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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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schoben sich ruckelnd auf. Rebus wollte gerade einsteigen, als ihm klar wurde, dass der Junge sich nicht bewegte. Er packte ihn bei der Jacke, zerrte ihn in die Kabine und hielt ihn fest, bis die Türen geschlossen waren. Der Junge stieß ihn von sich und drückte auf den Türöffnerknopf, aber zu spät. Mit quälender Langsamkeit setzte sich der Aufzug in Bewegung.
    »Du hast was übrig für die Paramilitärs?«, fragte Rebus. »Die UVF und so?«
    Der Junge schwieg, die Lippen zusammengepresst.
    »Da hat man doch was, hinter dem man sich verstecken kann«, sagte Rebus wie zu sich selbst. »Jeder Feigling braucht irgendein Schutzschild… Und später sehen die Tattoos bestimmt super aus, wenn du Frau und Kinder hast… katholische Nachbarn und einen muslimischen Chef…«
    »Na klar, so weit kommt’s noch.«
    »Dir wird noch so einiges zustoßen im Leben, auf das du keinen Einfluss hast, mein Sohn. Lass dir das gesagt sein, ich kenne mich da aus.«
    Der Fahrstuhl hielt an. Die Türen gingen dem Jungen nicht schnell genug auf, er drückte sie auseinander, quetschte sich durch den Spalt und machte sich davon. Rebus sah ihm nach, wie er über den Spielplatz marschierte. Auch Shug Davidson, der in der Tür des Containers stand, beobachtete ihn.
    »Na, Verbrüderung mit den Einheimischen?«, fragte er.
    »Nur ein paar Ratschläge fürs Leben«, erwiderte Rebus. »Wie heißt er übrigens?«
    Davidson musste einen Moment nachdenken. »Howard Slowther, nennt sich Howie.«
    »Alter?«
    »Fast fünfzehn. Die Schulbehörde ist hinter ihm her, weil er ständig schwänzt. Der kleine Howie ist mit Volldampf auf dem Weg nach unten.« Davidson zuckte mit den Achseln. »Und wir können nichts dagegen tun, so lange er nicht eine echte Dummheit begeht.«
    »Was jeden Tag passieren kann«, meinte Rebus, den Blick noch immer auf die schnell entschwindende Figur gerichtet, die gerade die Rampe zur Unterführung hinablief.
    »Jederzeit«, stimmte Davidson zu. »Wann ist der Termin in der Gerichtsmedizin?«
    »Um zehn.« Rebus blickte auf die Uhr. »Höchste Zeit für mich.«
    »Und nicht vergessen: immer schön melden.«
    »Ich werde Ihnen eine Postkarte schicken, Shug: ›Es ist so einsam hier ohne Sie.‹«

12
    Siobhan hatte keinen Grund anzunehmen, dass es sich bei Ishbels »Zuhälter« um Stuart Bullen handelte: Er war zu jung. Er besaß eine Lederjacke, aber keinen Sportwagen. Sie hatte sich im Internet einen X5 angesehen, und der sah alles andere als sportlich aus.
    Andererseits hatte sie ihm eine ganz konkrete Frage gestellt: Welchen Wagen fahren Sie? Vielleicht hatte er ja mehrere: den X5 für den Alltag und in der Garage einen für nachts und die Wochenenden. War es die Mühe wert, der Sache nachzugehen? Fürs Erste nicht, beschloss sie.
    Nachdem sie sich in eine Parklücke auf der Cockburn Street gezwängt hatte, bog sie zu Fuß in die Fleshmarket Close. Ein Touristenpärchen mittleren Alters betrachtete die Kellertür. Der Mann hielt eine Videokamera in der Hand, die Frau einen Reiseführer.
    »Entschuldigung?«, sagte die Frau. Sie hatte einen mittelenglischen Akzent, Yorkshire vermutlich. »Wissen Sie, ob das der Keller ist, in dem die Skelette gefunden wurden?«
    »Das ist er«, antwortete Siobhan.
    »Die Frau, bei der wir die Stadtführung gemacht haben, hat davon erzählt«, erklärte die Touristin. »Gestern Abend.«
    »War es eine Geistertour?«, erkundigte sich Siobhan.
    »Ganz genau. Sie sagte, es hat mit Hexerei zu tun.«
    »Tatsächlich?«
    Der Mann war schon dabei, die nägelbeschlagene Holztür zu filmen. Siobhan entschuldigte sich, als sie sich an ihnen vorbeidrückte. Der Pub war noch nicht geöffnet, aber sie ging davon aus, dass jemand da sein würde, und trat mit dem Fuß gegen die Tür. Die untere Hälfte bestand aus solidem Holz, in die obere waren runde Scheiben aus grünem Glas eingelassen, die aussahen wie Weinflaschenböden. Dahinter bewegte sich jemand, dann hörte sie, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde.
    »Wir öffnen erst um elf.«
    »Mr. Mangold? DS Clarke. Erinnern Sie sich an mich?«
    »Gott, was ist denn jetzt schon wieder?«
    »Könnte ich vielleicht reinkommen?«
    »Ich bin in einer Besprechung.«
    »Wird nicht lange dauern.«
    Mangold zögerte, dann zog er die Tür auf.
    »Danke«, sagte Siobhan und trat ein. »Was ist mit Ihrem Gesicht passiert?«
    Er berührte den Bluterguss auf seiner linken Wange. Das Auge war geschwollen. »Kleine Meinungsverschiedenheit mit einem Gast«,

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