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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Oberpriester war bleich geworden. Angst verzerrte sein Gesicht. Er hatte es fertiggebracht, Dayel oder einen der anderen zum Mörder zu machen, aber jetzt, da er den Folgen ins Gesicht sehen mußte, begann er zu zittern.
    Charru bezwang den Zorn, der in ihm kochte.
    »Bringt ihn weg«, sagte er hart. »Sperrt ihn irgendwo ein. Ich hatte ihn gewarnt. Er wird niemanden mehr anfassen.«
    Keine Hand rührte sich, als Kormak und Hardan auf den Oberpriester zutraten und seine dürren Arme packten.
    Bar Nergal wagte nicht zu protestieren. Zu genau wußte er, daß sein Leben. an einem seidenen Faden gehangen hatte. Dayel weinte immer noch. Die anderen Priester sahen ihn nicht an. Er war allein. Niemand hätte ihm geholfen, niemand ihn vor Hakons Rache geschützt.
    Niemand außer vielleicht Mircea Shar, aber der war krank und konnte sich kaum auf den Beinen halten.
    Charru straffte sich und wandte sich der Marsianerin zu, die diese Szene schweigend verfolgt hatte.
    Ihr Gesicht war blaß. Langsam ließ sie die Schultern sinken und schüttelte den Kopf, wie um sich von einem Bann zu befreien.
    »Ich möchte die Kranken sehen«, sagte sie tonlos. »Ich glaube nicht, daß ihr besonders viel Zeit habt.«
    *
    Gegen Abend stand fest, daß sich niemand mehr in unmittelbarer Lebensgefahr befand.
    Lara ließ sich von Indred helfen: zwei Frauen, die sich völlig fremd waren, die nichts gemeinsam hatten und doch wie selbstverständlich nebeneinander arbeiteten. Indred von Dalarme erschien Lara wie eine Vision aus einer fremden Welt, eine Schamanin, deren murmelnde Stimme genügte, um Schmerzen zu lindern oder weinende Kinder zu beruhigen. In den Kliniken des Mars hatten Krankheit und Tod ein anderes Gesicht: niemand brauchte zu leiden, niemand fürchtete sich, denn es gab für jeden Fall die richtige Droge. Hier war das anders. Hier waren die Opfer zornig, weil sie sich schwach fühlten, und selbst die Kinder kämpften verbissen gegen die Krankheit an. Dabei schien sich niemand übermäßig für sein eigenes Wohlergehen zu interessieren. Ein paarmal versuchte Lara, mit den Jüngeren zu reden, aber selbst von einem zwölfjährigen Jungen, der Derek hieß, bekam sie nur Antworten, die sie nicht erwartet hatte und nicht begreifen konnte.
    »Wir müssen gesund werden. Wir werden mit diesem Schiff fliegen - weit weg... «
    »Mit dem Schiff? Ihr glaubt, ihr könnt es starten?«
    »Charru sagt es.» Dereks Augen glänzten. »Und Gerinth und Camelo sagen es auch.«
    Sein Vertrauen schien grenzenlos. Lara schüttelte den Kopf und wandte sich Indred zu.
    »Aber... aber das ist doch Unsinn! Das können sie doch nicht wirklich glauben!«
    Die alte Frau lächelte versonnen. »Vielleicht nicht. Vielleicht hoffen sie nur darauf. Kann man ohne Hoffnung leben?«
    Lara schwieg.
    Ich weiß es nicht, dachte sie mit plötzlicher Schärfe. Ich habe nie Grund gehabt, auf irgend etwas zu hoffen. Auf dem Mars und der Venus und den anderen Planeten ist das Leben festgelegt von dem Augenblick an, wo man geboren wird. . Sie grübelte immer noch darüber nach, als sie Aynos zerschlagenen Rücken behandelte und dann Indred bat, sie zu dem Verletzten zu bringen, der sich in Kadnos Vorland mit seinem Schwert einem Wachroboter entgegengestellt hatte.
    Camelo lag in einer der Schlafkabinen des Schiffs. Er war nicht krank, nur geschwächt, und da sie die Natur der Krankheit nicht kannten, hatten sie zumindest verhindern wollen, daß er sich auch noch ansteckte. Charru und Gerinth waren bei ihm. Ihre Gesichter wirkten düster. Shea Orlands Tod lag wie ein Schatten über allem, und Lara begriff, daß auch der Tod für diese Menschen etwas anderes bedeutete als für die Marsianer, daß sie ihn weniger fürchteten, gelassener hinnahmen und daß er sie zugleich tiefer traf - vielleicht, weil der einzelne Mensch hier mehr galt als in der Welt der Vereinigten Planeten.
    Camelo lächelte, als Lara den Verband von seiner Schulter wickelte. Der Anblick der Wunde ließ sie zusammenzucken.
    »Was habt ihr damit gemacht?« fragte sie.
    »Ausgebrannt«, sagte Charru knapp.
    »Bitte?«
    »Ausgebrannt. Mit einer glühenden Messerklinge. Es ist das einzige Mittel, um zu verhindern, daß sich eine Wunde entzündet.«
    Lara biß sich auf die Lippen.
    Sie erinnerte sich an den Film, den sie zu Beginn ihres Studiums gesehen hatte, an den Krieg unter dem Mondstein und die vielen Toten und Verletzten. Tief in ihr erwachte ein ungewisser Zorn. Jeder, der an der Universität von Kadnos studierte,

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