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So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock

Titel: So wie ich will - Mein Leben zwischen Moschee und Minirock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melda Akbas
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Arme-Leute-Essen, weil die Bauern alle Zutaten selbst hatten, entweder im Stall oder auf dem Feld. Aber in dem Dorf waren auch fast alle arm. Dazu gibt es Puddingbrot, auch eine Art Suppe, die aus Mais- und Weizenmehl, Salz und Wasser gekocht wird. Beides wird in Schüsseln gefüllt und in die Mitte des Tisches gestellt. Jeder bekommt einen Löffel, damit nimmt man sich erst ein bisschen Puddingbrot, dann etwas Lepsi dazu - und rein in den Mund.
    Als kleines Kind mochte ich das kaum essen, inzwischen schmeckt es mir ganz gut. Auf jeden Fall wird man wegen des Mehls schnell satt davon. Müsste man aber gar nicht, weil Großmutter noch mehr auftischt. Für die Kinder türkische Buletten mit Reis, für uns Su Böreği , ein Gericht
aus mehreren Teigschichten mit Schafskäse dazwischen, dann meistens noch gekochte Bohnen und Gemüse, das sie vorher im Ofen backt. Für den Nachtisch stellt sich sogar Großvater an den Herd, seit jeher, das lässt er sich nicht nehmen. Er kocht uns eine Arche-Noah-Suppe, auch Aşura -Suppe genannt.
    Als Aşura wird der zehnte Tag des ersten islamischen Monats gefeiert. Dazu gibt es im Islam viele Geschichten. Eine handelt von Noah, der an diesem Tag das erste Mal nach der Sintflut seine Arche verlassen und auf den Berg Ararat gestiegen sein soll. Der Erzählung nach ließ er alle auf seinem Schiff noch vorhandenen Lebensmittel zusammentragen und daraus ein Gericht kochen, um mit den Überlebenden zu feiern. Die Zutaten, die damals verwendet wurden, sind nicht genau überliefert. So hat in islamischen Ländern fast jede Region ihr eigenes Rezept. Großvater nimmt immer Weizenkörner, Bohnen, Kichererbsen, Mandeln, Nüsse, Aprikosen und Feigen. Wir sind alle ganz verrückt nach seiner Suppe. Deshalb wird sie bei uns auch zu allen möglichen anderen Anlässen gekocht.
    Großmutter und Großvater sind auch die einzigen aus unserer Familie, die in ihrem Leben schon alle fünf Säulen des islamischen Glaubens verwirklicht haben. Auch die fünfte, die Pilgerreise nach Mekka, bei uns Haddsch genannt.
    War das eine Aufregung damals! Ich war zwar erst sechs Jahre, kann mich aber noch genau erinnern. Es war Frühling. April. Die beiden waren zuvor noch nie so weit verreist. Genauer gesagt hatten sie bis dahin in keinen anderen Ländern als der Türkei und Deutschland ihre Füße auf den Boden gesetzt. Und dann gleich nach Saudi-Arabien,
in eine völlig andere Welt. Großmutter hatte schreckliche Angst vor der Fremde, dem Unbekannten. Sie erzählt heute noch, sie habe sich bei der Abreise gefühlt, als hätte sie ein Herzinfarkt erwischt. Dabei lächelt sie, als wäre das ein Witz. Wir finden das nur gar nicht lustig, denn vor drei Jahren hatte sie tatsächlich einen Herzinfarkt. Aufgeregt waren aber auch alle anderen in der Familie. Wir machten uns Sorgen, ob alles gut geht. Als die beiden zum Flughafen mussten, fuhr die ganze Familie mit. Wir müssen gewirkt haben wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen, der einen Ausflug machte.
    Jeder Muslim, der gesund ist und es sich leisten kann, soll einmal im Leben nach Mekka pilgern - und dort zur Kaaba , die im Innenhof der Großen Moschee steht. Die Kaaba (»Kubus«, »Würfel«) gilt den Muslimen als das Haus Gottes. Sie ist für uns das bedeutendste Wallfahrtsziel, das Heiligtum des Islam schlechthin. Ganz gleich, wo auf der Welt sich ein Muslim aufhält, immer ist es die Kaaba , die ihm die Richtung für sein Gebet vorgibt.
    Auf dem Innenhof der Großen Moschee steht auch ein ganz besonderer Brunnen, der Zemzem - oder auch Zamzam -Brunnen. In ihm sprudelt eine Quelle mit Wasser, das uns Muslimen heilig ist. Nach der islamischen Geschichte soll es Gott gewesen sein, der diese Quelle, die damals mitten in einer Wüste lag, durch den Erzengel Cebrâîl entspringen ließ, um Hacer und ihren Sohn Ismail vor dem Verdursten zu retten. Hacer war…- aber das wäre jetzt eine zu lange Geschichte. Für uns war nur wichtig, dass Großmutter und Großvater an dieser Quelle waren, mehrere Plastikflaschen mit dem wertvollen Wasser füllten und uns mitbrachten.

    Es gibt verschiedene Pilgermöglichkeiten für Mekka-Reisende. Großmutter und Großvater hatten so lange darauf gespart, sich diesen Traum eines Tages erfüllen zu können, dass sie, wennschon - dennschon, natürlich die umfangreichste Variante in die Tat umsetzen wollten: die Große Wallfahrt. Sie blieben sogar noch länger, waren fast einen Monat unterwegs, die Reise kostete sie ein kleines Vermögen, sogar

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