So schön kann Küssen sein
Wenn er das Wasser getrunken hat, können wir es mit Milch versuchen.”
Randi wirkte so fürsorglich, dass es ihn tief berührte. Doch er atmete durch und drängte ganz gezielt alle seine Sehnsüchte zurück. Solange er nicht genau wusste, ob sie mit dem Ring der Kinderhändler etwas zu tun hatte, musste er stark bleiben. Außerdem war es höchst unwahrscheinlich, dass sie allein lebte. Eine so zierliche Frau konnte keine Ranch ganz allein bewirtschaften. Wo waren die anderen? Er hatte nicht die Absicht, dieser zarten jungen Frau zu schaden, doch er musste feststellen, ob sie zum Kreis der Verdächtigen gehörte. Das war seine Arbeit.
Wehmütig betrachtete Randi den schlafenden Ricky. Bei ihrer Arbeit in der Kinderkrippe war sie zwar ständig mit Kindern zusammen, doch mit diesem Baby war es etwas ganz anderes. Es schlief hier in ihrem Wohnzimmer vor dem Kamin und war völlig von ihr abhängig. Seine Anwesenheit erinnerte sie daran, was sie nicht haben konnte und worauf sie für immer verzichten musste.
Nachdem Ricky das halbe Fläschchen Wasser und anschließend auch noch Milch getrunken hatte, hatte sie ihn in den Korb gelegt, den sie ausgepolstert hatte. Er hatte sich kaum bewegt, und jetzt war sein süßes Gesichtchen so entspannt, dass sie aufatmete. Die verkniffene, ängstliche Miene war verschwunden. Erleichtert streichelte sie das winzige Händchen, das nicht mehr zur Faust geballt war.
Manny war vorhin mit den alten Sachen ihres Vaters in den Flur gegangen, um sich dort umzuziehen. Daraufhin hatte sie gefröstelt, als sei es ohne ihn im Zimmer plötzlich kälter geworden.
Doch sie hatte nicht weiter auf diese seltsamen Empfindungen geachtet, und nun, wo Ricky eingeschlafen war, machte sie Bestandsaufnahme. Möglicherweise hatte sie es mit einem kranken Kind zu tun. Durch das Hochwasser waren sie vorerst von der Stadt abgeschnitten. Das Telefon funktionierte nicht, sodass sie keine Hilfe holen konnte, und ohne Strom lief die Heizung nicht. Also mussten sie im Erdgeschoss beim Kamin oder am Herd in der Küche bleiben. Außerdem hatte Randi noch immer keine Ahnung, in welcher Beziehung Manny zu dem Kind stand.
Wer war dieser überaus faszinierende Mann, und warum war er mitten in einem schrecklichen Unwetter in ihrer kleinen Stadt aufgetaucht? Sie saß in einer Notlage mit einem Mann fest, bei dem ihr abwechselnd kalte und heiße Schauer über den Rücken liefen. Worauf hatte sie sich da bloß eingelassen?
Wenn er nicht Rickys Vater war, wieso war er dann mit dem Baby in dem Auto gewesen? Was hatte er als Polizist mit dem Kind zu tun? Sie hatte gesehen, wie er den Kleinen sanft gestreichelt und ihm aufmunternd zugeredet hatte. Zwar wollte Randi nicht glauben, dass Manny auf ungesetzliche Weise an das Kind gekommen war, aber sie war fest entschlossen, die Wahrheit, wie auch immer sie aussehen mochte, herauszufinden.
Mit dem langen schwarzen Haar und den Bartstoppeln wirkte er gefährlich, doch durfte man einen Mann nach seinem Aussehen beurteilen? Sie sollte doch gelernt haben, keine voreiligen Schlüsse aus dem Äußeren eines Menschen zu ziehen.
“Schläft der Kleine?”
Randi hörte die geflüsterte Frage und spürte im nächsten Moment Mannys Hand auf der Schulter. Anstatt zu erschrecken, fühlte sie, wie sich Wärme in ihr ausbreitete. Das erinnerte sie an das einzige Mal, als sie einen Schluck Whiskey probiert hatte. Allerdings hatte der Whiskey ihr nicht geschmeckt und sie auch nicht so gewärmt wie jetzt die Berührung dieses Mannes.
Sie nickte stumm und senkte den Blick, weil sie Manny nicht ansehen und dabei gleichzeitig klar denken konnte.
“Es ist wirklich gut, dass Sie hier sind”, sagte er leise und freundlich und setzte sich neben ihr auf den Teppich.
Sie spürte seine Nähe genau, und ihre Sinne waren so geweckt, dass sie sogar die Zedernholzspäne roch, mit denen ihre Mutter die Kleidung ihres Vaters vor Motten geschützt hatte.
“Ich meine, Sie haben Ricky und mich vor dem Ertrinken gerettet, und jetzt bieten Sie uns Schutz vor dem Unwetter. Sie haben sogar Windeln und ein Babyfläschchen, und Sie können damit auch umgehen.”
Sein leises Lachen war so unwiderstehlich, dass sie ihm unter halb gesenkten Lidern einen Blick zuwarf. In seinen tief liegenden dunklen Augen spiegelte sich der Schein der Flammen, und sein Gesicht wirkte im Feuerschein, als wäre es aus Bronze. Randi merkte, dass sie rot wurde, was sie noch verlegener machte. Vom Scheitel bis zur Sohle strahlte
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