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Söhne der Erde 09 - Die letzten Marsianer

Söhne der Erde 09 - Die letzten Marsianer

Titel: Söhne der Erde 09 - Die letzten Marsianer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Wunsch als Geheimnis behandelt werden. Deshalb war Charru hinter den anderen zurückgeblieben, und deshalb trug er die lockere Leinentunika über der einfachen knielangen Hose aus weichem Leder.
    Der Anhänger funkelte in der Sonne, als er ihn hervorzog.
    Eine schwarze Scheibe, von einem Kranz goldener Strahlen umgeben. In der Mitte war etwas eingelassen, das auf den ersten Blick wie eine hell schimmernde Perle aussah. Es war eine Art Perle. Doch sie bestand aus zahllosen dünnen, unbegreiflich fein gearbeiteten Kristall-Ringen, die sieh zur Kugelform zusammenfügten, das Licht fingen und in rätselhaftem, sprühendem Feuer erstrahlten. Ringe, die ein Symbol jenes geheimnisvollen Phänomens bildeten, das die Unsichtbaren »Schalen der Zeit« nannten.
    Vorsichtig nahm Charru die Kugel zwischen Daumen und Zeigefinger, drehte sie um ihre Achse und nannte leise das Code-Wort.
    »Ayno...«
    Der Name eines toten Freundes. Er hatte ihn gewählt aus dem spontanen Wunsch heraus, ihm so ein Denkmal zu setzen. Jetzt durchzuckte ihn ein schmerzhafter Stich, als er ihn aussprach.
    » Du rufst mich, Erdensohn?« erklang Ktaramons Stimme - leise und fern wie das Singen des Windes zwischen den toten Mauern.
    »Ja, Ktaramon.«
    »Hast du eine Frage?«
    »Mehr als eine«, murmelte Charru mit unbewußter Bitterkeit. »Die Marsianer rücken auf die Sonnenstadt vor. Mit einer Armee, die mindestens doppelt so groß ist wie beim letzten Mal.«
    »Wir haben es bemerkt, Sohn der Erde. Wir haben Vorsorge getroffen, unseren Strahlenschirm aktiviert. Komm in die Halle, und ich werde deine Fragen beantworten.«
    Die Stimme verklang.
    Charru hatte das Gefühl, als funkele der Kristall etwas weniger hell als vorher. Nachdenklich ließ er das Amulett wieder unter die Tunika gleiten und wandte sich der Wendeltreppe zu.
    *
    Die mobile Basis lag unter einem Schutzzelt und bot angenehm kühle Temperaturen.
    Durch das große Sichtfenster schaute Jom Kirrand zu den Ruinen der Sonnenstadt hinüber. Das hagere, straffe Gesicht des Vollzugschefs spiegelte Konzentration. Sein Blick tastete sorgfältig die Zinnen und Türme ab. Dann nahm er das Fernglas zur Hand, doch auch damit konnte er nur zerbröckelnde Mauern, leere Fensterhöhlen und roten Staub erkennen.
    Kirrand unterdrückte einen Seufzer.
    Für ihn entwickelte sich die Jagd auf die entflohenen Barbaren allmählich zum Alptraum. Zweihundert Jahre lang hatten sie - beziehungsweise ihre Vorfahren - in einem Museumssaal der Universität von Kadnos unter der Halbkugel aus Mondstein gelebt: mit wissenschaftlichen Mitteln zur Winzigkeit verkleinert, Gefangene einer Miniatur-Welt. Sie stammten von der Erde: Nachkommen jener primitiven Rassen, die sich zweitausend Jahre nach der großen Katastrophe wieder entwickelt hatten. Nach Jom Kirrands Meinung hätte man besser daran getan, sie dort zu lassen. Aber die Menschen, die sich vor der Katastrophe mit Raumschiffen auf den Mars retteten und später die Föderation der Vereinigten Planeten gründeten, hatten von der zerstörten Erde ein Trauma mitgebracht. Nie wieder Krieg! Sicherheit und Ordnung um jeden Preis! Ein System strenger wissenschaftlicher Vernunft, in dem Gefühle als gefährliche Schwächen betrachtet wurden. Dazu gehörte auch, daß man den Anfängen wehrte, daß man die Mechanismen von Krieg und Gewalt genau studierte. Die Verhältnisse, die zu der Katastrophe auf der Erde geführt hatten, durften nicht vergessen werden. Und schließlich, als die Wissenschaftler das Medium der Mikro-Transzendenz, der Verkleinerung, entdeckten, wurde das Projekt Mondstein entwickelt.
    Eine Spielzeug-Welt unter einer Kuppel, von Flammenwänden umschlossen.
    Zwei verfeindete Volksstämme, Tiefland und Tempeltal, die nicht ahnten, daß es außer ihrer Welt noch etwas anderes gab, die Kriege führten, die man auf dem Weg über die schwarzen Götter nach Belieben manipulieren konnte. Aber irgendwann mußte den Wissenschaftlern bei ihren Manipulationen ein Fehler unterlaufen sein. Einem der Barbaren gelang die Flucht aus der Spielzeug-Welt. Er brach aus, gewann dabei auch seine natürliche Größe zurück. Mitten in Kadnos war er aufgetaucht: ein halbnackter Wilder mit einem Schwert am Gürtel, Charru, Fürst des Tieflands, König von Mornag...
    Der Vollzugschef schüttelte unbewußt mit dem Kopf.
    Selbstjetzt noch kam es ihm unwahrscheinlich vor, daß es diesem einen Mann gelungen war, sein ganzes Volk zu befreien, aus Kadnos zu fliehen und der überlegenen Macht des

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