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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Schatz war nördlich von Sankt Petersburg versteckt - auf einer Wiese nahe der Newa zehn Kilometer nördlich vom Winterplast.
    Ende September 1891 kam endlich Sankt Petersburg in Sicht. Sergej betrat die Stadt, wanderte über die gepflasterten Straßen und war erstaunt darüber, dass die Passanten einen weiten Bogen um ihn machten. Offensichtlich waren es die Stadtbewohner nicht gewohnt, einen ganz in Felle und Häute gekleideten Waldläufer zu sehen. Da ihn ihr Starren verunsicherte, beschloss er, sich so bald wie möglich neu einzukleiden, um nicht aufzufallen.
    Erst jetzt, als er die Stadtmenschen in Karossen daherfahren und die Lampenanzünder bei ihrer Arbeit auf den Straßen sah, wurde sich Sergej bewusst, wie lange er außerhalb der Gesellschaft gelebt hatte. In der Wildnis hatte er weder für seine Nahrung noch für Kleidung oder Unterkunft zahlen müssen. Er musste unbedingt den Schatz finden, damit er sich ein Zimmer, ein heißes Bad und eine Rasur leisten konnte.
    Er wanderte entlang der Newa nach Norden am Winterpalast vorbei und wurde mit jedem Schritt aufgeregter. Vor seinem geistigen Auge sah er die Karte in allen Einzelheiten: die Newa und nicht weit von ihr eine auf drei Seiten von Wald umschlossene Wiese, auf der ein Kreuz die Stelle markierte, wo der Schatz unter einer Zeder verborgen war - unter einer Zeder, die vom Großvater seines Großvaters gepflanzt worden war, als dieser noch ein kleiner Junge war. Sergej wanderte in die Abenddämmerung hinein und legte sich schließlich in einem Wald unter einem Blätterhaufen nieder, um zu schlafen.
    Am nächsten Morgen entdeckte er eine Wiese, die etwa zehn Kilometer nördlich des Winterpalastes lag. Während er sich nach der großen Zeder umsah, überfielen ihn plötzlich Zweifel. Es musste die richtige Wiese sein, aber wo war der große Baum?
    In diesem Augenblick sträubten sich ihm die Nackenhaare: Gefahr! Mit seinem in der Wildnis entwickelten Instinkt fuhr er herum. In zweihundert Meter Entfernung sah er vier Reiter, die auf ihn zugaloppiert kamen. Es musste nichts weiter zu bedeuten haben, aber es war selten ein gutes Zeichen, wenn bewaffnete Reiter auf einen einsamen Wanderer zuhielten. Sergej zwang sich, tief durchzuatmen. Hier auf offenem Feld konnte er sich nirgends verstecken, also würde er am besten stehen bleiben, wo er war, und sich entspannen. Aber in seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken: Sind sie immer noch hinter mir her? Was ist bloß mit meinem Instinkt los? Bin ich zu sorglos geworden?
    Aus der Ferne sahen die Männer mit ihren schwarzen Pelzmützen und Umhängen wie Kosaken aus. Als sie näher kamen, konnte Sergej ihre roten Westen, die schwarzen Pluderhosen und schwarzen Stiefel erkennen. An den Seiten trugen sie Säbel und über die Schultern hatten sie Gewehre geschlungen.
    Einen Augenblick lang dachte Sergej, sie würden ihn einfach niederreiten, aber im letzten Moment zügelten sie ihre Pferde und umkreisten ihn. Sergej hatte das Gefühl, sie wären Jäger und er das Wild. Umzingelt zu werden rief in ihm animalische Instinkte hervor und wieder sträubten sich seine Nackenhaare. Er atmete langsam und tief ein und aus und zwang sich, trotz seines wie wild klopfenden Herzens ganz ruhig zu bleiben. Er konnte zwar kämpfen, aber gegen vier Männer mit Säbeln würde er vermutlich nicht viel ausrichten können.
    »Ich grüße euch«, sagte er so selbstbewusst wie möglich.
    »Dein Name?«, verlangte der Anführer zu wissen.
    »Sergej … Woronin«, antwortete er und war froh, dass er geistesgegenwärtig genug gewesen war, einen falschen Nachnamen zu benutzen. Zwei der Männer sahen sich an. Einer von ihnen ritt zum Anführer hinüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der aber schüttelte nur den Kopf.
    »Lebst du in der Nähe?«, fragte er Sergej weiter aus.
    »Nein, wie ihr ja unschwer sehen könnt«, antwortete Sergej. »Ich ziehe umher und will nach Sankt Petersburg.« Dann wurde er kühner - wie ein Mann, der nichts zu verbergen hat - und fragte: »Fragt ihr jeden Neuankömmling so aus?«
    Der Anführer erwiderte kurz angebunden: »Wir halten Ausschau nach Juden, die sich unerlaubterweise hier aufhalten.« Er sah Sergej prüfend an, als ob er nach Anzeichen von Furcht suchte. »Du hast nicht zufällig welche gesehen?«
    »Nein, hab ich nicht«, antwortete Sergej mit allem Mut, den er aufbringen konnte. Wussten sie von Sakoljews Tod?
    Er wartete ab, was sie als Nächstes unternehmen würden. Plötzlich hörte er von der

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