Söhne der Erde 10 - Aufbruch Ins Gestern
grün schimmerte. Eine Kette schroffer Tafelberge. Und dazwi schen, ebenfalls schroff und rot, als hätten die Kräfte der Erosion sie genau wie die Landschaft zurechtgeschliffen, die Umrisse der Sonnenstadt.
Banner flatterten über den Türmen.
Massive Tore füllten die Mauerbögen aus, in den Fenstern ,warf das Glas gleißend das Sonnenlicht zurück. Fest und trotzig ragten Zinnen und Basteien in den Himmel, und dahinter, auf den umlaufenden Wehrgängen, drängten sich Gestalten.
Krieger.
Große, dunkelhäutige Männer mit schwarzem Haar und schwarzen, eckigen Bärten. Sie trugen Kettenhemden, waren mit Langschildern und schmalen Schwerten bewaffnet, und auf den grüngoldenen Helmen flatterten Federbüsche im Wüstenwind.
»Die alten Marsstämme«, sagte der Präsident der Vereinigten Planeten sachlich.
Conal Nord antwortete nicht.
Er sah zu, wie die Kamera einen Schwenk machte, die Formationen der Fahrzeuge um die Stadt erfaßte, die Abschußrampen der Lenkgeschosse. Die Menschen trugen schwarze Uniformen und zinnoberrote Helme. Schon damals hatten sie den Vollzugspolizisten des neuen Mars geglichen, obwohl die Ereignisse mehr als zweitausend Jahre zurücklagen.
Conal Nord wurde unruhig, als er die kurzen, kugelförmigen Rohre der mobilen Energiewerfer erkannte.
Lautlose, mörderische Waffen. Ihr Einsatz hatte damals auf der Erde den Atomkrieg ausgelöst, der in eine kosmische Katastrophe mündete. Energiewerfer hatten vor mehr als zweitausend Jahren die marsianischen Eingeborenen ausgelöscht, die ihre letzte Bastion verteidigten, die alte Sonnenstadt. Und im Feuer von Energiewerfern waren auch heute vor den Mauern der Sonnenstadt Menschen gestorben, wenn man den Berichten von Jom Kirrand, Manes Kane und all den anderen Tauben wollte. Jetzt zog der glitzernde Pfeil eines Lenkgechosses über die Filmleinwand.
Krachend schlug es zwischen den roten Gebäuden ein, Qualm und Staub stiegen in den Himmel. Zum zweitenmal heulte eine ferngesteuerte Rakete. Conal Nord wartete darauf, daß sich die Tore der Sonnenstadt öffneten, daß die gerüsteten Krieger ihren zum Scheitern verurteilten Ausfall in die Ebene unternahmen - so wie der Vollzugschef und der greise General es gesehen hatten.
Jetzt war es so weit. Helme und Kettenhemden glänzten in der Sonne - eine silberne Flut. Die Herren der Sonnenstadt, dii Herren des alten Mars stellten sich zum letzten Kampf. Und sie starben, damit die Flüchtlinge von der Erde ihren Staat des Friedens und der Ordnung gründen konnten.
Conal Nord mußte sich zwingen, diese Orgie der Vernich tung bis zum Ende zu verfolgen.
Die Ebene vor den Stadttoren war mit Toten übersät Gespenstisch ragten die roten Mauern und Türme auf. Immer noch flatterten die Banner des alten Mars, aber es gab nieman den mehr, der gegen die irdischen Eindringlinge kämpfen konnte. Der Venusier fröstelte, als der Film angehalten wurde.
»Bis hierher stimmt alles mit dem überein, was General Kane und Jom Kirrand gesehen haben«, stellte Simon Jessardin fest »Der Rest des Films zeigt, wie in der Sonnenstadt ein paar Frauen, Kinder und alte Leute zusammengetrieben und später mit den Überlebenden aus anderen Gegenden in den Reservaten angesiedelt wurden. Im Bericht von Kane, Kirrand und der anderen dagegen wurde die Sonnenstadt unmittelbar nach dem Tod ihrer angeblichen Verteidiger mit Laserkanonen angegriffen und vernichtet. Er machte eine Pause und runzelte die Stirn. »Wobei zu beachten ist, daß Kane und Kirrand mehr sahen, als der Film zeigt, nämlich nicht nur Energiewerfer und Lenkgeschosse, sondern durchaus auch ihre eigenen Waffen die Laserkanonen und die Polizeijets.«
»Als ob die gesamte marsianische Armee in die Vergangen heit geschleudert worden wäre«, murmelte Conal Nord.
»Wie bitte?«
»Als ob die Armee in die Vergangenheit geschleudert wor den wäre«, wiederholte der Venusier. »Ich weiß selbst, daß das nur ein Hirngespinst sein kann, Simon. Aber es wäre einE nahezu perfekte Erklärung für die Vorgänge.«
*
Über dem Grund des Kraters lagen malvenfarbene Schatten, als Charru den Weg zum See einschlug.
In zwei Stunden würden sie aufbrechen. Er spürte mit jeder Faser, daß die Dinge der Entscheidung zutrieben. Aber er wußte, daß er vorher mit Lara sprechen mußte, jetzt sofort. Auch zwischen ihnen würde etwas entschieden werden.
Drüben im Bereich der Wohngebäude war alles still.
Irgendwo patroullierten die Wachen. Brass hatte sich gefangen; er wußte selbst,
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