So schoen Tot
Wellnessurlaub im
Paradiso
hinter sich? Die Kubaner haben einen Doppelgänger mit Schauspielerfahrung angeheuert, der locker noch mal zwanzig Regierungsjahre abreißen kann. Klar ist Augusto jetzt depri drauf. Das muss einen doch deprimieren, wenn man einen exzellenten Auftragsmord abgeliefert hat und einem dann niemand glaubt.
Lange Vorrede, kurzer Sinn: Wir tagen also derzeit im
Paradiso
. Getarnt als Schach-Club, was uns auch alle abnehmen, bis auf Direktor Mügeli, der den Braten riecht, womöglich weil Mandy und Sandy, unsere minderjährigen sächsischen Killerzwillinge mit den blonden Zöpfen, den Schachfiguren immer die Köpfe abreißen, wenn sie verlieren, was sie ständig tun. Weltweit kennt man die beiden,weil sie nachts in Hotelfluren kichernd
Shining
nachspielen, komplett mit Axt und teuflischen Grinsegesichtern.
Als
Paradiso -Gast
müssen Sie sich aber wirklich keine Sorgen machen. Wir sind nur zur Entspannung und zu Fachgesprächen hier, gemäß dem Motto »Come up and slow down«. Ohnehin töten wir nie zum Vergnügen, sondern immer nur gegen Geld, und solange Ihre Reisebegleitung keinem von uns einen Koffer Bares anbietet, sind Sie absolut sicher. Versprochen. Bei uns Profis weiß man, woran man ist.
Unser Jahrestreffen sieht Moorpackungen, Murmeltieröl-Massagen und Drei-Gang-Menüs vor – Erholung pur. Dazwischen noch ein paar Fachvorträge von Igor, dem Russen, über Halbautomatikwaffen und Ilija, dem Bulgaren, zum Thema Handarbeit, also »Würge- und Drosseltechniken«. Ich hatte mich wirklich sehr auf diesen Kurzurlaub gefreut.
Und dann das …
Vorgestern stehe ich Schlag 15 Uhr am Kuchenbüfett, und während mir das nette Servierfräulein den Apfelstrudel mit Vanillesoße vorlegt, gehe ich zu der Anrichte mit den Zeitungen und will in »Finanz & Wirtschaft« nachschlagen, wie ich mein letztes Honorar am gewinnbringendsten anlegen könnte, da merke ich, dass eine der Türen der Anrichte aufsteht, und in dem offenen Spalt sehe ich … eine rosa Schleife.
Jetzt muss man wissen, dass Olga, die Ukrainerin – eine ehemalige Hammerwerferin, zweimal Gold bei den Olympischen Spielen in Moskau, deren Markenzeichen das Zu-Tode-Quetschen des Opfers mit ihren muskulösen Oberschenkeln ist – immer eine rosa Schleife im hennaroten Haar trägt.
Das macht mich jetzt natürlich stutzig. Ich tue so, alsmüsste ich mir die Schnürsenkel binden, und ziehe dabei die Holztür etwas weiter auf. Tatsächlich: Es ist Olga. In der Mitte gefaltet. Tot! Die Leichenstarre hat schon eingesetzt.
Jetzt nur kein Aufsehen.
Ich schließe die Tür, dieses Mal fest, und setze mich auf meinen Stammplatz vor den flackernden Kamin, wo ich genüsslich meinen Apfelstrudel mit Vanillesoße vertilge und auch gleich noch eine zweite und dann auch noch eine dritte Portion nachbestelle. Erst danach gehe ich zu unserem Gastgeber. Nein, nicht Direktor Mügeli, der soll von diesem unschönen kleinen Störfall möglichst nichts erfahren. Ich gehe zu meinem Schweizer Kollegen, auf dessen Einladung wir im
Paradiso
weilen.
Harry Hasli wird von allen nur »der Professor« genannt, vermutlich, weil er sehr distinguiert aussieht und Tweedjacken mit Ellbogenschützern trägt. Seine Lieblingswaffe ist die singende Säge, mit der er wahlweise musiziert oder seine Opfer bei lebendigem Leib zerlegt, was klangtechnisch auf dasselbe hinausläuft. Er hat dieses Jahrestreffen mit viel väterlichem Wohlwollen organisiert und ruft immer »Großartig!«, wenn wir Kollegen auf die Sekunde genau um 19 Uhr – einer Elefantenhorde gleich – gemeinschaftlich zum Büfett trampeln. Ich finde ihn, ein Pfeifchen schmauchend, in der »Lungenpflegeabteilung«, will sagen: vor der Tür im Raucherbereich.
Wir sind uns sofort einig, dass man auf unseren Jahrestreffen kollegiale Zwistigkeiten nicht auf diese finale Art und Weise löst, das ist rücksichts- und manierenlos, einfach ungehörig. Gemeinsam beschließen wir, die Sache zu vertuschen.
In der Nacht hole ich Olga aus dem Schrank und verfrachte sie in den Kofferraum ihres Geländewagens, den ich daraufhin nach Saanenmöser lenke, wo ich ein derzeit leer stehendes Ferien-Chalet finde, das etwas verstecktliegt. Ich parke den Geländewagen dort, lege die Leiche in den Geräteschuppen hinterm Haus und fahre mit dem ersten Zug im Morgengrauen zurück nach Schönried, wo ich mich erst mal ausgiebig am Frühstücksbüfett stärke und bei der charmanten Eierfrau ein Spiegelei auf
Weitere Kostenlose Bücher