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Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
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Hals, auf dem bereits ein roter Streifen Blut zu sehen war. Erst Minuten zuvor hatte Sergej diesen zarten Hals geküsst. Nun war sie wirklich verängstigt. Anja hatte furchtbare Angst um ihren Mann und um sich selbst, aber am meisten fürchtete sie um ihr Kind.
    Sie konnte die Augen nicht von Sergej abwenden, so als ob außer den beiden niemand sonst existierte und als ob sie es durch reine Willenskraft bewerkstelligen könnte, dass die Männer verschwanden. Ihr Blick suchte verzweifelt den seinen. Und seine Augen sagten zwar: »Ich liebe dich«, aber sie konnten ihr keine Hoffnung geben.
    Dann sagte Sakoljew: »Danke, dass du es für mich aufbewahrt hast, Sergej. Und noch dazu an einem so liebreizenden Hals.« Er roch an dem Medaillon. »Aaaa, es hat ihren Duft angenommen. Wie ich diesen Duft liebe …«
    Als einige der Männer lachten, tanzten vor Sergejs Augen feurige Kreise. »Jetzt hast du das Medaillon«, knurrte er auf dem Bauch liegend, »es gehört dir. Mach mit mir, was du willst.«
    »Oh, keine Sorge, Sergej, das werde ich. Das werde ich ganz gewiss«, sagte Sakoljew grinsend.
    »Dann lass meine Frau gehen. Sie hat nichts mit unserem Streit zu tun. Kämpf mit mir, wenn du willst, aber um Himmels willen, Dimitri, wir waren doch einmal Kameraden, ich bitte dich, lass sie gehen.«
    »Du langweilst mich«, erwiderte Sakoljew und gähnte demonstrativ. »Du hast mich immer gelangweilt, mein kleiner heiliger Sergej.«
    Dann wandte er sich Anja zu. »Ist unser Sergej im Bett auch so ein Heiliger? Macht er es dir recht? Sagt er auch immer schön ›bitte‹ und ›danke‹?«
    Sakoljews Männer schüttelten sich vor Lachen. Es gefiel ihnen, dass ihr Herr und Meister mit dem Gefangenen spielte wie eine Katze mit einer Maus.
    Korolew griff erneut nach Anjas Arm und drückte noch fester zu, sodass sie vor Schmerz zusammenzuckte. Sergej konnte nichts tun, um ihr zu helfen. Er wusste, wie sehr sie sich fürchtete. Es brachte ihn beinahe um zu sehen, wie sie sich bemühte, die Fassung zu bewahren, während ihre Augen ihn um Hilfe anflehten und sagten: »Bitte beschütze das Leben in mir!«
    Aber Sergej lag hilflos am Boden. Er war nichts weiter als ein Spielzeug in Sakoljews Händen.
    Als dann einer der Männer anfing, seine Taschen zu durchwühlen, ließen die anderen ein wenig von ihm ab. In einer blitzschnellen Bewegung stieß Sergej seinen Ellenbogen hoch und brach dem Mann, der ihn durchsuchte, den Unterkiefer. Es gelang ihm auch noch, sich umzudrehen und einen anderen Mann in die Hoden zu treten, aber dann warfen sich die anderen wieder auf ihn und er bekam keine Luft mehr. Sie zwangen ihn auf den Bauch und pressten ihn in den Boden, sodass er sich keinen Millimeter mehr bewegen konnte.
    Sakoljew sagte höhnisch: »Siehst du, Sergej, dass aus mir ein großer Anführer geworden ist?«
    Sergej brummelte: »Ich sehe sehr wohl, was aus dir geworden ist.«
    »Und du bist geblieben, was du immer warst: ein Schwächling, der versucht, den Eltern, die er nie gekannt hat, zu gefallen.« Sakoljew öffnete das Medaillon. »Da ist ja dein heiliger Vater und da deine heilige Mutter.«
    Er hielt einen Moment inne, bevor er fortfuhr. »Ich habe dieses Familienfoto immer geliebt, denn es hat mich immer tief berührt«, sagte er leise zu sich selbst, als er die Gesichter anstarrte. Dann sah er Sergej an. »Und du hast es mir gestohlen.«
    Sergej spürte, wie ihm die Galle in die Kehle stieg. In diesem Moment erkannte er, dass ihn sein Glück verlassen hatte und dass seine Gebete unerhört bleiben würden. Aber er würde bis zum Tod kämpfen.
    Sakoljew sah wieder Anja an und musterte sie von oben bis unten wie ein Stück Vieh. Wieder versuchte Sergej, die Männer abzuschütteln. »Jetzt bedeutet es mir nichts mehr«, sagte Sakoljew. »Vielleicht gebe ich es deiner hübschen Frau sogar zurück, wenn sie mir einen kleinen Kuss dafür gibt.«
    Anja, die mittlerweile völlig in Panik geraten war, starrte Sergej stumm aus angstgeweiteten Augen an. Selbst jetzt glaubte sie noch, er habe einen Plan, der sie beide retten würde. Selbst jetzt, da ihr Mann völlig bewegungsunfähig am Boden lag, hatte sie noch Hoffnung. Aber als Sakoljew dann sagte: »Aber wenn ich es mir recht überlege, ist es wohl angesichts all der Mühen, die ich seinetwegen hatte, viel mehr wert als nur einen Kuss«, verlor sie jede Hoffnung.
    Sakoljew genoss die Macht, die er über Sergej hatte. Er wusste, dass Sergejs Liebe zu Anja dessen schwacher Punkt war. Während

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