Söhne der Erde 26 - Neue Heimat Terra
der sie über die beiden Männer herfielen - und dann die langen Minuten, die der verantwortliche Offizier benötigte, um sich Anweisungen zu holen.
Charru und Mark mußten in der eisigen Kälte ausharren.
Der Venusier hatte darauf bestanden mitzukommen. Charru konnte sich seinen Argumenten nicht verschließen: Mark war ein Bürger der Vereinigten Planeten, verstand die Mentalität der Behörden besser, konnte als Bruder Generalgouverneur Nords darauf zählen, daß sich seine Gegner zumindest sehr genau überlegen würden, was sie unternahmen. Die Tatsache, daß ihn der Offizier sofort erkannt hatte, sprach für sich. Die übrigen Uniformierten allerdings benahmen sich eher, als hätten sie gefährliche Raubtiere zu bewachen, von denen sie trotz Fesseln und drohender Waffen jeden Moment einen Angriff erwarteten.
Die beiden Gefangenen atmeten auf, als sie endlich in einen der klimatisierten Gleiter geschoben wurden.
Schon einmal waren sie die Strecke zum Delta-Camp geflogen - unsichtbar im Schutz eines Zeitfeldes, das Ktaramon wie eine Aura um sich erzeugen konnte. Jetzt befand sich der Fremde wieder bei seinen Begleitern in dem geheimnisvollen Stützpunkt, der ihnen die Reise vom Uranus zum Mars ermöglichen sollte. Eine Reise, die nur Sekunden dauern würde - das sagte jedenfalls Ktaramon. Charru fragte sich, ob die Transmitterfelder, die sich auf dem Mars befanden, auch zerstört werden konnten, durch einen Zufall vielleicht, irgendeine unvorhersehbare Naturkatastrophe. Und wenn - was würde dann mit Ktaramon geschehen? Wo endete eine solche Reise, die plötzlich kein Ziel mehr hatte?
Charru hörte auf, darüber nachzudenken.
Sein Blick hing an dem beschädigten Energiezaun vor ihnen, an dem Areal mit den trostlosen Bunkern, das gespenstisch still im blauen Dämmerlicht lag. Angst krampfte ihm das Herz zusammen. Er wußte, seine Freunde hatten nur zum Schein rebelliert, damit Jarlon und Erein fliehen und die »Kadnos« warnen konnten. Eine lächerliche Rebellion mit einer einzigen Waffe und viel Lärm. Aber die Wachmänner fürchteten ihre Gefangenen. Aus dem Scheingefecht konnte nur zu leicht blutiger Ernst geworden sein.
Mark Nords Gesicht verriet, daß er das gleiche befürchtete.
Sein Kiefer mahlte. Auch Charru spürte den Zorn - einen sinnlosen, verzweifelten Zorn, der mit dem Schicksal haderte. Beide beherrschten sich, als sie ins Büro der Kommandantin geführt wurden. Sie sahen Kareen de Winter zum ersten Mal - und sie spürten sofort, daß sie eine gefährliche Gegenspielerin vor sich hatten.
Der Blick der kalten Augen wanderte von einem zum anderen
»Mark Nord und Charru von Mornag«, sagte die Frau. »Der Bruder des venusischen Generalgouverneurs und der Barbarenkönig. Ich wollte es nicht glauben.«
»Wir sind hier, um zu verhandeln«, erklärte Mark ruhig.
Kareen de Winter hob die Brauen Ihr Kopfschütteln wirkte weder ironisch noch herablassend, sondern schien lediglich die Perspektiven zurechtzurücken.
»Wo ist die Kadnos?« fragte sie knapp.
Also hatte sie noch keine Vernehmung unter Wahrheitsdrogen durchgeführt. Oder sie zweifelte am Ergebnis dieser Vernehmungen, weil es über ihren Horizont ging. Auf jeden Fall war es eben dieser Drogen wegen sinnlos, die Antwort zu verweigern.
»Die »Kadnos« ist im Schutz eines Zeitfeldes gelandet«, sagte Mark. »Ich nehme an, Sie können sich darunter nichts vorstellen. Präsident Jessardin wird es können. Er besitzt gewisse persönliche Erfahrungen, auch wenn er sich bisher geweigert hat, sie als Realität anzuerkennen.«
In der Stimme des Venusiers klang jene selbstverständliche Autorität mit, wie sie die Elite der Vereinigten Planeten entwickelte. Charru hielt sich mit Absicht zurück, beobachtete aufmerksam das blasse, schöne Gesicht der Uranierin. Kareen de Winters Augen verengten sich. Aber sie hatte sich bemerkenswert gut unter Kontrolle.
»Vielleicht werde ich mir etwas darunter vorstellen können, wenn Sie es mir näher erklären«, sagte sie trocken.
Mark zuckte die Achseln. »Wir sind nicht allein, Kommandantin. Wir werden von Vertretern einer fremden Rasse begleitet, die den Raum mit dem Mittel der Ent- und Rematerialisierung überwinden und sich frei innerhalb der Zeit bewegen kann. Eine Implikation dieser Fähigkeit besteht darin, daß die »Kadnos« um ein paar Sekunden in die Zukunft versetzt existiert und deshalb für Sie und jeden, der sich außerhalb des Zeitfeldes aufhält, als unsichtbar erscheint. Eine andere
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