Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Socrates - Der friedvolle Krieger

Titel: Socrates - Der friedvolle Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Millman
Vom Netzwerk:
Geschichte mit zitternder Stimme und so voller Überzeugung, dass er selbst daran zu glauben begann.
    Jedes Kind hat seine Albträume und Paulinas wurden seit dieser Nacht von einem Monster mit weißem Haar geprägt.
    Die Männer verstanden die plötzliche Wandlung Sakoljews nicht und die Frauen amüsierten sich heimlich darüber, dass der Mann, vor dem sie so viel Angst hatten, plötzlich seine weiche Seite zeigte. Einige Frauen fragten Elena, ob der Ataman nun auch ein Ehemann werden würde, aber Elena wollte nicht darüber sprechen und hielt den Mund.
     
    Da die Männer mehr damit beschäftigt waren, stabile Hütten zu bauen als Juden zu jagen, verbreitete sich bald eine Art Normalität im Dorf. Und es waren die Hunde, die zu dieser Normalität beitrugen.
    Bevor er beschlossen hatte, eine permanente Siedlung errichten zu lassen, hatte Sakoljew die Hunde stets mit ihren Besitzern töten lassen, aber nun ließ er es zu, dass die Männer welche mitnahmen. Manchmal sah man den Ataman sogar, wie er einen der Hunde hinter den Ohren kraulte. Die Hunde, deren Treue man mit etwas Futter kaufen konnte, leckten die Hand, die sie fütterte, und bewiesen absoluten Gehorsam. Die klügeren unter den Kindern taten es ihnen gleich.
    Er ließ die Jüngsten tun und lassen, was sie wollten. Sie konnten wie wilde Hunde herumtollen und sich nach Herzenslust amüsieren. Aber sobald sie etwas älter waren, bekamen sie Pflichten zugeteilt, sie mussten die Latrinen säubern oder die Wäsche im Fluss waschen. Sie mussten all jene Arbeiten erledigen, die die Erwachsenen entweder widerwärtig oder langweilig fanden.
    Wie die Kinder, so mussten sich auch die Hunde ihren Lebensunterhalt verdienen. Kein Fremder konnte sich dem Dorf nähern, ohne dass sie angeschlagen hätten. Außerdem trieben die Hunde streunende Pferde oder die Schafe aus den Herden erschlagener Juden zu den Hütten. So wurden die Tiere ein fester Bestandteil der Siedlung, der nicht mehr wegzudenken war. Sie jagten mit den Männern und beobachteten fasziniert die Frauen bei der Nahrungszubereitung - immer in der Hoffnung, dass etwas für sie abfallen möge.
    So wurde die Siedlung nach außen hin zu einem ganz normalem Kosakendorf mit bellenden Hunden, die den Stöcken nachliefen, die von den Kindern geworfen wurden, mit Männern, die in stabilen Hütten Feuerstellen einbauten, und mit Frauen, die Essen kochten und sich um die Kinder kümmerten. Aber in diesem Dorf war es nur nachts, wenn der Rauch in der Dunkelheit nicht sichtbar war, erlaubt, Feuer zu machen. Die meisten Dorfbewohnern nahmen es als gegeben an, wie sehr Sakoljew auf Sicherheit bedacht war, aber niemand bemerkte die Anzeichen von Besessenheit, die von ihm Besitz ergriffen hatte. Sakoljew sah nämlich überall Sergej Iwanow lauern. Er sah ihn hinter einem Baum hervorlugen, hinter einer Scheune herumlungern oder nachts am Fuß seines Bettes stehen und ihn anklagend anstarren.
    Und seine Albträume wurden immer schlimmer. Sie wurden so schlimm, dass schon bald auch tagsüber die Zeichen zu sehen waren: das permanente Zucken eines Augenlids, das abrupte Herumreißen des Kopfes oder das Murmeln von Worten, die keiner verstand. Manchmal schien er plötzlich von etwas abgelenkt zu sein: Er hielt unvermutet inne, unterbrach, was immer er gerade tat oder sagte, und starrte ins Leere. Unter seinen Augen breiteten sich schwarze Ringe aus und er zog sich immer mehr von seinen Männern zurück. Der Ataman selbst sah sich nicht als Verrückten, sondern als Heiligen, der durch sein Martyrium über andere Menschen erhoben wurde. Er sprach nur noch zu seinen engsten Vertrauten und gab seine Befehle durch Korolew weiter, der auf brutalste Weise für deren Ausführung sorgte.
    Das Leben im Dorf ging seinen gewohnten Gang. Die Männer gingen auf Jagd - meistens auf Tiere, manchmal auf Juden -, saßen abends am Lagerfeuer und erzählten sich Geschichten aus ihrer Jugend, während sie sich zuprosteten. Sie hatten gelernt, ihre Worte mit Bedacht zu wählen, wenn ihr Anführer in der Nähe war - und selbst dann, wenn er es nicht war. Sakoljew verkündete, dass jeder des Todes sei, der seine Autorität infrage stellte oder ihre Siedlung in Gefahr brachte.
    Die Gefahr, dass man sie entdecken würde, war allerdings äußerst gering. Die Siedlung lag auf einer Lichtung in der Nähe eines Baches tief in einem Wald versteckt. Nicht weit entfernt wurde der friedliche Bach zu einem tosenden Wasserfall, der zwanzig Meter in die Tiefe

Weitere Kostenlose Bücher