündin. Wie seltsam,
     daß im Englischen ihr Name zum ärgsten Schimpfwort geworden ist!

|69| Anklage gegen Züchter
    Unter den Hunden, welche im Zirkus besonders komplizierte Kunststücke vollbringen, die eine große Lernfähigkeit verlangen,
     wird man nur in wenigen Fällen einen rassereinen Hund finden; nicht etwa deshalb, weil ein rasseloser billiger ist – für talentierte
     Zirkushunde werden phantastische Preise gezahlt   –, sondern bloß der seelischen Qualitäten wegen, die für Künstlerhunde bestimmend sind. Neben der höheren Intelligenz und
     Lernfähigkeit ermöglicht vor allem die geringere »Nervosität« und die bessere nervliche Belastbarkeit des rasselosen Hundes
     höhere Dressurleistungen. Es ist demnach auch kein Zufall, daß die schönste Schilderung der Hundeseele, Thomas Manns ›Herr
     und Hund‹, von einem Hühnerhund-Bastard handelt.
    Nur ein einziger meiner Hunde war wirklich rasserein und ausstellungsfähig, ein Schäferhund namens Bingo. Er war gewiß ein
     nobler Kerl, ein Ritter sonder Furcht und Tadel, aber wie weit stand er doch an Feinheit des Empfindens, an Komplikation seines
     Seelenlebens meiner stammbaumlosen Wald-und-Wiesen-Schäferhündin Tito nach. Mein französischer Zwergbully hatte zwar einen
     Stammbaum, war aber Ausschußware: Er war viel zu groß, Schädel und Beine waren zu lang, der Rücken war zu gerade, und trotzdem
     bin ich überzeugt, daß kein Preisträger dieser Rasse die seelischen Werte meines Bully erreicht hätte.
    Es ist traurig, aber nicht zu leugnen, daß sich eine scharfe Zuchtwahl auf körperliche Merkmale mit einer auf seelische nicht
     vereinigen läßt. Individuen, die nach beiden Seiten allen Anforderungen entsprechen, sind zu selten, als daß man sie allein
     als Grundlage der Weiterzucht verwenden könnte. So wenig ich einen wirklich großen Gelehrten kenne, der in physischer Hinsicht
     Apollon ähnelt, oder eine ideal schöne Frau, die auch nur erträglich intelligent ist, so wenig kenne |70| ich einen Champion einer Hunderasse, den ich als meinen Hund haben möchte. Nicht, daß die beiden verschieden gerichteten Ideale
     einander grundsätzlich widersprächen: Es ist nicht einzusehen, warum ein rassemäßig ungewöhnlich schöner Hund nicht auch seelisch
     ungewöhnlich gut veranlagt sein soll – aber jedes der beiden Ideale ist schon allein selten genug, das Zusammentreffen in
     einem Individuum ist daher äußerst unwahrscheinlich.
    Selbst wenn sich ein Hundezüchter strengste Zuchtwahl nach beiden Gesichtspunkten zur Aufgabe stellt, wird er praktisch ohne
     Kompromisse nicht auskommen. Man versuchte daher, ähnlich wie bei den Brieftauben, die »Schau-« von der »Leistungszucht« zu
     trennen. Bei der Brieftaube ist man so weit gegangen, daß Schau- und Leistungsbrieftauben tatsächlich zu zwei verschiedenen
     Rassen geworden sind. Der deutsche Schäferhund scheint mir auf dem besten Wege zu einer entsprechenden Aufspaltung zu sein.
    In früheren Zeiten, als der Hund noch in höherem Maße Gebrauchstier war und die Mode noch eine geringere Rolle spielte als
     heute, bestand noch nicht die

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