So weit der Wind uns traegt
beinahe ein Jahr im Voraus anmelden, wenn man kirchlich getraut werden möchte“, erklärte Evie. „So weit kann man persönliche Dinge unmöglich vorhersehen.“ Erneut wandte sie sich ab und blickte auf das Wasser. „Es wareine wunderschöne Hochzeit. Das Wetter war herrlich, die Ausschmückung entzückend und die Torte ein wahres Gedicht. Alles verlief reibungslos. Und dann bekam ich meine Tage.“
Robert wartete schweigend. Evie schluckte und erinnerte sich schmerzlich an das unschuldige junge Mädchen, das sie damals gewesen war. „Ich war entsetzlich verlegen, als ich Matt sagen musste, dass wir nicht miteinander schlafen könnten.“
„Weshalb habt ihr nicht trotzdem …“, begann er und hielt sofort inne. Natürlich hatten die beiden Teenager nicht dieselbe Erfahrung besessen wie zwei Erwachsene.
„Genau“, sagte Evie, als hätte Robert seine Gedanken laut ausgesprochen. „Wir hatten noch nie miteinander geschlafen, und Matt war ebenso unerfahren wie ich. Wir hatten bis nach der Heirat warten wollen. Also lagen wir in unserer Hochzeitsnacht nebeneinander im Bett und konnten uns nur streicheln und an den Händen halten. Matt war so elend zumute, dass es nicht einmal dazu richtig kam.“ Sie schwieg einen Moment. „Andererseits war Matt ein fröhlicher Mensch, den nichts lange erschüttern konnte. Am nächsten Morgen scherzte er über die ausgefallene Hochzeitsnacht und brachte mich zum Lachen. Doch wir schworen uns, niemals unseren Kindern davon zu erzählen.“ Ihre Stimme schwankte und wurde beinahe tonlos. „Noch am selben Tag kam er ums Leben.“
Zärtlich schob Robert eine Strähne aus ihrem Gesicht. Das war also der Grund, weshalb Evie sich jahrelang von allen Männern ferngehalten hatte. Nach Matts Tod hatte sie doppelt bedauert, dass sie nicht vorher miteinander geschlafen hatten. Da sie es das erste Mal nicht mit ihm hatte tun können, sollte es überhaupt nicht passieren. Sie hatte alle weiblichen Gefühle verbannt.
Eine tiefe Befriedigung erfasste Robert. Ihm war gelungen, was andere Männer nicht einmal hatten versuchen können. Mit ihm hatte Evie zum ersten Mal geschlafen. Sie gehörte ihm.
Er verabscheute es, wenn Frauen wahllos ihre Geschlechtspartner wechselten, bestand aber nicht auf Jungfräulichkeit. Es wäre scheinheilig gewesen, von einer Frau zu verlangen, wozu er selber nicht bereit war. Bei seinen früheren Affären hatte er nie diesen primitiven Besitzanspruch empfunden.
Rasch fasste Robert einen Entschluss. Was immer Evie mit Landon Mercer verband, eine Romanze war es nicht. Er durfte seine Nachforschungen nicht einstellen und Evie nicht warnen. Die Industriespionage musste aufhören, bevor ein irreparabler Schaden für die Raumfahrt und die nationale Sicherheit entstand. Sobald sich das Netz zusammengezogen hatte und die Verräter gefasst waren, würde er eingreifen und seinen Einfluss geltend machen, um Evie vor weiterer Verfolgung zu schützen. Zwar würde sie der Strafe nicht entgehen, aber er würde das Maß bestimmen. Der Gedanke, dass sie ins Gefängnis musste, war ihm unerträglich.
Robert erinnerte sich an den Moment, als er Evie das letzte Kleidungsstück abgestreift hatte und sie nackt vor ihm lag. Er hatte keine Sekunde länger warten können und war sofort über sie hergefallen.
Ein Gentleman wäre erheblich behutsamer vorgegangen. Doch genau das war er nicht. Das hatte er tief im Herzen immer gewusst. Er war intelligent und beherrscht. Doch bei Evie war diese Selbstbeherrschung innerhalb weniger Sekunden zusammengebrochen. Grimmig erinnerte er sich an die rasende Leidenschaft, mit der er sie zur Frau gemacht hatte. Er hatte Evie nicht nur wehgetan, sondern obendrein auch kein Kondom benutzt. Ausgerechnet er, der sonst immer für einen angemessenen Schutz sorgte.
Evie könnte schwanger geworden sein. Zu seinem Erstaunen machte ihm dieser Gedanke keine Angst. Im Gegenteil, die Vorstellung gefiel ihm. Sie faszinierte ihn sogar.
Robert schob die Hand unter das Laken und legte die Finger auf Evies kühlen flachen Bauch. „Wir könnten ein Kind bekommen. Ich habe kein Kondom benutzt.“
Evie sah ihn gelassen an. Ihre Tränen waren inzwischen versiegt. „Keine Sorge“, antwortete sie. „Ich war beim Arzt in Huntsville und habe mir die Pille verschreiben lassen.“
Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen. Doch seltsamerweise war er enttäuscht. „Wann?“, fragte er endlich.
„Kurz nachdem wir uns kennengelernt hatten.“
Unwillkürlich
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