Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
So nah bei dir und doch so fern

So nah bei dir und doch so fern

Titel: So nah bei dir und doch so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Allatt
Vom Netzwerk:
Anna gelang es immer, ihren Esprit zu Papier zu bringen, und mit vier Kindern hatte sie genügend Nachschub an Neuigkeiten. Doch der Brief, der mir am meisten Spaß bereitete, war die Geschichte über Katie Price. Ich hatte die größte Klatschstory verpasst, die Dore seit Jahren erlebt hatte – die immer wieder neu Vermählte, ehedem bekannt als »Jordan«, wollte ein Haus in der Dore Road kaufen, gleich bei uns um die Ecke. Derzeit machte sie gerade Schlagzeilen, da sie den Transvestiten-Vollkontaktkämpfer Alex Reid geheiratet hatte.
    Anna schrieb:
Ich habe keine Ahnung, weshalb sie ausgerechnet ein Haus in Dore haben will, aber hallo, wäre das nicht der helle Wahnsinn, im Supermarkt über sie zu stolpern? Tittenneid wird Einzug halten im Dorf. Gefütterte BH s, Hähnchenbrustfilets und rosa Jogginghosen, kannst du dir das vorstellen?
    Nein, das konnte ich nicht. Anna schrieb weiter:
Über ihren neuen Mann Alex zu stolpern würde mir nichts ausmachen. Ich werde ihm jeden Tag die Zeitung bringen.
    Später stellte sich heraus, dass das Gerücht eine Ente war; in Wirklichkeit wollte Katie Price in Dore ein Pferd kaufen.
    Andere Briefe kamen von Amy, die den Kindergarten von Dore leitete, den meine drei Kinder besucht hatten, und von Sharon, deren Tochter Babysitterin bei uns war. Ich freute mich besonders auf Berichte von Sharon, denn ihr ungeschminkter und sarkastischer Sinn für Humor brach immer durch, und wenn Alison mir den Brief vorlas, musste sie die Stimme senken, um sich von den in der Nähe liegenden Patienten keinen Ärger einzuhandeln.
    Als sich mein Zustand langsam besserte und ich bereit war, häufiger Besuch zu empfangen, erschienen eines Montags Amy, Sharon und eine weitere Freundin, Kerry, um einen Weibertag mit mir zu verbringen. Sie blieben mehrere Stunden an meinem Bett, schwatzten und tratschten wie in alten Zeiten, und es erinnerte mich daran, wie das Leben wieder sein könnte.
    Nachdem die Mütter gegangen waren, zog sich der Nachmittag bis 18 Uhr hin, wenn Mark oder dessen Mutter und Vater oder meine Mutter und Dave zu Besuch kamen. Diese Wartezeit machte mich zu einer Liebhaberin der Fernseh-Kochshows. Masterchef, Come Dine With Me, Ready Steady Cook , ich genoss sie alle. Tägliches Glanzlicht war das Great British Menu um 17 Uhr, das ich – Ironie des Schicksals – seit Monaten nicht mehr hätte zu mir nehmen können. Mit Begeisterung schaute ich zu, wie die Top-Küchenchefs aus ganz Großbritannien wetteiferten, wer das beste Festmenü zauberte. Zu Beginn war ich noch auf das Pflegepersonal angewiesen, um von einem Sender auf den anderen zu schalten. Mark brachte eine Fernsehzeitschrift mit und kreuzte meine Lieblingssendungen an, doch meistens wurde dies ignoriert. Daher kann man sich meine Erleichterung vorstellen, als ich meinen Daumen wieder bewegen, mithilfe des Schalters herumzappen und selbst entscheiden konnte, was ich sah.
    Die Ärzte hatten Mark immer gesagt, es müsse mit einem dauerhaften Hirnschaden gerechnet werden, aber die Tatsache sickerte erst in sein Bewusstsein, als er mein Zimmer betrat und mich dabei erwischte, wie ich mir The Jeremy Kyle Show anschaute. In meinem früheren Leben wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, mir eine Aneinanderreihung von Proleten anzusehen, die sich um Vaterschaftstests stritten und den Lügendetektor zu betrügen versuchten. Doch meine Konzentrationsfähigkeit hatte so gelitten, dass sie nur noch für sinnlose Programme reichte, und es ist erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man gebannt die Antwort auf die alles entscheidende Frage erwartet: »Hast du mit meinem besten Freund geschlafen?«
    Wenn es mir gelang, die Aufmerksamkeit der Schwestern oder Pfleger zu erregen, schalteten sie meinen iPod und den Lautsprecher an, und ich konnte für einige Zeit abschalten, indem ich mir Musik der Achtziger und Neunziger anhörte. Musik ist ein gutes Hilfsmittel, die Erinnerung zu stimulieren, daher setzt man sie auch in der Therapie vieler Alzheimerpatienten ein. In diesen Stunden mit meinem iPod führten mich die Songs der Stone Roses, Happy Mondays, Inspiral Carpets und anderer in die vergnügungssüchtigen Tage der Manchester Musikszene und unsere wilden Nächte im Hacienda Club Manchester zurück.
    Ein Lied, das wie in einer Endlosschleife zu laufen schien, war Bigmouth Strikes Again von The Smiths, das jeder, der die alte Kate gekannt hatte, als ziemlich zutreffend empfinden musste. Ich fragte mich, ob mir die Schwestern damit

Weitere Kostenlose Bücher