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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Wahrscheinlichkeit nach war Elliot ein Mörder, der sich seelenruhig seiner Frau und ihres Liebhabers entledigt hatte und nun in seiner Anmaßung glaubte, damit ungestraft davonzukommen. Aber nichts an seinem Äußeren verriet mir, ob es tatsächlich so war.
    »Was ist mit meinem Anwalt passiert?«, fragte er barsch.
    »Also, wenn Sie Genaueres wissen wollen, muss ich Sie leider an die Polizei verweisen. Aber wenn Ihnen die Kurzversion reicht – er ist gestern Abend in seinem Auto erschossen worden.«
    »Und was ist jetzt mit mir? In einer Woche beginnt mein Prozess! Dann geht es für mich um Leben und Tod!«
    Das war ein wenig übertrieben. In neun Tagen fand zunächst die Auswahl der Geschworenen statt, außerdem hatte die Staatsanwaltschaft bisher nichts davon verlauten lassen, dass sie die Todesstrafe beantragte. Aber es schadete nicht, wenn er die Sache so sah.
    »Deshalb bin ich hier, Mr. Elliot. Ich bin Mr. Elliots Vertreter.«
    »Und wer sind Sie? Ich habe nie von Ihnen gehört.«
    »Sie haben deshalb nichts von mir gehört, weil ich es mir zum Grundsatz gemacht habe, nicht die Öffentlichkeit zu suchen. Staranwälte lenken zu viel Aufmerksamkeit auf ihre Mandanten. Sie wollen nur ihren Bekanntheitsgrad steigern und verheizen dabei ihre Klienten. Das ist nicht mein Stil.«
    Elliot spitzte die Lippen und nickte. Ich merkte, ich hatte gerade gepunktet.
    »Und Sie übernehmen Vincents Kanzlei?«
    »Vielleicht darf ich Ihnen das kurz genauer erklären, Mr. Elliot. Jerry Vincent hat einen Ein-Mann-Betrieb geführt. Genau wie ich. Gelegentlich hat einer von uns bei einem Fall Hilfe oder einen Stellvertreter benötigt. Diese Aufgabe haben wir füreinander übernommen. Wenn Sie einen Blick in die Mandatserteilung werfen, die Sie unterzeichnet haben, werden Sie auch meinen Namen darin finden. Und zwar in dem Absatz, in dem sich Jerry ausbedingt, über Ihren Fall mit mir sprechen zu dürfen und mich in die anwaltliche Schweigepflicht einzuschließen. Anders ausgedrückt, Jerry hat mir bei seinen Fällen vertraut. Und jetzt, wo er nicht mehr unter uns ist, stehe ich zur Verfügung, um in seinem Sinn weiterzumachen. Heute Morgen hat die Vorsitzende Richterin des Superior Court einen Beschluss erlassen, der mir Jerrys sämtliche Fälle überträgt. Aber letzten Endes ist es natürlich Ihre Entscheidung, von wem Sie sich vor Gericht vertreten lassen wollen. Ich bin mit Ihrem Fall bestens vertraut und bereit, ihn ohne irgendwelche Verzögerungen zu übernehmen. Aber wie gesagt, das liegt ganz bei Ihnen. Ich bin nur hier, um Sie auf Ihre Optionen aufmerksam zu machen.«
    Elliot schüttelte den Kopf.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen. Wir hatten uns darauf eingestellt, dass der Prozess nächste Woche beginnt, und ich bin strikt gegen einen Aufschub. Inzwischen warte ich schon fünf Monate darauf, meinen Namen von diesen Anschuldigungen reinzuwaschen! Haben Sie eigentlich eine Vorstellung, was es für einen Unschuldigen bedeutet, warten zu müssen, bis ihm endlich Gerechtigkeit widerfährt? Und dabei ständig diese perfiden Unterstellungen und den ganzen anderen Mist in den Medien lesen zu müssen? Oder ständig einen Ankläger im Nacken sitzen zu haben, der nur darauf wartet, dass ich mir etwas zuschulden kommen lasse, was einen Kautionswiderruf rechtfertigt? Sehen Sie sich das mal an!«
    Er streckte das linke Bein aus und zog das Hosenbein hoch, um die elektronische Fußfessel vorzuführen, zu der ihn Richterin Holder verdonnert hatte.
    »Damit muss endlich Schluss sein!«
    Ich nickte verständnisvoll und wusste, dass ich mit mei ner prompten Entlassung zu rechnen hätte, wenn ich ihm sagte, dass ich seinen Prozess verschieben wollte. Ich beschloss, diesen Punkt erst bei einer gründlichen Strategiebesprechung anzuschneiden, wenn ich das Mandat an Land gezogen hatte. Falls ich es an Land ziehen konnte.
    »Ich hatte schon mit vielen irrtümlich beschuldigten Mandanten zu tun«, log ich. »Dieses Warten, dass einem endlich Gerechtigkeit widerfährt, kann unerträglich werden. Aber es verleiht auch der Rehabilitierung um so größeres Gewicht.«
    Als Elliot nichts erwiderte, ließ ich erst gar kein langes Schweigen aufkommen.
    »Ich habe mir den ganzen Nachmittag über die Akten und Beweise zu Ihrem Fall angesehen, und bisher sehe ich keine zwingende Notwendigkeit, den Prozess zu verschieben, Mr. Elliot. Ich könnte den bisherigen Zeitplan ohne weiteres einhalten. Ein anderer Anwalt könnte das möglicherweise nicht.

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