Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
hatte.
    Seine Augen folgten den Figürchen, die sich zögernd abwandten und im Widerschein der Flammen über die Ebene gingen. Wie Hammerschläge schienen die Worte der Fremden, die er gehört hatte, in seinen Ohren widerzuhallen.
    Spielzeug... Ein perfektes Spielzeug... In der Tat sehr lehrreich...
    Und da begriff er.

VI
    Später wußte er nicht mehr, wie lange er dort gestanden hatte, die Hände gegen die schimmernde Halbkugel gepreßt, und die Dunkelheit seiner Welt hinunterstarrte.
    Der Zorn kam ganz langsam - ein tiefer, kalter Zorn, der das Blut in seinen Adern zu Eis verwandelte. Spielzeug! Sein ganzes Volk - gefangen unter einer winzigen Kuppel, zwischen Flammenwänden eingeschlossen, von unsichtbaren Ohren belauscht und unsichtbaren Augen angestarrt. Die schwarzen Götter - Spielzeug! Bar Nergal eine tanzende Puppe, die nicht wußte, wessen Willen sie gehorchte. Seine Schwester Arliss - Spielzeug, das diese Teufel um ihres Vergnügens willen. zerbrochen hatten...
    Brak! Derek! Karsteins Brüder! So viel Blut und Schmerz und sinnloses Sterben...
    Charru schloß die Augen.
    Er ertrug das Bild nicht mehr. Und er wußte plötzlich, daß sie ihn töten würden, wenn sie ihn hier fanden. Sie mußten ihn töten. Denn sie mußten wissen, daß er sonst sie töten würde, so viele von ihnen, wie er konnte, daß er Rache nehmen würde für das, was sie seinem Volk angetan hatten.
    Das Geräusch in seinem Rücken schien sich in sein Hirn zu bohren wie ein glühender Nagel.
    Er kannte es bereits: eine der geheimnisvollen Türen hatte sich geöffnet. Ringsum begannen die Wände wieder zu leuchten. Charru fuhr herum - und starrte in das bleiche, verzerrte Gesicht eines Mannes.
    Er hatte kurzes, schwarzes Haar und trug ein fremdartiges Kleidungsstück aus schwarzem Leder.
    In den Fäusten hielt er etwas, das wie ein Metallrohr mit einem Griff und ein paar Hebeln aussah. Eine Waffe, dachte Charru mechanisch. Die Augen des Mannes verrieten es, die Schnelligkeit, mit der er seinen Schrecken überwand. Sekundenlang standen sie sich stumm gegenüber: der blasse, hagere Wächter, der halbnackte, muskulöse Barbar, über dessen bronzefarbenen Körper immer noch Blut rann. Charru war verwirrt, verzweifelt, bis in die Tiefen aufgewühlt, aber die Instinkte des Kämpfens und Überlebens waren hellwach wie immer.
    Er kannte die Waffe des anderen nicht, aber er wußte, daß die Gefahr von dem auf ihn gerichteten Rohr ausging.
    Seine Muskeln spannten sich. Die würgende Klammer in seinem Innern brach, der kalte Haß verwandelte sich in heiße, lodernde Wut, die wie Feuer durch seine Adern raste. Der Fremde schrie auf, als er jählings angesprungen wurde. Charrus Faust schlug das Rohr beiseite, seine Schulter rammte das Kinn des Gegners und schleuderte ihn zu Boden. Die Tür hatte sich geschlossen, doch sie glitt wieder auseinander, als sich Charru dagegenwarf. Ein beleuchteter Gang lag vor ihm, der vor einer neuen Tür endete. Er rannte, hörte keuchenden Atem hinter sich, dann ein seltsames Zischen. Etwas wie ein dünner, weißglühender Flammenstrahl zuckte an ihm vorbei, streifte seinen Arm, und blindlings warf er sich nach rechts, wo ein weiterer Flur abzweigte.
    Schritte klapperten.
    Ein heulender Ton gellte auf, kam von überall und nirgends, schrill und kreischend wie das liturgische Horn der Priester. Charru hatte das Gefühl, in ein unentwirrbares Labyrinth zu geraten. Flure, Türen, neue Flure, eine Art Halle und...
    Schwarzgekleidete Wächter!
    Eine durchsichtige Säule spuckte sie aus, eine riesenhafte Röhre, in deren Innerem sich runde Plattformen bewegten. Charru sah die fremden Waffen und wich verzweifelt zur Seite aus. Er stolperte, prallte mit seinem ganzen Gewicht gegen eine zweite, ähnliche Röhre. Das Material gab nach. Charru fiel, sah etwas Glitzerndes auf sich zufliegen - und dann kauerte er auf Händen und Knien auf einer der Plattformen und wurde in rasendem Tempo nach oben getragen.
    Die Schwarzgekleideten starrten ihm entgeistert nach.
    Niemand benutzte seine Waffe - vielleicht, weil sie hier nichts zerstören wollten. Charru grub die Zähne in die Unterlippe, bis er Blut schmeckte. Eine weitere Halle glitt an ihm vorbei und noch eine. Sein Instinkt sagte ihm, daß er hier heraus mußte, bevor die Plattform angehalten wurde und er in der Röhre gefangen war wie ein Tier in der Falle. Als er das nächste Mal sicheren Boden erkannte, warf er sich einfach nach vorn, und tatsächlich öffnete sich eine Lücke

Weitere Kostenlose Bücher