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So nah am Leben

So nah am Leben

Titel: So nah am Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inaqiawa
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Straße um zwei Meter seitlich versetzt in das Feld gewalzt. Diese neuen Wege sind mit Schotter aufgefüllt und sehr staubig. Dennoch sind ihre Füße dankbar, weil sie nicht auf festem Asphalt laufen müssen.

    Es dauert fast eine Stunde, bis sie endlich wieder auf einem schönen, kleinen Feldweg gehen kann. Am Horizont taucht das Grenzgebirge zwischen der navarresischen und der baskischen Region auf. Die Bergkuppen zeigen ein klares, gezacktes Profil und verleihen der Landschaft Weite.
    Während sie sich an der Aussicht erfreut, taucht der Gedanke an ihr Thema wieder auf. Gleichzeitig mit diesem Gedanken spürt sie die Schmerzen in ihren Füßen. Sie fragt sich, was ihr Körper ihr damit sagen will, daß er das wichtigste Werkzeug dieses Weges so schmerzvoll gestaltet.
    Eine innere Stimme meldet sich und beginnt einen Dialog mit ihr: „Was ist das Wichtigste für dich auf diesem Weg? Worum geht es dir?“ Es ist die Stimme der Beobachterin in ihr, die sie bereits des öfteren kennenlernen durfte. Diese Stimme macht einen erfahrenen Eindruck und scheint stets den Überblick zu behalten. Samantha führt diese inneren Gespräche gern und freut sich jedesmal, wenn die Stimme sich zu Wort meldet.
    Ja... sie möchte die Erfahrungen machen, die das Leben auf diesem Weg für sie bereithält, damit sie deren Nutzen in ihr Leben integrieren kann und lernt, worauf es in ihrem Leben ankommt. Und hast du schon eine Idee, worauf es in deinem Leben ankommt ?, forscht die Stimme weiter. Hm... mit Sicherheit, meine Grenzen kennenzulernen, und möglicherweise auch, sie zu erweitern. Vielleicht soll ich auch etwas über meine Ansprüche lernen. Und wenn ich mir etwas wünschen darf, dann würde ich auch gern mehr Klarheit in mir erlangen. Langsam, langsam, eins nach dem anderen. Fangen wir zunächst einmal mit den Grenzen an. Sie kennenzulernen ist gut, darum geht es ganz sicher, aber du denkst gleich schon wieder an eine Erweiterung deiner Grenzen. Hast du schon einmal in Betracht gezogen, deine Grenzen einfach nur zu akzeptieren, ohne sie gleich jedesmal erweitern zu wollen? Nein, das ist mir noch nicht in den Sinn gekommen. Für mich zählt immer das sogenannte „x+1“-Prinzip. Der Stand der Dinge ist gut, aber dann muß es weitergehen, alles andere wäre doch Stillstand oder gar Rückschritt. Ich spüre, daß so etwas für mich irgendwie gar nicht in Frage kommt. Was soll daran auch schon positiv oder erstrebenswert sein?

    Und jetzt meldet sich auch noch das dazugehörige Gefühl: immer weiter, immer weiter, immer weiter — sie kann die Rastlosigkeit, die Ruhelosigkeit und das Gefühl des Getriebenwerdens regelrecht physisch spüren. Plötzlich ziehen sich ihre Schultern hoch, die Atmung wird schneller, gefolgt von einer Enge im Brustraum. Sie merkt, wie sie außer Atem gerät, ohne daß sie ihren Schritt beschleunigt. Dieses Gefühl kennt sie gut.

    Du meinst also, ich dürfte eine existente Grenze einfach so akzeptieren, ohne das Gefühl zu haben, sie unbedingt verschieben zu müssen? Genau das meine ich. Probier es einfach mal aus, und beobachte, wie es sich anfühlt. So, und bevor wir uns mit dem Thema „Ansprüche“ beschäftigen, könnten wir ms vielleicht mal das Thema „Ehrgeiz“ ansehen. Einverstanden? Die Beobachterin ist für Samantha zu einer ernstzunehmenden Stimme geworden, und sie behandelt sie, als wäre sie eine eigenständige Person.
    Samantha denkt: Ja, warum nicht? „Ehrgeiz“ ist sicher ein Thema bei ihr. Sie blickt in ihre Vergangenheit und sieht dort viele Situationen, die sehr stark vom Ehrgeiz geprägt waren. Sie hat sich oft sehr viel auferlegt und zugemutet. Und das ist in der Gegenwart nicht anders, gerade in den letzten Tagen hat sie sich immer wieder angetrieben und sich schwierige Dinge abverlangt, ohne zu wissen, warum sie das eigentlich unbedingt will oder soll.
    Und noch während ihr dieser Gedanke durch den Kopf geht, fällt ihr auf, wie eng bei ihr das Thema Grenzen mit dem Thema Ehrgeiz verbunden ist. Das ständige Erweitern ihrer Grenzen, das Getriebensein, hängt unmittelbar mit ihrem Ehrgeiz zusammen. Das ständige Erweitern der Grenzen ist die Folge ihres Ehrgeizes. Wozu das alles? Wem muß oder will sie was beweisen? Woher kommt dieser Ehrgeiz, wozu ist er gut?

    Das sind ziemlich schwierige Fragen, und die Stimme in ihr zieht sich zurück, um ihr den nötigen Freiraum zum Denken zu geben. Es dauert eine ganze Weile, bis sie alles sortiert hat. Ihr fällt spontan ein Film ein,

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