Söhne der Erde 09 - Die letzten Marsianer
knapp.
Der Offizier legte den Finger auf eine rote Taste- und Minuten später konnten die Männer beobachten, wie sich die farbigen Punkte auf dem Bildschirm in Bewegung setzten.
Von jetzt an, so glaubten sie, brauchten sie nur noch die Kontroll-Instrumente zu überwachen.
»Was soll eigentlich mit diesem Priester geschehen?« fragte Kane, ohne den Schirm aus den Augen zu lassen.
Jom Kirrand runzelte flüchtig die Stirn.
Brauchten sie den Priester noch? Nein, entschied er. Vernünftige Informationen über das hinaus, was ihm Bar Nergal aufgetragen hatte, waren ohnehin nicht aus ihm herauszubekommen. Er hatte seine Schuldigkeit getan.
»Liquidieren«, sagte der Vollzugschef knapp.
Über den Kommunikator gab er Anweisung, den Terraner nach Kadnos transportieren zu lassen, wo er den üblichen Prozess in der Liquidationszentrale durchlaufen würde.
Minuten später hatte Jom Kirrand das Todesurteil schon wieder vergessen.
XIII.
Die Priester drängten sich mit bleichen Gesichtern zusammen. Eben hatte ein Wachtposten gemeldet, daß die Laserkanonen der Marsianer vorzurücken begannen. Die drei Jets und der Spiralschlitten warteten im Zeitkanal, um Alte und Schwache aufzunehmen. Stumm und eilig verließen die Menschen das Labyrinth, kletterten die Wendeltreppe hinauf, folgten den Kriegern, die sie durch den Zeitkanal aus der Stadt führten. Sie hatten keine Minute zu verlieren. Aber die Laserkanonen der Marsianer waren schwerfällig, rückten nur langsam vor, also würde es immerhin noch eine Weile dauern, bis sie auf Schußweite heran waren.
Charrus Blick wanderte über die furchterfüllten Gestalten in den schwarzen Roben.
Jetzt lag kein Haß mehr in den Augen der Priester, nur noch Unsicherheit und Zweifel. Sie hatten sich des Überfalls der Marsarmee auf die Hügelleute erinnert. Des Bombenhagels, des vernichtenden Laserfeuers, das niemandem auch nur die Chance ließ, sich zu ergeben. Vor kurzem noch hatten Shamala, Zai-Caroc, Beliar und die anderen alles getan, um Lyrrios' Flucht zu decken, waren sie sicher gewesen, daß Bar Nergals Plan sie alle retten würde. Jetzt, da es ernst wurde und die tödliche Bedrohung näher rückte, schmolz ihre Sicherheit dahin.
»Ihr wißt, daß ihr nicht hierbleiben könnt«, stellte Charru fest.
Beliar schluckte. Zai-Caroc wandte den Blick ab. Ja, sie wußten, daß Charru niemanden zurücklassen durfte, der die Marsianer auf dass Schiff hetzen konnte. Aber die Vorstellung, allein hier zurückzubleiben, erfüllte die Priester ohnehin mit Entsetzen.
»Wir kommen mit«, murmelte Shamala mit gesenkten Augen.
»Dann kümmert euch um Bar Nergal! Karstein, Kormak, ihr begleitet sie. Schnell jetzt!«
Die beiden Nordmänner nickten.
Charru wandte sich ab, überzeugte sich durch einen Blick, daß niemand in dem großen Gewölbe zurückgeblieben war. Am Ausgang des Labyrinths würden Beryl, Gerinth und der graubärtige Scollon darauf achten, daß die Gruppe vollzählig war. Es gab keine Panik. Bei den Tiefland-Stämmen wußten schon die Kinder, wie sie sich angesichts einer Gefahr zu verhalten hatten. Und die Tempeltal-Leute hatten es gelernt, seit der Mondstein zerbrochen war, hatten es lernen müssen.
Bar Nergal wehrte sich nicht, als die Priester ihn durch den goldfarbenen Tunnel führten.
Seine Augen blickten starr und apathisch, sein Gang war schleppend. Später, wenn die »Terra« startete, würde er sich endgültig entscheiden müssen. Niemand würde ihn zwingen, mit zur Erde zu fliegen. Es stand ihm frei, auf dem Mars zu bleiben, mit jedem, der sich ihm anschließen wollte, aber Charru ahnte bereits, daß sich nicht einmal Bar Nergal am Ende für den Mars entscheiden würde.
Charru und Camelo waren die letzten, die das Labyrinth verließen.
Hastig folgten sie dem Zeitkanal durch die rote Stadt, die dem Untergang geweiht war. Die Armee des neuen Mars würde über einen Abgrund von Jahrtausenden hinweg in die Vergangenheit versetzt werden. Nichts von dem, was geschah, würde in der Wirklichkeit der Gegenwart geschehen.
Aber Charru hatte trotz allem das beklemmende Gefühl, als müßten die alten Marsstämme ihren Weg in Vernichtung und Sklaverei ein zweites Mal gehen.
Das erste Grau des erwachenden Tages färbte den Himmel.
Langsam und rumpelnd, schwerfälligen Metallmonstern gleich, rollten die Laserkanonen auf ihren Ketten über den felsigen Boden. Im Westen, Norden und Osten wurden die Stellungen, die einen Ring um die Sonnenstadt bildeten, etwas zurückgezogen,
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