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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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Gabe, Aufträge an Land zu ziehen. Sie kam in allen gesellschaftlichen Kreisen zurecht und fand immer und mit jedem Menschen ein Gesprächsthema.
    »Großartig. Wer ist es?«
    »Micah Cross.«
    »Micah? Sie wissen doch, was meine Schwester wegen dieser Familie durchgemacht hat.«
    »Meines Wissens hatte Micah Cross nichts mit den Verfehlungen seiner Mutter und seines verstorbenen Bruders Josiah zu tun.«
    »›Verfehlungen‹ ist ein sehr freundlicher Ausdruck dafür. Wie Sie sich vielleicht erinnern, hat sein Bruder meine Schwester vergewaltigt.«
    »Aber Micah hat Ihre Schwester nicht vergewaltigt. Und es wurde niemals eine Verbindung zwischen ihm und den Serienmorden nachgewiesen. Nach allem, was ich in Erfahrung bringen konnte, ist er ein anständiger Mann mit einem unglückseligen Stammbaum. Er will uns übrigens beauftragen, weil er sich mit dem Gedanken trägt, eine wohltätige Stiftung einzurichten. Ich dachte, Sie wären so begeistert von wohltätigen Einrichtungen.« Charlotte betonte die letzten Worte, um ihrer Aussage mehr Nachdruck zu verleihen.
    »Ja, aber ich habe Bedenken wegen möglicher Interessenkonflikte.«
    »Was für Konflikte? Der Mann ist eine Säule der Gesellschaft. Und wir würden ihn in einer Zivilsache vertreten, nicht in einem Strafverfahren. Außerdem, wenn wir gute Arbeit leisten, könnte das zu weiteren Aufträgen führen. Nichts wäre mir lieber, als die Kanzlei zu sein, die Cross Industries vertritt.« Charlotte seufzte. »Wenn wir nur die Leute vertreten würden, die wir mögen, könnten wir in einem Monat zumachen.«
    Angie nickte. »Sie haben recht.« Micah hatte nichts Unrechtes getan. »Irgendwie seltsam, dass er uns aussucht, obwohl er von der Verbindung zwischen meiner Schwester und seiner Familie weiß.«
    »Vielleicht will er es wiedergutmachen. Vielleicht ist das ein Friedensangebot.«
    »Vielleicht.«
    »Wir haben für morgen Vormittag hier in der Kanzlei einen Termin vereinbart.«
    »Ich bin dabei.«
    Nachdem Charlotte gegangen war, atmete Angie tief durch. Sie rieb sich den Nacken. »Vom Regen in die Traufe.«
    Er setzte sich auf den Stuhl mit der harten Lehne und schaltete das Fernsehgerät ein. Es war kurz nach halb sieben, und er wollte die lokalen Abendnachrichten nicht verpassen. Der Gedanke daran, wie die Polizei seine zurückgelassenen Trophäen abtransportiert und wie es in dem Park von Presseleuten gewimmelt hatte, versetzte ihn in Hochstimmung.
    Der Nachrichtensprecher begann mit dem Brand eines Wohnhauses in Fairfax. Danach kam ein Autounfall, in den ein örtlicher Geschäftsmann verwickelt war. Es folgte ein Beitrag über Verbesserungen im Straßenwesen. Als die Werbepause kam, waren seine Knochen immer noch nicht erwähnt worden.
    Der
Andere
stand auf und ging ungeduldig im Zimmer auf und ab. Sein Werk verdiente Beachtung. »Herrgott noch mal, wie oft findet man denn einen Knochenhaufen im Park?«
    Er trat an die Vitrine mit den Ausstellungsstücken und schaltete die Innenbeleuchtung ein. Die Knochen der Frauen waren gereinigt, perfekt gebleicht und zu Schachfiguren verarbeitet worden. Er hatte alle Bauern, die er für sein Spiel brauchte. Nun wurde es Zeit, sich den stärkeren Figuren zuzuwenden: den Läufern, den Springern und natürlich der Dame.
    Er nahm einen kunstvoll geschnitzten weißen Bauern in die Hand. Für dieses Stück hatte er einen Oberschenkelknochen verwendet. Die Frau war groß und schlank gewesen; sie hatte hohe Wangenknochen gehabt, wie ihre nordischen Vorfahren. Sie war viel zu stark geschminkt gewesen und hatte ihr Haar in einem grellen, billig wirkenden Rot gefärbt. Tätowierungen hatten ihre Haut verunstaltet, und sie hatte ein Nabelpiercing getragen. Sie hatte dem Leib, den Gott ihr geschenkt hatte, geschmacklose Scheußlichkeiten zugefügt.
    Doch der angerichtete Schaden ging nicht tiefer. Er betraf nur die Oberfläche. Kosmetik.
    Als sie auf seinem Tisch gelegen hatte und er sich anschickte, ihr die Kehle durchzuschneiden, hatte sie ihn wüst beschimpft und ihm Obszönitäten an den Kopf geworfen.
    Unterhalb dieser Wut hatte er ihre Angst erahnen können. Als er ihr die Kehle aufgeschlitzt hatte, hatte er sich daran ergötzt, wie die Angst immer größer wurde und völlig von ihr Besitz ergriff, während Blut und Leben aus ihrem Körper entwichen.
    Und als er ihre leblose Gestalt in den Bottich befördert hatte, hatte seine Haut vor Vorfreude geprickelt. Schon bald würden die Schäden beseitigt sein, und er würde die Knochen

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