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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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geduckt auf das Transportband zu.
    Mit verzweifelter Kraft packte er Hardan am Arm und zerrte ihn über die Kante.
    Der große, blonde Nordmann taumelte. Sein Blick war stumpf, verwirrt, doch immerhin schien er seine Umgebung wahrzunehmen.
    »Jarlon? Was...«
    »Hardan! Hardan!«
    Jarlon vergaß die Vorsicht, schrie ihn an und schüttelte ihn, um den Bann zu brechen. Es mußte möglich sein, Auch bei Charru hatte das Gift damals nicht lange genug gewirkt, auch er hatte sich früh genug aus der Betäubung befreien können. Die Männer des Tieflands waren stärker, zäher, widerstandsfähiger, als die Wissenschaftler des Mars es sich träumen ließen...
    »Hardan! Wach auf!«
    »Was ist? Jarlon! Was ist geschehen?«
    »Sie wollen uns töten! Du mußt mir helfen, schnell!«
    Hardan schwankte, doch sein Blick wurde klarer.
    Mit zwei Schritteen erreichte Jarlon wieder das schimmernde Band, zerrte Gerinth herunter, packte Tanits Arm, die ihr Kind an sich preßte.
    Einer der Wachmänner stieß einen schrillen Alarmruf aus, dann schrieen sie durcheinander, als sei ihnen eine Horde Geister und Dämonen erschienen. Es dauerte Sekunden, bis sie sich auf ihre überlegenen Waffen besannen, und in diesen Sekunden war schon ein Dutzend schwankender, aus dem Bann der Betäubung gerissener Gestalten von dem Transportband gesprungen.
    Männer, deren Instinkte in einem Leben voller Gefahr geschult worden waren, die auch in halber Bewußtlosigkeit noch kämpfen konnten.
    »Hakon! Leif! Katalin!«
    Jarlon schrie verzweifelt die Namen und wußte dabei, daß ihn jeden Augenblick die tödlichen Strahlen erfassen konnten. Wirbelnde Bewegung entstand um ihn. Zwei von den Wächtern rissen noch die Lasergewehre hoch, doch sie konnten die Abzugshebel nur ein einiges Mal berühren.
    Ihre Schreie mischten sich in des Inferno von Feuer und Rauch. Hardan und Gerinth, Hakon, Katalin und ein halbes Dutzend anderer hatten die Betäubung abgeschüttelt und rissen ihre Gefährten mit. Wie eine vernichtete Woge brachen sie über die Wächter herein, und die entsetzten, unerfahrenen Männer wurden förmlich hinweggespült.
    Jarlon wußte, daß sie nicht alle retten konnten.
    Die schwarze Nische verschlang Mann um Mann, die schimmernden Bänder liefen unaufhaltsam weiter. Erst nach endlosen Minuten standen sie still. Irgendwo mußte derjenige, der für den reibungslosen Ablauf der Maschinerie verantwortlich war, in Panik die Flucht ergriffen haben. Die Terraner waren allein, bewaffnet mit den Lasergewehren toter oder bewußtloser Wachmänner.
    Einen Augenblick wurde es still.
    In der Halle sah es aus, als habe eine Gigantenfaust die planvolle Ordnung der Maschinerie durcheinander gewirbelt. Nie hatte dieser Raum etwas anderes gesehen als gemessene, marionettenhafte Bewegungen, Tausende waren durch das Labyrinth geschleust worden: Der Empfang, der die Delinquenten getrennt nach Freiwilligen und Unfreiwilligen, nach Kranken, Verbrechern und Lebensmüden aufnahm; die Verwaltungstrakte, die Daten sammelten; Desinfektionszellen, Beruhigungsschleusen, Dutzende von Räumen - eine Kette von Stadien immer vollkommener Willenlosigkeit und Betäubung. Am Ende wurden bloße Marionetten auf den Transportbändern in die Klinik gebracht, die bis zu ihrem Tod nicht wieder zu Bewußtsein kamen. Aber diesmal waren die Marionetten wieder aufgewacht. Diesmal kämpften sie um ihre Leben.
    Jarlon wußte nicht, daß seit dem Bestehen der Liquidationszentrale noch nie einem Delinquenten die Flucht gelungen war.
    Sie mußten hier weg! Die Kinder waren bewußtlos, die meisten Frauen immer noch unter dem Einfluß der Droge, aber wenigstens gehorchten sie jedem Befehl, auch wenn er nicht von den Stimmen aus dem Nichts gegeben wurde. Gerinth und Hardan waren in den Schatten der Nische getaucht, tasteten vergeblich die schweren metallenen Rückwände ab, die sich hinter den letzten Opfern geschlossen hatte. Fast zwanzig fehlten. Zwanzig! Jarlon zitterte vor Zorn und Verzweiflung. Und dann glaubte er plötzlich zu träumen.
    »Jarlon! Gerrinth!«
    Der Junge fuhr herum.
    Es war Charrus Stimmen, die er gehört hatte. Charrus Stimmen, die mitten in Chaos und Erschöpfung wie eine Erlösung wirkte. Der Fürst von Mornag stand hinter der weißen Brüstung der Galerie. Auch Gillon, Kornak und Shaara waren da und neben ihnen bedrohten Karstein und Camelo einen mageren Mann in mattgelber Tracht und silbernem Gürtel mit ihren Schwertern.
    Die Menschen hielten den Atem an. Einen Augenblick war

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